Gotthelf, Jeremias: Bilder und Sagen aus der Schweiz. Bdch. 1. Die schwarze Spinne. - Ritter von Brandis - Das gelbe Vögelein und das arme Margrithli. Solothurn, 1842.Christine wollte sie wegziehen, aber sie entrann dem Chriſtine wollte ſie wegziehen, aber ſie entrann dem <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0049" n="39"/> <p><hi rendition="#g">Chriſtine</hi> wollte ſie wegziehen, aber ſie entrann dem<lb/> Grünen nicht mehr, es war ihr als ziſche Fleiſch zwi¬<lb/> ſchen glühenden Zangen. Und ſchöne Worte begann er<lb/> zu reden und zu den Worten zwitzerte lüſtern ſein roth<lb/> Bärtchen auf und ab. So ein ſchön Weibchen habe er<lb/> lange nicht geſehen, ſagte er, das Herz lache ihm im<lb/> Leibe; zudem habe er ſie gerne muthig, und gerade die<lb/> ſeien ihm die liebſten, welche ſtehen bleiben dürften,<lb/> wenn die Männer davon liefen. Wie er ſo redete kam<lb/> Chriſtinen der Grüne immer weniger ſchreckhaft vor:<lb/> mit dem ſei doch noch zu reden, dachte ſie, und ſie<lb/> wüßte nicht warum davon laufen, ſie hätte ſchon viel<lb/> Wüſtere geſehen. Der Gedanke kam ihr immer mehr:<lb/> mit dem ließe ſich etwas machen, und wenn man recht<lb/> mit ihm zu reden wüßte, ſo thäte er einem wohl einen<lb/> Gefallen, oder am Ende könnte man ihn übertölpeln<lb/> wie die andern Männer auch. Er wüßte gar nicht, fuhr<lb/> der Grüne fort, warum man ſich ſo vor ihm ſcheue, er<lb/> meine es doch ſo gut mit allen Menſchen, und wenn<lb/> man ſo grob gegen ihn ſei, ſo müſſe man ſich nicht<lb/> wundern, wenn er den Leuten nicht immer thäte, was<lb/> ihnen am liebſten wäre. Da faßte Chriſtine ein Herz<lb/> und antwortete: Er erſchrecke aber die Leute auch, daß<lb/> es ſchrecklich wäre. Warum habe er ein ungetauft Kind<lb/> verlangt, er hätte doch von einem andern Lohn reden<lb/> können, das komme den Leuten gar verdächtig vor, ein<lb/> Kind ſei immer ein Menſch und ungetauft eins aus den<lb/> Händen geben, das werde kein Chriſt thun. „Das iſt<lb/> mein Lohn an den ich gewohnt bin, und um anderen<lb/> fahre ich nicht, und was frägt man doch ſo einem Kinde<lb/> nach, das noch Niemand kennt. So jung gibt man ſie<lb/> am liebſten weg, hat man doch noch keine Freude an<lb/> ihnen gehabt und keine Mühe mit ihnen. Ich aber habe<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [39/0049]
Chriſtine wollte ſie wegziehen, aber ſie entrann dem
Grünen nicht mehr, es war ihr als ziſche Fleiſch zwi¬
ſchen glühenden Zangen. Und ſchöne Worte begann er
zu reden und zu den Worten zwitzerte lüſtern ſein roth
Bärtchen auf und ab. So ein ſchön Weibchen habe er
lange nicht geſehen, ſagte er, das Herz lache ihm im
Leibe; zudem habe er ſie gerne muthig, und gerade die
ſeien ihm die liebſten, welche ſtehen bleiben dürften,
wenn die Männer davon liefen. Wie er ſo redete kam
Chriſtinen der Grüne immer weniger ſchreckhaft vor:
mit dem ſei doch noch zu reden, dachte ſie, und ſie
wüßte nicht warum davon laufen, ſie hätte ſchon viel
Wüſtere geſehen. Der Gedanke kam ihr immer mehr:
mit dem ließe ſich etwas machen, und wenn man recht
mit ihm zu reden wüßte, ſo thäte er einem wohl einen
Gefallen, oder am Ende könnte man ihn übertölpeln
wie die andern Männer auch. Er wüßte gar nicht, fuhr
der Grüne fort, warum man ſich ſo vor ihm ſcheue, er
meine es doch ſo gut mit allen Menſchen, und wenn
man ſo grob gegen ihn ſei, ſo müſſe man ſich nicht
wundern, wenn er den Leuten nicht immer thäte, was
ihnen am liebſten wäre. Da faßte Chriſtine ein Herz
und antwortete: Er erſchrecke aber die Leute auch, daß
es ſchrecklich wäre. Warum habe er ein ungetauft Kind
verlangt, er hätte doch von einem andern Lohn reden
können, das komme den Leuten gar verdächtig vor, ein
Kind ſei immer ein Menſch und ungetauft eins aus den
Händen geben, das werde kein Chriſt thun. „Das iſt
mein Lohn an den ich gewohnt bin, und um anderen
fahre ich nicht, und was frägt man doch ſo einem Kinde
nach, das noch Niemand kennt. So jung gibt man ſie
am liebſten weg, hat man doch noch keine Freude an
ihnen gehabt und keine Mühe mit ihnen. Ich aber habe
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