Gottschall, Rudolph: Poetik. Die Dichtkunst und ihre Technik [v]om Standpunkte der Neuzeit. Breslau, 1858.pgo_176.001 pgo_176.007 Ja ich bin's, du Unglücksel'ge, pgo_176.009 pgo_176.013Ja ich bin's, den du genannt! pgo_176.010 Bin's, den alle Wälder kennen, pgo_176.011 Bin's, den Mörder Bruder nennen, pgo_176.012 Bin der Räuber Jaromir. Grillparzer. pgo_176.014 Jetzt oder nie! Wir sind allein. pgo_176.017 Der Etikette bange Scheidewand pgo_176.018 Jst zwischen Sohn und Vater eingesunken. pgo_176.019 Jetzt oder nie! Ein Sonnenstrahl der Hoffnung pgo_176.020 Glänzt in mir auf. Don Carlos. pgo_176.021Jch habe Niemand -- Niemand -- pgo_176.022 Auf dieser großen weiten Erde Niemand! pgo_176.023 Soweit das Scepter meines Vaters reicht, pgo_176.024 Soweit die Schifffahrt uns're Flaggen sendet pgo_176.025 Jst keine Stelle, keine, keine, wo pgo_176.026 Jch meiner Thränen mich entlasten darf, pgo_176.027 Als diese. Don Carlos. pgo_176.028 pgo_176.031 *) pgo_176.036
Anaphora, Epistrophe, Symploke, Epanalepsis, Epanodos u. s. f. pgo_176.001 pgo_176.007 Ja ich bin's, du Unglücksel'ge, pgo_176.009 pgo_176.013Ja ich bin's, den du genannt! pgo_176.010 Bin's, den alle Wälder kennen, pgo_176.011 Bin's, den Mörder Bruder nennen, pgo_176.012 Bin der Räuber Jaromir. Grillparzer. pgo_176.014 Jetzt oder nie! Wir sind allein. pgo_176.017 Der Etikette bange Scheidewand pgo_176.018 Jst zwischen Sohn und Vater eingesunken. pgo_176.019 Jetzt oder nie! Ein Sonnenstrahl der Hoffnung pgo_176.020 Glänzt in mir auf. Don Carlos. pgo_176.021Jch habe Niemand — Niemand — pgo_176.022 Auf dieser großen weiten Erde Niemand! pgo_176.023 Soweit das Scepter meines Vaters reicht, pgo_176.024 Soweit die Schifffahrt uns're Flaggen sendet pgo_176.025 Jst keine Stelle, keine, keine, wo pgo_176.026 Jch meiner Thränen mich entlasten darf, pgo_176.027 Als diese. Don Carlos. pgo_176.028 pgo_176.031 *) pgo_176.036
Anaphora, Epistrophe, Symploke, Epanalepsis, Epanodos u. s. f. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <div n="5"> <pb facs="#f0198" n="176"/> <p><lb n="pgo_176.001"/> 4) Die <hi rendition="#g">Wiederholung,</hi> durch welche der Ausdruck an Kraft <lb n="pgo_176.002"/> gewinnt, besonders die <hi rendition="#g">Anaphora,</hi> die Wiederholung der Worte am <lb n="pgo_176.003"/> Anfange. Die <hi rendition="#g">Epistrophe,</hi> die Wiederholung der Worte am Ende <lb n="pgo_176.004"/> der Rede, bildete sich in der Lyrik zum Refrain aus. Die Grammatiker <lb n="pgo_176.005"/> haben, je nach der Stelle, an der sich die wiederholten Worte befinden, <lb n="pgo_176.006"/> in gelehrter Spielerei eine Menge von Figuren unterschieden<note xml:id="PGO_176_1" place="foot" n="*)"><lb n="pgo_176.036"/><hi rendition="#g">Anaphora, Epistrophe, Symploke, Epanalepsis, Epanodos</hi> u. s. f.</note>.</p> <p><lb n="pgo_176.007"/> Die <hi rendition="#g">Anaphora</hi> darf nicht zu <hi rendition="#g">häufig</hi> sein, sonst wirkt sie komisch z. B.</p> <lb n="pgo_176.008"/> <lg> <l>Ja ich bin's, du Unglücksel'ge,</l> <lb n="pgo_176.009"/> <l>Ja ich bin's, den du genannt!</l> <lb n="pgo_176.010"/> <l>Bin's, den alle Wälder kennen,</l> <lb n="pgo_176.011"/> <l>Bin's, den Mörder Bruder nennen,</l> <lb n="pgo_176.012"/> <l>Bin der Räuber Jaromir.</l> </lg> <lb n="pgo_176.013"/> <p> <hi rendition="#right"><hi rendition="#g">Grillparzer</hi>.</hi> </p> <p><lb n="pgo_176.014"/> Feurigen Drang der Seele drückt diese Wiederholung sehr oft in den <lb n="pgo_176.015"/> Schiller'schen Dramen aus:</p> <lb n="pgo_176.016"/> <lg> <l><hi rendition="#g">Jetzt oder nie!</hi> Wir sind allein.</l> <lb n="pgo_176.017"/> <l>Der Etikette bange Scheidewand</l> <lb n="pgo_176.018"/> <l>Jst zwischen Sohn und Vater eingesunken.</l> <lb n="pgo_176.019"/> <l><hi rendition="#g">Jetzt oder nie!</hi> Ein Sonnenstrahl der Hoffnung</l> <lb n="pgo_176.020"/> <l>Glänzt in mir auf.</l> </lg> <p> <hi rendition="#right"> <hi rendition="#g">Don Carlos.</hi> </hi> </p> <lb n="pgo_176.021"/> <lg> <l>Jch habe <hi rendition="#g">Niemand</hi> — <hi rendition="#g">Niemand</hi> —</l> <lb n="pgo_176.022"/> <l>Auf dieser großen weiten Erde <hi rendition="#g">Niemand!</hi></l> <lb n="pgo_176.023"/> <l><hi rendition="#g">Soweit</hi> das Scepter meines Vaters reicht,</l> <lb n="pgo_176.024"/> <l><hi rendition="#g">Soweit</hi> die Schifffahrt uns're Flaggen sendet</l> <lb n="pgo_176.025"/> <l>Jst <hi rendition="#g">keine</hi> Stelle, <hi rendition="#g">keine, keine,</hi> wo</l> <lb n="pgo_176.026"/> <l>Jch meiner Thränen mich entlasten darf,</l> <lb n="pgo_176.027"/> <l>Als diese.</l> </lg> <p> <hi rendition="#right"><hi rendition="#g">Don Carlos</hi>.</hi> </p> <p><lb n="pgo_176.028"/> Ueberhaupt verweisen wir auf dies Stück, dessen charakteristischer <lb n="pgo_176.029"/> Styl gerade in dieser Emphase des Gemüthes besteht und von leidenschaftlichen <lb n="pgo_176.030"/> Fragen, Ausrufungen, Anaphoren und Epistrophen wimmelt.</p> <p><lb n="pgo_176.031"/> 5) Die <hi rendition="#g">Steigerung (Klimax</hi>), eine Figur, welche den überzeugenden <lb n="pgo_176.032"/> Gedanken oder den wachsenden Affekt durch immer neue, stufenmäßige <lb n="pgo_176.033"/> Verstärkung des Wortes und des Bildes ausdrückt und in der <lb n="pgo_176.034"/> Regel hyperbolisch schließt. Die korrekte Steigerung verlangt, daß niemals <lb n="pgo_176.035"/> der schwächere Gedanke oder das schwächere Bild hinter das stärkere </p> </div> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [176/0198]
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4) Die Wiederholung, durch welche der Ausdruck an Kraft pgo_176.002
gewinnt, besonders die Anaphora, die Wiederholung der Worte am pgo_176.003
Anfange. Die Epistrophe, die Wiederholung der Worte am Ende pgo_176.004
der Rede, bildete sich in der Lyrik zum Refrain aus. Die Grammatiker pgo_176.005
haben, je nach der Stelle, an der sich die wiederholten Worte befinden, pgo_176.006
in gelehrter Spielerei eine Menge von Figuren unterschieden *).
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Die Anaphora darf nicht zu häufig sein, sonst wirkt sie komisch z. B.
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Ja ich bin's, du Unglücksel'ge, pgo_176.009
Ja ich bin's, den du genannt! pgo_176.010
Bin's, den alle Wälder kennen, pgo_176.011
Bin's, den Mörder Bruder nennen, pgo_176.012
Bin der Räuber Jaromir.
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Grillparzer.
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Feurigen Drang der Seele drückt diese Wiederholung sehr oft in den pgo_176.015
Schiller'schen Dramen aus:
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Der Etikette bange Scheidewand pgo_176.018
Jst zwischen Sohn und Vater eingesunken. pgo_176.019
Jetzt oder nie! Ein Sonnenstrahl der Hoffnung pgo_176.020
Glänzt in mir auf.
Don Carlos.
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Jch meiner Thränen mich entlasten darf, pgo_176.027
Als diese.
Don Carlos.
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Ueberhaupt verweisen wir auf dies Stück, dessen charakteristischer pgo_176.029
Styl gerade in dieser Emphase des Gemüthes besteht und von leidenschaftlichen pgo_176.030
Fragen, Ausrufungen, Anaphoren und Epistrophen wimmelt.
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5) Die Steigerung (Klimax), eine Figur, welche den überzeugenden pgo_176.032
Gedanken oder den wachsenden Affekt durch immer neue, stufenmäßige pgo_176.033
Verstärkung des Wortes und des Bildes ausdrückt und in der pgo_176.034
Regel hyperbolisch schließt. Die korrekte Steigerung verlangt, daß niemals pgo_176.035
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Anaphora, Epistrophe, Symploke, Epanalepsis, Epanodos u. s. f.
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