Gottschall, Rudolph: Poetik. Die Dichtkunst und ihre Technik [v]om Standpunkte der Neuzeit. Breslau, 1858.pgo_167.001 Jener Lorber wand sich einst um Hülfe, pgo_167.002 Tantal's Tochter schweigt in diesem Stein, pgo_167.003 Syrinx' Klage tönt aus jenem Schilfe, pgo_167.004 Philomela's Schmerz aus diesem Hain. pgo_167.005 Jener Bach empfing Demeter's Zähre, pgo_167.006 Die sie um Persephonen geweint, pgo_167.007 Und von diesem Hügel rief Cythere -- pgo_167.008 Ach! umsonst dem schönen Freund! pgo_167.009 Da bebte die Erde, pgo_167.021 Die erschütterte Erde, pgo_167.022 Es wankten die Füße der Berge, pgo_167.023 Sie erzitterten seinem Zorn. pgo_167.024 Er schnaubete Dampf empor, pgo_167.025 Verzehrende Gluth pgo_167.026 Entströmte seinem Mund in der Wetter Schlag. pgo_167.027 Er neigete die Himmel pgo_167.028 Und fuhr herab, pgo_167.029 Und Dunkel war pgo_167.030 Unter seinen Füßen. pgo_167.031 pgo_167.034Er schwebete auf Cherubim! pgo_167.032 Er flog einher pgo_167.033 Auf Fittigen des Sturmes u. s. f. (17ter Psalm nach Stolberg.) pgo_167.001 Jener Lorber wand sich einst um Hülfe, pgo_167.002 Tantal's Tochter schweigt in diesem Stein, pgo_167.003 Syrinx' Klage tönt aus jenem Schilfe, pgo_167.004 Philomela's Schmerz aus diesem Hain. pgo_167.005 Jener Bach empfing Demeter's Zähre, pgo_167.006 Die sie um Persephonen geweint, pgo_167.007 Und von diesem Hügel rief Cythere — pgo_167.008 Ach! umsonst dem schönen Freund! pgo_167.009 Da bebte die Erde, pgo_167.021 Die erschütterte Erde, pgo_167.022 Es wankten die Füße der Berge, pgo_167.023 Sie erzitterten seinem Zorn. pgo_167.024 Er schnaubete Dampf empor, pgo_167.025 Verzehrende Gluth pgo_167.026 Entströmte seinem Mund in der Wetter Schlag. pgo_167.027 Er neigete die Himmel pgo_167.028 Und fuhr herab, pgo_167.029 Und Dunkel war pgo_167.030 Unter seinen Füßen. pgo_167.031 pgo_167.034Er schwebete auf Cherubim! pgo_167.032 Er flog einher pgo_167.033 Auf Fittigen des Sturmes u. s. f. (17ter Psalm nach Stolberg.) <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <div n="5"> <div n="6"> <pb facs="#f0189" n="167"/> <lb n="pgo_167.001"/> <lg> <l>Jener Lorber wand sich einst um Hülfe,</l> <lb n="pgo_167.002"/> <l>Tantal's Tochter schweigt in diesem Stein,</l> <lb n="pgo_167.003"/> <l>Syrinx' Klage tönt aus jenem Schilfe,</l> <lb n="pgo_167.004"/> <l>Philomela's Schmerz aus diesem Hain.</l> </lg> <lg> <lb n="pgo_167.005"/> <l>Jener Bach empfing Demeter's Zähre,</l> <lb n="pgo_167.006"/> <l>Die sie um Persephonen geweint,</l> <lb n="pgo_167.007"/> <l>Und von diesem Hügel rief Cythere —</l> <lb n="pgo_167.008"/> <l>Ach! umsonst dem schönen Freund!</l> </lg> <p><lb n="pgo_167.009"/> Doch auch neuere Dichter können, besonders in größeren gedankenvollen <lb n="pgo_167.010"/> Schöpfungen, dies Bild nicht entbehren. So ist der Erdgeist im <lb n="pgo_167.011"/> „Faust,“ so sind die Geister in Byron's Manfred keine Allegorieen, sondern <lb n="pgo_167.012"/> personificirte Natur- und Gedankenmächte. Eine niedliche, wie aus <lb n="pgo_167.013"/> Elfenbein geschnitzte Personifikation ist die „Königin Mab“ des Mercutio. <lb n="pgo_167.014"/> Auch die hebräische Poesie giebt ihrem persönlichen Gott eine Fülle persönlichen <lb n="pgo_167.015"/> Lebens. Alles, was die Theologie „Anthropomorphismen“ <lb n="pgo_167.016"/> nennt, muß die Aesthetik in unser Bild einreihen. Die Psalmen und <lb n="pgo_167.017"/> Propheten sind reich an großen und erhabenen Bildern, in welchen die <lb n="pgo_167.018"/> Naturerscheinungen als <hi rendition="#g">Thaten</hi> des persönlichen Gottes dargestellt <lb n="pgo_167.019"/> werden:</p> <lb n="pgo_167.020"/> <lg> <l>Da bebte die Erde,</l> <lb n="pgo_167.021"/> <l>Die erschütterte Erde,</l> <lb n="pgo_167.022"/> <l>Es wankten die Füße der Berge,</l> <lb n="pgo_167.023"/> <l>Sie erzitterten seinem Zorn.</l> </lg> <lg> <lb n="pgo_167.024"/> <l>Er schnaubete Dampf empor,</l> <lb n="pgo_167.025"/> <l>Verzehrende Gluth</l> <lb n="pgo_167.026"/> <l>Entströmte seinem Mund in der Wetter Schlag.</l> </lg> <lg> <lb n="pgo_167.027"/> <l>Er neigete die Himmel</l> <lb n="pgo_167.028"/> <l>Und fuhr herab,</l> <lb n="pgo_167.029"/> <l>Und Dunkel war</l> <lb n="pgo_167.030"/> <l>Unter seinen Füßen.</l> </lg> <lg> <lb n="pgo_167.031"/> <l>Er schwebete auf Cherubim!</l> <lb n="pgo_167.032"/> <l>Er flog einher</l> <lb n="pgo_167.033"/> <l>Auf Fittigen des Sturmes u. s. f.</l> </lg> <lb n="pgo_167.034"/> <p> <hi rendition="#right">(17ter Psalm nach <hi rendition="#g">Stolberg</hi>.)</hi> </p> </div> <div n="6"> </div> </div> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [167/0189]
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Doch auch neuere Dichter können, besonders in größeren gedankenvollen pgo_167.010
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„Faust,“ so sind die Geister in Byron's Manfred keine Allegorieen, sondern pgo_167.012
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Elfenbein geschnitzte Personifikation ist die „Königin Mab“ des Mercutio. pgo_167.014
Auch die hebräische Poesie giebt ihrem persönlichen Gott eine Fülle persönlichen pgo_167.015
Lebens. Alles, was die Theologie „Anthropomorphismen“ pgo_167.016
nennt, muß die Aesthetik in unser Bild einreihen. Die Psalmen und pgo_167.017
Propheten sind reich an großen und erhabenen Bildern, in welchen die pgo_167.018
Naturerscheinungen als Thaten des persönlichen Gottes dargestellt pgo_167.019
werden:
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Er flog einher pgo_167.033
Auf Fittigen des Sturmes u. s. f.
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(17ter Psalm nach Stolberg.)
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