Gotthelf, Jeremias: Bilder und Sagen aus der Schweiz. Bdch. 1. Die schwarze Spinne. - Ritter von Brandis - Das gelbe Vögelein und das arme Margrithli. Solothurn, 1842.waren in bedächtigem Zugreifen, kam in Schüsseln hoch waren in bedächtigem Zugreifen, kam in Schüſſeln hoch <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0030" n="20"/> waren in bedächtigem Zugreifen, kam in Schüſſeln hoch<lb/> aufgeſchichtet das Rindfleiſch, grünes und dürres, jedem<lb/> nach Belieben, kamen dürre Bohnen und Kannenbiren¬<lb/> ſchnitze, breiter Speck dazu und prächtige Rückenſtücke<lb/> von dreizentnerigen Schweinen, ſo ſchön roth und weiß<lb/> und ſaftig. Das folgte ſich langſam alles, und wenn<lb/> ein neuer Gaſt kam, ſo wurde von der Suppe her alles<lb/> wieder aufgetragen und jeder mußte da anfangen, wo<lb/> die Andern auch, Keinem wurde ein einziges Gericht<lb/> geſchenkt. Zwiſchendurch ſchenkte Benz, der Kindbetti¬<lb/> mann, aus den ſchönen weißen Flaſchen, welche eine<lb/> Maaß enthielten und mit Wappen und Sprüchen reich<lb/> geziert waren, fleißig ein. Wohin ſeine Arme nicht rei¬<lb/> chen mochten, trug er andern das Schenkamt auf, nö¬<lb/> thete ernſtlich zum Trinken, mahnte ſehr oft: „Machet<lb/> doch aus, es iſt dafür da, daß man ihn trinkt“, und<lb/> wenn die Hebamme eine Schüſſel hineintrug, ſo brachte<lb/> er ihr ſein Glas und andere brachten die ihren ihr<lb/> auch, ſo daß, wenn ſie allemal gehörig hätte Beſcheid<lb/> thun wollen, es in der Küche wunderlich hätte gehen<lb/> können. Der jüngere Götti mußte manche Spottrede<lb/> hören, daß er die Gotte nicht beſſer zum Trinken zu<lb/> halten wiſſe; wenn er das Geſundheit machen nicht<lb/> beſſer verſtehe, ſo kriege er keine Frau. „O, Hans Uli<lb/> werde keine begehren“, ſagte endlich die Gotte, „die le¬<lb/> digen Burſche hätten heut zu Tage ganz andere Sachen<lb/> im Kopf als das Heirathen, und die Meiſten vermöch¬<lb/> ten es nicht einmal mehr.“ „He“, ſagte Hans Uli,<lb/> „das dünke ihn nichts anders. Solche Schlärpli, wie<lb/> heut zu Tage die <hi rendition="#g">meiſten</hi> Mädchen ſeien, geben gar<lb/> theure Frauen, die Meiſten meinten ja, um eine brave<lb/> Frau zu werden, hätte man nichts nöthig als ein blau<lb/> ſeidenes Tüchlein um den Kopf, Händſchli im Sommer<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [20/0030]
waren in bedächtigem Zugreifen, kam in Schüſſeln hoch
aufgeſchichtet das Rindfleiſch, grünes und dürres, jedem
nach Belieben, kamen dürre Bohnen und Kannenbiren¬
ſchnitze, breiter Speck dazu und prächtige Rückenſtücke
von dreizentnerigen Schweinen, ſo ſchön roth und weiß
und ſaftig. Das folgte ſich langſam alles, und wenn
ein neuer Gaſt kam, ſo wurde von der Suppe her alles
wieder aufgetragen und jeder mußte da anfangen, wo
die Andern auch, Keinem wurde ein einziges Gericht
geſchenkt. Zwiſchendurch ſchenkte Benz, der Kindbetti¬
mann, aus den ſchönen weißen Flaſchen, welche eine
Maaß enthielten und mit Wappen und Sprüchen reich
geziert waren, fleißig ein. Wohin ſeine Arme nicht rei¬
chen mochten, trug er andern das Schenkamt auf, nö¬
thete ernſtlich zum Trinken, mahnte ſehr oft: „Machet
doch aus, es iſt dafür da, daß man ihn trinkt“, und
wenn die Hebamme eine Schüſſel hineintrug, ſo brachte
er ihr ſein Glas und andere brachten die ihren ihr
auch, ſo daß, wenn ſie allemal gehörig hätte Beſcheid
thun wollen, es in der Küche wunderlich hätte gehen
können. Der jüngere Götti mußte manche Spottrede
hören, daß er die Gotte nicht beſſer zum Trinken zu
halten wiſſe; wenn er das Geſundheit machen nicht
beſſer verſtehe, ſo kriege er keine Frau. „O, Hans Uli
werde keine begehren“, ſagte endlich die Gotte, „die le¬
digen Burſche hätten heut zu Tage ganz andere Sachen
im Kopf als das Heirathen, und die Meiſten vermöch¬
ten es nicht einmal mehr.“ „He“, ſagte Hans Uli,
„das dünke ihn nichts anders. Solche Schlärpli, wie
heut zu Tage die meiſten Mädchen ſeien, geben gar
theure Frauen, die Meiſten meinten ja, um eine brave
Frau zu werden, hätte man nichts nöthig als ein blau
ſeidenes Tüchlein um den Kopf, Händſchli im Sommer
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