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Gotthelf, Jeremias: Bilder und Sagen aus der Schweiz. Bdch. 1. Die schwarze Spinne. - Ritter von Brandis - Das gelbe Vögelein und das arme Margrithli. Solothurn, 1842.

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und gestickte Pantöffeli im Winter. Wenn einem die
Kühe fehlten im Stalle, so sei man freilich übel ge¬
schlagen, aber man könne doch ändern; wenn man aber
eine Frau habe, die einem um Haus und Hof bringe,
so sei es austubacket, die müsse man behalten. Es sei
einem daher nützlicher, man sinne anderen Sachen nach
als dem Heirathen und lasse Mädchen, Mädchen sein."
"Ja, ja, du hast ganz recht", sagte der ältere Götti,
ein kleines, unscheinbares Männchen in geringen Klei¬
dern, den man aber sehr in Ehren hielt und ihm Vetter
sagte, denn er hatte keine Kinder, wohl aber einen be¬
zahlten Hof und 100,000 Schweizerfranken am Zins,
"ja, du hast recht," sagte der, "mit dem Weibervolk ist
gar nichts mehr. Ich will nicht sagen, daß nicht hie
und da noch Eine ist, die einem Hause wohl ansteht,
aber die sind dünn gesäet. Sie haben nur Narrenwerk
und Hoffart im Kopf, ziehen sich an wie Pfauen, zie¬
hen auf wie sturme Störche, und wenn eine einen hal¬
ben Tag arbeiten soll, so hat sie drei Tage lang Kopf¬
weh und liegt vier Tage im Bett, ehe sie wieder bei
ihr selber ist. Als ich um meine Alte buhlte, da war
es noch anders, da mußte man noch nicht so im Kum¬
mer sein, man kriege statt einer braven Hausmutter
nur einen Hausnarr oder gar einen Hausteufel." "He,
he, Götti Uli", sagte die Gotte, die schon lange reden
wollte, aber nicht dazu gekommen war, "es würde einen
meinen, es seien nur zu deinen Zeiten rechte Bauren¬
töchter gewesen. Du kennst sie nur nicht und achtest
dich der Mädchen nicht mehr, wie es so einem alten
Manne auch wohl ansteht; aber es gibt sie noch im¬
mer so gut als zur Zeit, wo deine Alte noch jung ge¬
wesen ist. Ich will mich nicht rühmen, aber mein Vater
hat schon manchmal gesagt, wenn ich so fortfahre, so

und geſtickte Pantöffeli im Winter. Wenn einem die
Kühe fehlten im Stalle, ſo ſei man freilich übel ge¬
ſchlagen, aber man könne doch ändern; wenn man aber
eine Frau habe, die einem um Haus und Hof bringe,
ſo ſei es austubacket, die müſſe man behalten. Es ſei
einem daher nützlicher, man ſinne anderen Sachen nach
als dem Heirathen und laſſe Mädchen, Mädchen ſein.“
„Ja, ja, du haſt ganz recht“, ſagte der ältere Götti,
ein kleines, unſcheinbares Männchen in geringen Klei¬
dern, den man aber ſehr in Ehren hielt und ihm Vetter
ſagte, denn er hatte keine Kinder, wohl aber einen be¬
zahlten Hof und 100,000 Schweizerfranken am Zins,
„ja, du haſt recht,“ ſagte der, „mit dem Weibervolk iſt
gar nichts mehr. Ich will nicht ſagen, daß nicht hie
und da noch Eine iſt, die einem Hauſe wohl anſteht,
aber die ſind dünn geſäet. Sie haben nur Narrenwerk
und Hoffart im Kopf, ziehen ſich an wie Pfauen, zie¬
hen auf wie ſturme Störche, und wenn eine einen hal¬
ben Tag arbeiten ſoll, ſo hat ſie drei Tage lang Kopf¬
weh und liegt vier Tage im Bett, ehe ſie wieder bei
ihr ſelber iſt. Als ich um meine Alte buhlte, da war
es noch anders, da mußte man noch nicht ſo im Kum¬
mer ſein, man kriege ſtatt einer braven Hausmutter
nur einen Hausnarr oder gar einen Hausteufel.“ „He,
he, Götti Uli“, ſagte die Gotte, die ſchon lange reden
wollte, aber nicht dazu gekommen war, „es würde einen
meinen, es ſeien nur zu deinen Zeiten rechte Bauren¬
töchter geweſen. Du kennſt ſie nur nicht und achteſt
dich der Mädchen nicht mehr, wie es ſo einem alten
Manne auch wohl anſteht; aber es gibt ſie noch im¬
mer ſo gut als zur Zeit, wo deine Alte noch jung ge¬
weſen iſt. Ich will mich nicht rühmen, aber mein Vater
hat ſchon manchmal geſagt, wenn ich ſo fortfahre, ſo

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[21/0031] und geſtickte Pantöffeli im Winter. Wenn einem die Kühe fehlten im Stalle, ſo ſei man freilich übel ge¬ ſchlagen, aber man könne doch ändern; wenn man aber eine Frau habe, die einem um Haus und Hof bringe, ſo ſei es austubacket, die müſſe man behalten. Es ſei einem daher nützlicher, man ſinne anderen Sachen nach als dem Heirathen und laſſe Mädchen, Mädchen ſein.“ „Ja, ja, du haſt ganz recht“, ſagte der ältere Götti, ein kleines, unſcheinbares Männchen in geringen Klei¬ dern, den man aber ſehr in Ehren hielt und ihm Vetter ſagte, denn er hatte keine Kinder, wohl aber einen be¬ zahlten Hof und 100,000 Schweizerfranken am Zins, „ja, du haſt recht,“ ſagte der, „mit dem Weibervolk iſt gar nichts mehr. Ich will nicht ſagen, daß nicht hie und da noch Eine iſt, die einem Hauſe wohl anſteht, aber die ſind dünn geſäet. Sie haben nur Narrenwerk und Hoffart im Kopf, ziehen ſich an wie Pfauen, zie¬ hen auf wie ſturme Störche, und wenn eine einen hal¬ ben Tag arbeiten ſoll, ſo hat ſie drei Tage lang Kopf¬ weh und liegt vier Tage im Bett, ehe ſie wieder bei ihr ſelber iſt. Als ich um meine Alte buhlte, da war es noch anders, da mußte man noch nicht ſo im Kum¬ mer ſein, man kriege ſtatt einer braven Hausmutter nur einen Hausnarr oder gar einen Hausteufel.“ „He, he, Götti Uli“, ſagte die Gotte, die ſchon lange reden wollte, aber nicht dazu gekommen war, „es würde einen meinen, es ſeien nur zu deinen Zeiten rechte Bauren¬ töchter geweſen. Du kennſt ſie nur nicht und achteſt dich der Mädchen nicht mehr, wie es ſo einem alten Manne auch wohl anſteht; aber es gibt ſie noch im¬ mer ſo gut als zur Zeit, wo deine Alte noch jung ge¬ weſen iſt. Ich will mich nicht rühmen, aber mein Vater hat ſchon manchmal geſagt, wenn ich ſo fortfahre, ſo

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Zitationshilfe: Gotthelf, Jeremias: Bilder und Sagen aus der Schweiz. Bdch. 1. Die schwarze Spinne. - Ritter von Brandis - Das gelbe Vögelein und das arme Margrithli. Solothurn, 1842, S. 21. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gotthelf_sagen_1842/31>, abgerufen am 21.11.2024.