Gotthelf, Jeremias: Bilder und Sagen aus der Schweiz. Bdch. 1. Die schwarze Spinne. - Ritter von Brandis - Das gelbe Vögelein und das arme Margrithli. Solothurn, 1842."Da loderte im Priester auf der heilige Kampfes¬ „Da loderte im Prieſter auf der heilige Kampfes¬ <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0082" n="72"/> <p>„Da loderte im Prieſter auf der heilige Kampfes¬<lb/> drang, der, den Böſen ahnend, über die kömmt, die<lb/> Gott geweihten Herzens ſind, wie der Trieb über das<lb/> Samenkorn kömmt, wenn das Leben in daſſelbe dringt,<lb/> wie er in die Blume dringt, wenn ſie ſich entfalten<lb/> ſoll, wie er über den Helden kömmt, wenn ſein Feind<lb/> das Schwert erhebt. Und wie der Lechzende in des<lb/> Stromes kühle Fluth, wie der Held zur Schlacht,<lb/> ſtürzte der Prieſter den Stalden nieder, ſtürzte zum<lb/> kühnſten Kampf, drang zwiſchen den Grünen und Chri¬<lb/> ſtine, die eben das Kindlein in des andern Arme legen<lb/> wollte, mitten hinein, ſchmetterte zwiſchen ſie die drei<lb/> höchſten heiligen Namen, hält das Heiligſte dem Grü¬<lb/> nen ans Geſicht, ſprengt heiliges Waſſer über das<lb/> Kind und trifft Chriſtine zugleich. Da fährt mit fürch¬<lb/> terlichem Wehegeheul der Grüne von dannen, wie ein<lb/> glutrother Streifen zuckt er dahin, bis die Erde ihn<lb/> verſchlingt; vom geweihten Waſſer berührt, ſchrumpft mit<lb/> entſetzlichem Ziſchen Chriſtine zuſammen, wie Wolle<lb/> im Feuer, wie Kalk im Waſſer, ſchrumpft ziſchend,<lb/> Flammen ſprühend zuſammen, bis auf die ſchwarze,<lb/> hochaufgeſchwollene, grauenvolle Spinne in ihrem Ge¬<lb/> ſichte, ſchrumpft mit dieſer zuſammen, ziſcht in dieſe<lb/> hinein, und dieſe ſitzt nun giftſtrotzend trotzig mitten<lb/> auf dem Kinde, und ſprüht aus ihren Augen zornige<lb/> Blicke dem Prieſter entgegen. Dieſer ſprengt ihr Weih¬<lb/> waſſer entgegen, es ziſcht wie auf heißem Steine ge¬<lb/> wöhnliches Waſſer; immer größer wird die Spinne,<lb/> ſtreckt immer weiter ihre ſchwarzen Beine aus über das<lb/> Kind, glotzt immer giftiger den Prieſter an; da faßt<lb/> dieſer in feuriger Glaubenswuth nach ihr mit kühner<lb/> Hand. Es iſt als wenn er griffe in glühende Stacheln<lb/> hinein, aber unerſchüttert greift er feſt, ſchleudert das<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [72/0082]
„Da loderte im Prieſter auf der heilige Kampfes¬
drang, der, den Böſen ahnend, über die kömmt, die
Gott geweihten Herzens ſind, wie der Trieb über das
Samenkorn kömmt, wenn das Leben in daſſelbe dringt,
wie er in die Blume dringt, wenn ſie ſich entfalten
ſoll, wie er über den Helden kömmt, wenn ſein Feind
das Schwert erhebt. Und wie der Lechzende in des
Stromes kühle Fluth, wie der Held zur Schlacht,
ſtürzte der Prieſter den Stalden nieder, ſtürzte zum
kühnſten Kampf, drang zwiſchen den Grünen und Chri¬
ſtine, die eben das Kindlein in des andern Arme legen
wollte, mitten hinein, ſchmetterte zwiſchen ſie die drei
höchſten heiligen Namen, hält das Heiligſte dem Grü¬
nen ans Geſicht, ſprengt heiliges Waſſer über das
Kind und trifft Chriſtine zugleich. Da fährt mit fürch¬
terlichem Wehegeheul der Grüne von dannen, wie ein
glutrother Streifen zuckt er dahin, bis die Erde ihn
verſchlingt; vom geweihten Waſſer berührt, ſchrumpft mit
entſetzlichem Ziſchen Chriſtine zuſammen, wie Wolle
im Feuer, wie Kalk im Waſſer, ſchrumpft ziſchend,
Flammen ſprühend zuſammen, bis auf die ſchwarze,
hochaufgeſchwollene, grauenvolle Spinne in ihrem Ge¬
ſichte, ſchrumpft mit dieſer zuſammen, ziſcht in dieſe
hinein, und dieſe ſitzt nun giftſtrotzend trotzig mitten
auf dem Kinde, und ſprüht aus ihren Augen zornige
Blicke dem Prieſter entgegen. Dieſer ſprengt ihr Weih¬
waſſer entgegen, es ziſcht wie auf heißem Steine ge¬
wöhnliches Waſſer; immer größer wird die Spinne,
ſtreckt immer weiter ihre ſchwarzen Beine aus über das
Kind, glotzt immer giftiger den Prieſter an; da faßt
dieſer in feuriger Glaubenswuth nach ihr mit kühner
Hand. Es iſt als wenn er griffe in glühende Stacheln
hinein, aber unerſchüttert greift er feſt, ſchleudert das
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