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Gotthelf, Jeremias: Bilder und Sagen aus der Schweiz. Bdch. 1. Die schwarze Spinne. - Ritter von Brandis - Das gelbe Vögelein und das arme Margrithli. Solothurn, 1842.

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Bärhegen sich geflüchtet. Den Graus der Nacht ob dem
eigenen Elend vergessend, hörte man sie klagen und
grollen über ihr Mißgeschick. Zu allem Unglück war noch
das Toben der Natur gekommen. Pferde und Ochsen
waren scheu geworden, betäubt, hatten Wagen zertrüm¬
mert, sich über Felsen gestürzt, und schwer verwundet
stöhnte Mancher in tiefem Schmerze, laut auf schrie
Mancher dem man zerrissene Glieder einzog und zu¬
sammenband.

"In das Elend hinein flüchteten sich auch in schauer¬
licher Angst die, welche den Grünen gesehen, und er¬
zählten bebend die wiederholte Erscheinung. Bebend hörte
die Menge, was die Männer erzählten, drängte sich
aus dem weiten dunkeln Raume dem Feuer zu, um
welches die Männer saßen und wenn der Wind durch
die Sparren fuhr oder Donner über dem Hause rollte,
so schrie laut auf die Menge, und meinte, es breche
durchs Dach der Grüne, sich zu zeigen in ihrer Mitte.
Als er aber nicht kam, als der Schreck vor ihm ver¬
ging, als das alte Elend blieb und der Jammer der
Leidenden lauter wurde, da stiegen allmälig die Gedan¬
ken auf, die den Menschen, der in der Noth ist, so
gerne um seine Seele bringen. Sie begannen zu rechnen
wie viel mehr werth sie Alle seien als ein einzig unge¬
tauft Kind, sie vergaßen immer mehr, daß die Schuld
an einer Seele tausendmal schwerer wiege als die Ret¬
tung von tausend und abermal tausend Menschenleben.

"Diese Gedanken wurden allmählig laut und be¬
gannen sich zu mischen als verständliche Worte in das
Schmerzensgestön der Leidenden. Man fragte näher
nach dem Grünen, grollte, daß man ihm nicht besser
Rede gestanden; genommen hätte er Niemand und je
weniger man ihn fürchte, um so weniger thue er den

Bärhegen ſich geflüchtet. Den Graus der Nacht ob dem
eigenen Elend vergeſſend, hörte man ſie klagen und
grollen über ihr Mißgeſchick. Zu allem Unglück war noch
das Toben der Natur gekommen. Pferde und Ochſen
waren ſcheu geworden, betäubt, hatten Wagen zertrüm¬
mert, ſich über Felſen geſtürzt, und ſchwer verwundet
ſtöhnte Mancher in tiefem Schmerze, laut auf ſchrie
Mancher dem man zerriſſene Glieder einzog und zu¬
ſammenband.

„In das Elend hinein flüchteten ſich auch in ſchauer¬
licher Angſt die, welche den Grünen geſehen, und er¬
zählten bebend die wiederholte Erſcheinung. Bebend hörte
die Menge, was die Männer erzählten, drängte ſich
aus dem weiten dunkeln Raume dem Feuer zu, um
welches die Männer ſaßen und wenn der Wind durch
die Sparren fuhr oder Donner über dem Hauſe rollte,
ſo ſchrie laut auf die Menge, und meinte, es breche
durchs Dach der Grüne, ſich zu zeigen in ihrer Mitte.
Als er aber nicht kam, als der Schreck vor ihm ver¬
ging, als das alte Elend blieb und der Jammer der
Leidenden lauter wurde, da ſtiegen allmälig die Gedan¬
ken auf, die den Menſchen, der in der Noth iſt, ſo
gerne um ſeine Seele bringen. Sie begannen zu rechnen
wie viel mehr werth ſie Alle ſeien als ein einzig unge¬
tauft Kind, ſie vergaßen immer mehr, daß die Schuld
an einer Seele tauſendmal ſchwerer wiege als die Ret¬
tung von tauſend und abermal tauſend Menſchenleben.

„Dieſe Gedanken wurden allmählig laut und be¬
gannen ſich zu miſchen als verſtändliche Worte in das
Schmerzensgeſtön der Leidenden. Man fragte näher
nach dem Grünen, grollte, daß man ihm nicht beſſer
Rede geſtanden; genommen hätte er Niemand und je
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[43/0053] Bärhegen ſich geflüchtet. Den Graus der Nacht ob dem eigenen Elend vergeſſend, hörte man ſie klagen und grollen über ihr Mißgeſchick. Zu allem Unglück war noch das Toben der Natur gekommen. Pferde und Ochſen waren ſcheu geworden, betäubt, hatten Wagen zertrüm¬ mert, ſich über Felſen geſtürzt, und ſchwer verwundet ſtöhnte Mancher in tiefem Schmerze, laut auf ſchrie Mancher dem man zerriſſene Glieder einzog und zu¬ ſammenband. „In das Elend hinein flüchteten ſich auch in ſchauer¬ licher Angſt die, welche den Grünen geſehen, und er¬ zählten bebend die wiederholte Erſcheinung. Bebend hörte die Menge, was die Männer erzählten, drängte ſich aus dem weiten dunkeln Raume dem Feuer zu, um welches die Männer ſaßen und wenn der Wind durch die Sparren fuhr oder Donner über dem Hauſe rollte, ſo ſchrie laut auf die Menge, und meinte, es breche durchs Dach der Grüne, ſich zu zeigen in ihrer Mitte. Als er aber nicht kam, als der Schreck vor ihm ver¬ ging, als das alte Elend blieb und der Jammer der Leidenden lauter wurde, da ſtiegen allmälig die Gedan¬ ken auf, die den Menſchen, der in der Noth iſt, ſo gerne um ſeine Seele bringen. Sie begannen zu rechnen wie viel mehr werth ſie Alle ſeien als ein einzig unge¬ tauft Kind, ſie vergaßen immer mehr, daß die Schuld an einer Seele tauſendmal ſchwerer wiege als die Ret¬ tung von tauſend und abermal tauſend Menſchenleben. „Dieſe Gedanken wurden allmählig laut und be¬ gannen ſich zu miſchen als verſtändliche Worte in das Schmerzensgeſtön der Leidenden. Man fragte näher nach dem Grünen, grollte, daß man ihm nicht beſſer Rede geſtanden; genommen hätte er Niemand und je weniger man ihn fürchte, um ſo weniger thue er den

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Zitationshilfe: Gotthelf, Jeremias: Bilder und Sagen aus der Schweiz. Bdch. 1. Die schwarze Spinne. - Ritter von Brandis - Das gelbe Vögelein und das arme Margrithli. Solothurn, 1842, S. 43. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gotthelf_sagen_1842/53>, abgerufen am 22.11.2024.