Gottschall, Rudolph: Poetik. Die Dichtkunst und ihre Technik [v]om Standpunkte der Neuzeit. Breslau, 1858.pgo_136.001 Nie will ich einen Oedipus, pgo_136.004 pgo_136.008Jch selbst erfinden, zeigen euch, wie jener Mensch pgo_136.005 Es hätte machen sollen, ein historisches pgo_136.006 Vorzeitsfamilienmordgemälde bühnenhaft pgo_136.007 Dem Publikum vorbei zu führen. -- -- Ja, wo wäre denn pgo_136.009 Dekorationsveränderung und sonstige pgo_136.010 Freischützkaskadenfeuerwerkmaschinerie. pgo_136.011 pgo_136.013 pgo_136.023 pgo_136.025 pgo_136.032 pgo_136.001 Nie will ich einen Oedipus, pgo_136.004 pgo_136.008Jch selbst erfinden, zeigen euch, wie jener Mensch pgo_136.005 Es hätte machen sollen, ein historisches pgo_136.006 Vorzeitsfamilienmordgemälde bühnenhaft pgo_136.007 Dem Publikum vorbei zu führen. — — Ja, wo wäre denn pgo_136.009 Dekorationsveränderung und sonstige pgo_136.010 Freischützkaskadenfeuerwerkmaschinerie. pgo_136.011 pgo_136.013 pgo_136.023 pgo_136.025 pgo_136.032 <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <p><pb facs="#f0158" n="136"/><lb n="pgo_136.001"/> des aristophanischen Humors nachahmen zu können, hat Platen im <lb n="pgo_136.002"/> „Oedipus“ gezeigt:</p> <lb n="pgo_136.003"/> <lg> <l>Nie will ich einen Oedipus,</l> <lb n="pgo_136.004"/> <l>Jch selbst erfinden, zeigen euch, wie jener Mensch</l> <lb n="pgo_136.005"/> <l>Es hätte machen sollen, ein historisches</l> <lb n="pgo_136.006"/> <l><hi rendition="#g">Vorzeitsfamilienmordgemälde</hi> bühnenhaft</l> <lb n="pgo_136.007"/> <l>Dem Publikum vorbei zu führen. — — </l> </lg> <lb n="pgo_136.008"/> <lg> <l>Ja, wo wäre denn</l> <lb n="pgo_136.009"/> <l><hi rendition="#g">Dekorationsveränderung</hi> und sonstige</l> <lb n="pgo_136.010"/> <l><hi rendition="#g">Freischützkaskadenfeuerwerkmaschinerie</hi>.</l> </lg> <p><lb n="pgo_136.011"/> Jn diesen kühnen komischen Zusammensetzungen liegt eine Kraft, <lb n="pgo_136.012"/> welche einen ganzen Satz in die Einheit eines Wortes zusammendrängt.</p> <p><lb n="pgo_136.013"/> Keine Dichtung gewährt interessantere und reichere Belege für die <lb n="pgo_136.014"/> Bedeutung dieser Wort-Zusammensetzungen, als Goethe's „Faust.“ An <lb n="pgo_136.015"/> der Neuheit, Frische und Energie des Ausdruckes, die uns aus dem ersten <lb n="pgo_136.016"/> Theil entgegenweht, haben sie einen wesentlichen Antheil. Dagegen <lb n="pgo_136.017"/> zeigen gerade die mühseligen Wort-Composita des zweiten Theiles, wie <lb n="pgo_136.018"/> die Hand des Dichters erlahmt und zu solchen kühnen Griffen unfähig <lb n="pgo_136.019"/> geworden ist. Hier zeigt es sich, wie das Hauptwort in seinen Zusammensetzungen <lb n="pgo_136.020"/> sogar für den ganzen <hi rendition="#g">Styl</hi> charakteristisch werden kann, indem <lb n="pgo_136.021"/> sich ebenso die glückliche Dichterkraft der Jugend, wie die manierirte <lb n="pgo_136.022"/> Ohnmacht des Alters in ihnen ausprägt.</p> <p><lb n="pgo_136.023"/> Man vergleiche die folgende Sammlung solcher Wörter aus dem <lb n="pgo_136.024"/> ersten und zweiten Theile:</p> <p><lb n="pgo_136.025"/><hi rendition="#g">Erster Theil:</hi> Gnadenpforte, Dichterhöhe, Brudersphäre, Wettgesang, <lb n="pgo_136.026"/> Donnergang, Paradieseshelle, Sphärenlauf, Wirkenskraft, <lb n="pgo_136.027"/> Wissensqualm, Freudebeben, Flammenbildung, Lebensfluthen, Thatensturm, <lb n="pgo_136.028"/> Spiegelfluth, Erdensonne, Jugendmacht, Höllenluchs, Teufelsfaust, <lb n="pgo_136.029"/> Riesenfichte, Nachbaräste, Nachbarstämme, Gedankenbahn, Feuerpein, <lb n="pgo_136.030"/> Blend- und Schmeichelkräfte, Traum- und Zaubersphäre, Lock- und <lb n="pgo_136.031"/> Gaukelwerk.</p> <p><lb n="pgo_136.032"/><hi rendition="#g">Zweiter Theil:</hi> Erfüllungspforte, Wechseldauer, Doppelzwerggestalt, <lb n="pgo_136.033"/> Glitzertand, Blitzeswerk, Geister-Meister-Stück, Bücherkruste, <lb n="pgo_136.034"/> Krächzegruß, Flügelflatterschlagen, Zitterwogen, Glanzgewimmel, Alt- <lb n="pgo_136.035"/> Wälder, Flüsterzittern, Säuselschweben, Gezwergvolk.</p> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [136/0158]
pgo_136.001
des aristophanischen Humors nachahmen zu können, hat Platen im pgo_136.002
„Oedipus“ gezeigt:
pgo_136.003
Nie will ich einen Oedipus, pgo_136.004
Jch selbst erfinden, zeigen euch, wie jener Mensch pgo_136.005
Es hätte machen sollen, ein historisches pgo_136.006
Vorzeitsfamilienmordgemälde bühnenhaft pgo_136.007
Dem Publikum vorbei zu führen. — —
pgo_136.008
Ja, wo wäre denn pgo_136.009
Dekorationsveränderung und sonstige pgo_136.010
Freischützkaskadenfeuerwerkmaschinerie.
pgo_136.011
Jn diesen kühnen komischen Zusammensetzungen liegt eine Kraft, pgo_136.012
welche einen ganzen Satz in die Einheit eines Wortes zusammendrängt.
pgo_136.013
Keine Dichtung gewährt interessantere und reichere Belege für die pgo_136.014
Bedeutung dieser Wort-Zusammensetzungen, als Goethe's „Faust.“ An pgo_136.015
der Neuheit, Frische und Energie des Ausdruckes, die uns aus dem ersten pgo_136.016
Theil entgegenweht, haben sie einen wesentlichen Antheil. Dagegen pgo_136.017
zeigen gerade die mühseligen Wort-Composita des zweiten Theiles, wie pgo_136.018
die Hand des Dichters erlahmt und zu solchen kühnen Griffen unfähig pgo_136.019
geworden ist. Hier zeigt es sich, wie das Hauptwort in seinen Zusammensetzungen pgo_136.020
sogar für den ganzen Styl charakteristisch werden kann, indem pgo_136.021
sich ebenso die glückliche Dichterkraft der Jugend, wie die manierirte pgo_136.022
Ohnmacht des Alters in ihnen ausprägt.
pgo_136.023
Man vergleiche die folgende Sammlung solcher Wörter aus dem pgo_136.024
ersten und zweiten Theile:
pgo_136.025
Erster Theil: Gnadenpforte, Dichterhöhe, Brudersphäre, Wettgesang, pgo_136.026
Donnergang, Paradieseshelle, Sphärenlauf, Wirkenskraft, pgo_136.027
Wissensqualm, Freudebeben, Flammenbildung, Lebensfluthen, Thatensturm, pgo_136.028
Spiegelfluth, Erdensonne, Jugendmacht, Höllenluchs, Teufelsfaust, pgo_136.029
Riesenfichte, Nachbaräste, Nachbarstämme, Gedankenbahn, Feuerpein, pgo_136.030
Blend- und Schmeichelkräfte, Traum- und Zaubersphäre, Lock- und pgo_136.031
Gaukelwerk.
pgo_136.032
Zweiter Theil: Erfüllungspforte, Wechseldauer, Doppelzwerggestalt, pgo_136.033
Glitzertand, Blitzeswerk, Geister-Meister-Stück, Bücherkruste, pgo_136.034
Krächzegruß, Flügelflatterschlagen, Zitterwogen, Glanzgewimmel, Alt- pgo_136.035
Wälder, Flüsterzittern, Säuselschweben, Gezwergvolk.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Technische Universität Darmstadt, Universität Stuttgart: Bereitstellung der Scan-Digitalisate und der Texttranskription.
(2015-09-30T09:54:39Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
TextGrid/DARIAH-DE: Langfristige Bereitstellung der TextGrid/DARIAH-DE-Repository-Ausgabe
Stefan Alscher: Bearbeitung der digitalen Edition - Annotation des Metaphernbegriffs
Hans-Werner Bartz: Bearbeitung der digitalen Edition - Tustep-Unterstützung
Michael Bender: Bearbeitung der digitalen Edition - Koordination, Konzeption (Korpusaufbau, Annotationsschema, Workflow, Publikationsformen), Annotation des Metaphernbegriffs, XML-Auszeichnung)
Leonie Blumenschein: Bearbeitung der digitalen Edition - XML-Auszeichnung
David Glück: Bearbeitung der digitalen Edition - Korpusaufbau, XML-Auszeichnung, Annotation des Metaphernbegriffs, XSL+JavaScript
Constanze Hahn: Bearbeitung der digitalen Edition - Korpusaufbau, XML-Auszeichnung
Philipp Hegel: Bearbeitung der digitalen Edition - XML/XSL/CSS-Unterstützung
Andrea Rapp: ePoetics-Projekt-Koordination
Sandra Richter: ePoetics-Projekt-Koordination
Weitere Informationen:Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): wie Vorlage; i/j in Fraktur: wie Vorlage; I/J in Fraktur: wie Vorlage; Kolumnentitel: nicht übernommen; Kustoden: nicht übernommen; langes s (ſ): wie Vorlage; Normalisierungen: keine; rundes r (ꝛ): wie Vorlage; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: nicht übernommen; u/v bzw. U/V: wie Vorlage; Vokale mit übergest. e: wie Vorlage; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: ja;
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |