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Gotthelf, Jeremias: Bilder und Sagen aus der Schweiz. Bdch. 1. Die schwarze Spinne. - Ritter von Brandis - Das gelbe Vögelein und das arme Margrithli. Solothurn, 1842.

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in zwei Tagen nicht drei Buchen zur Stelle gebracht,
und alle Kraft war erschöpft.

"Nacht war es geworden, schwarze Wolken stiegen
auf, es blitzte zum ersten Male in diesem Jahre. An
den Weg hatten sich die Männer gesetzt, es war die
gleiche Beugung des Weges, in welcher sie vor drei
Tagen gesessen waren, sie wußten es aber nicht. Da
saß der Hornbachbaur, der Lindauerin Mann, mit zwei
Knechten und andere mehr saßen auch bei ihnen. Sie
wollten da auf Buchen warten, die von Sumiswald
kommen sollten, wollten ungestört sinnen über ihr Elend,
wollten ruhen lassen ihre zerschlagenen Glieder.

"Da kam rasch, daß es fast pfiff wie der Wind
pfeift, wenn er aus den Kammern entronnen ist, ein
Weib daher, einen großen Korb auf dem Kopfe. Es
war Christine, die Lindauerin, des Hornbachbauren Ehe¬
weib, zu dem derselbe gekommen, als er einmal mit
seinem Herrn zu Felde gezogen war. Sie war nicht von
den Weibern die froh sind, daheim zu sein, in der
Stille ihre Geschäfte zu beschicken, und die sich um nichts
kümmern als um Haus und Kind. Christine wollte
wissen was ging, und wo sie ihren Rath nicht dazu
geben konnte, da ginge es schlecht, so meinte sie.

"Mit der Speise hatte sie daher keine Magd ge¬
sandt, sondern den schweren Korb auf den eignen Kopf
genommen und die Männer lange gesucht umsonst; bit¬
tere Worte ließ sie fallen darüber, sobald sie dieselben
gefunden. Unterdessen war sie aber nicht müßig, die
konnte noch reden und schaffen zu gleicher Zeit. Sie
stellte den Korb ab, deckte den Kübel ab, in welchem
der Hafermuß war, legte das Brod und den Käse zu¬
recht, und steckte jedem gegenüber für Mann und Knecht
die Löffel ins Muß, und hieß auch die andern zugreifen,

in zwei Tagen nicht drei Buchen zur Stelle gebracht,
und alle Kraft war erſchöpft.

„Nacht war es geworden, ſchwarze Wolken ſtiegen
auf, es blitzte zum erſten Male in dieſem Jahre. An
den Weg hatten ſich die Männer geſetzt, es war die
gleiche Beugung des Weges, in welcher ſie vor drei
Tagen geſeſſen waren, ſie wußten es aber nicht. Da
ſaß der Hornbachbaur, der Lindauerin Mann, mit zwei
Knechten und andere mehr ſaßen auch bei ihnen. Sie
wollten da auf Buchen warten, die von Sumiswald
kommen ſollten, wollten ungeſtört ſinnen über ihr Elend,
wollten ruhen laſſen ihre zerſchlagenen Glieder.

„Da kam raſch, daß es faſt pfiff wie der Wind
pfeift, wenn er aus den Kammern entronnen iſt, ein
Weib daher, einen großen Korb auf dem Kopfe. Es
war Chriſtine, die Lindauerin, des Hornbachbauren Ehe¬
weib, zu dem derſelbe gekommen, als er einmal mit
ſeinem Herrn zu Felde gezogen war. Sie war nicht von
den Weibern die froh ſind, daheim zu ſein, in der
Stille ihre Geſchäfte zu beſchicken, und die ſich um nichts
kümmern als um Haus und Kind. Chriſtine wollte
wiſſen was ging, und wo ſie ihren Rath nicht dazu
geben konnte, da ginge es ſchlecht, ſo meinte ſie.

„Mit der Speiſe hatte ſie daher keine Magd ge¬
ſandt, ſondern den ſchweren Korb auf den eignen Kopf
genommen und die Männer lange geſucht umſonſt; bit¬
tere Worte ließ ſie fallen darüber, ſobald ſie dieſelben
gefunden. Unterdeſſen war ſie aber nicht müßig, die
konnte noch reden und ſchaffen zu gleicher Zeit. Sie
ſtellte den Korb ab, deckte den Kübel ab, in welchem
der Hafermuß war, legte das Brod und den Käſe zu¬
recht, und ſteckte jedem gegenüber für Mann und Knecht
die Löffel ins Muß, und hieß auch die andern zugreifen,

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[37/0047] in zwei Tagen nicht drei Buchen zur Stelle gebracht, und alle Kraft war erſchöpft. „Nacht war es geworden, ſchwarze Wolken ſtiegen auf, es blitzte zum erſten Male in dieſem Jahre. An den Weg hatten ſich die Männer geſetzt, es war die gleiche Beugung des Weges, in welcher ſie vor drei Tagen geſeſſen waren, ſie wußten es aber nicht. Da ſaß der Hornbachbaur, der Lindauerin Mann, mit zwei Knechten und andere mehr ſaßen auch bei ihnen. Sie wollten da auf Buchen warten, die von Sumiswald kommen ſollten, wollten ungeſtört ſinnen über ihr Elend, wollten ruhen laſſen ihre zerſchlagenen Glieder. „Da kam raſch, daß es faſt pfiff wie der Wind pfeift, wenn er aus den Kammern entronnen iſt, ein Weib daher, einen großen Korb auf dem Kopfe. Es war Chriſtine, die Lindauerin, des Hornbachbauren Ehe¬ weib, zu dem derſelbe gekommen, als er einmal mit ſeinem Herrn zu Felde gezogen war. Sie war nicht von den Weibern die froh ſind, daheim zu ſein, in der Stille ihre Geſchäfte zu beſchicken, und die ſich um nichts kümmern als um Haus und Kind. Chriſtine wollte wiſſen was ging, und wo ſie ihren Rath nicht dazu geben konnte, da ginge es ſchlecht, ſo meinte ſie. „Mit der Speiſe hatte ſie daher keine Magd ge¬ ſandt, ſondern den ſchweren Korb auf den eignen Kopf genommen und die Männer lange geſucht umſonſt; bit¬ tere Worte ließ ſie fallen darüber, ſobald ſie dieſelben gefunden. Unterdeſſen war ſie aber nicht müßig, die konnte noch reden und ſchaffen zu gleicher Zeit. Sie ſtellte den Korb ab, deckte den Kübel ab, in welchem der Hafermuß war, legte das Brod und den Käſe zu¬ recht, und ſteckte jedem gegenüber für Mann und Knecht die Löffel ins Muß, und hieß auch die andern zugreifen,

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Zitationshilfe: Gotthelf, Jeremias: Bilder und Sagen aus der Schweiz. Bdch. 1. Die schwarze Spinne. - Ritter von Brandis - Das gelbe Vögelein und das arme Margrithli. Solothurn, 1842, S. 37. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gotthelf_sagen_1842/47>, abgerufen am 21.11.2024.