Gotthelf, Jeremias: Bilder und Sagen aus der Schweiz. Bdch. 1. Die schwarze Spinne. - Ritter von Brandis - Das gelbe Vögelein und das arme Margrithli. Solothurn, 1842.glotzte ihm in die Augen, feurige Stacheln wühlten "So war die Spinne bald nirgends, bald hier, bald "Die Kunde von diesen Schrecken war natürlich glotzte ihm in die Augen, feurige Stacheln wühlten „So war die Spinne bald nirgends, bald hier, bald „Die Kunde von dieſen Schrecken war natürlich <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0087" n="77"/> glotzte ihm in die Augen, feurige Stacheln wühlten<lb/> ſich in ſein Gebein, der Brand der Hölle ſchlug über<lb/> ihn zuſammen, bis der Tod ihn ſtreckte.</p><lb/> <p>„So war die Spinne bald nirgends, bald hier, bald<lb/> dort, bald im Thale unten, bald auf den Bergen oben;<lb/> ſie ziſchte durchs Gras, ſie fiel von der Decke, ſie tauchte<lb/> aus dem Boden auf. Am hellen Mittage, wenn die<lb/> Leute um ihr Habermuß ſaßen, erſchien ſie glotzend unten<lb/> am Tiſch, und ehe die Menſchen vom Schrecken auseinan¬<lb/> der geſprengt, war ſie allen über die Hände gelaufen, ſaß<lb/> oben am Tiſch auf des Hausvaters Haupte, und glotzte<lb/> über den Tiſch, über die ſchwarz werdenden Hände weg.<lb/> Sie fiel des Nachts den Leuten ins Geſicht, begegnete<lb/> ihnen im Walde, ſuchte ſie heim im Stalle. Die Men¬<lb/> ſchen konnten ſie nicht meiden, ſie war nirgends und<lb/> allenthalben, konnten im Wachen vor ihr ſich nicht<lb/> ſchützen, waren ſchlafend vor ihr nicht ſicher. Wenn<lb/> ſie am ſicherſten ſich wähnten unterem freien Himmel,<lb/> auf eines Baumes Gipfel, ſo kroch Feuer ihnen den<lb/> Rücken auf, der Spinne feurige Füße fühlten ſie im<lb/> Nacken, ſie glotzte ihnen über die Achſel. Das Kind<lb/> in der Wiege, den Greis auf dem Sterbebette ſchonte<lb/> ſie nicht; es war ein Sterbet, wie man noch von kei¬<lb/> nem wußte, und das Sterben daran war ſchrecklicher,<lb/> als man es je erfahren; und ſchrecklicher noch als das<lb/> Sterben war die namenloſe Angſt vor der Spinne, die<lb/> allenthalben war und nirgends, die, wenn man am<lb/> ſicherſten ſich wähnte, einem todtbringend plötzlich in<lb/> die Augen glotzte.</p><lb/> <p>„Die Kunde von dieſen Schrecken war natürlich<lb/> alſobald ins Schloß gedrungen, und hatte auch dorthin<lb/> Schreck und Streit gebracht, ſo weit er bei den Regeln<lb/> des Ordens ſtattfinden konnte. Dem von Stoffeln<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [77/0087]
glotzte ihm in die Augen, feurige Stacheln wühlten
ſich in ſein Gebein, der Brand der Hölle ſchlug über
ihn zuſammen, bis der Tod ihn ſtreckte.
„So war die Spinne bald nirgends, bald hier, bald
dort, bald im Thale unten, bald auf den Bergen oben;
ſie ziſchte durchs Gras, ſie fiel von der Decke, ſie tauchte
aus dem Boden auf. Am hellen Mittage, wenn die
Leute um ihr Habermuß ſaßen, erſchien ſie glotzend unten
am Tiſch, und ehe die Menſchen vom Schrecken auseinan¬
der geſprengt, war ſie allen über die Hände gelaufen, ſaß
oben am Tiſch auf des Hausvaters Haupte, und glotzte
über den Tiſch, über die ſchwarz werdenden Hände weg.
Sie fiel des Nachts den Leuten ins Geſicht, begegnete
ihnen im Walde, ſuchte ſie heim im Stalle. Die Men¬
ſchen konnten ſie nicht meiden, ſie war nirgends und
allenthalben, konnten im Wachen vor ihr ſich nicht
ſchützen, waren ſchlafend vor ihr nicht ſicher. Wenn
ſie am ſicherſten ſich wähnten unterem freien Himmel,
auf eines Baumes Gipfel, ſo kroch Feuer ihnen den
Rücken auf, der Spinne feurige Füße fühlten ſie im
Nacken, ſie glotzte ihnen über die Achſel. Das Kind
in der Wiege, den Greis auf dem Sterbebette ſchonte
ſie nicht; es war ein Sterbet, wie man noch von kei¬
nem wußte, und das Sterben daran war ſchrecklicher,
als man es je erfahren; und ſchrecklicher noch als das
Sterben war die namenloſe Angſt vor der Spinne, die
allenthalben war und nirgends, die, wenn man am
ſicherſten ſich wähnte, einem todtbringend plötzlich in
die Augen glotzte.
„Die Kunde von dieſen Schrecken war natürlich
alſobald ins Schloß gedrungen, und hatte auch dorthin
Schreck und Streit gebracht, ſo weit er bei den Regeln
des Ordens ſtattfinden konnte. Dem von Stoffeln
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