Gottschall, Rudolph: Poetik. Die Dichtkunst und ihre Technik [v]om Standpunkte der Neuzeit. Breslau, 1858.pgo_239.001 Und sinken Völker in des Verderbens Schlund, pgo_239.003 pgo_239.006Der Satz des Elends bleibt auf des Bechers Grund, pgo_239.004 So oft ihn auch im Strafgerichte pgo_239.005 Schmettert in Scherben die Weltgeschichte. Gottschall. pgo_239.007 b. Die sapphische Strophe. pgo_239.008_ _ _ _ _ || _ _ _ _ _ _- pgo_239.009 pgo_239.012 pgo_239.019 pgo_239.001 Und sinken Völker in des Verderbens Schlund, pgo_239.003 pgo_239.006Der Satz des Elends bleibt auf des Bechers Grund, pgo_239.004 So oft ihn auch im Strafgerichte pgo_239.005 Schmettert in Scherben die Weltgeschichte. Gottschall. pgo_239.007 b. Die sapphische Strophe. pgo_239.008_ ‿ _ ‿ _ ‖ ‿ ‿ _ ‿ _ ‿─ pgo_239.009 pgo_239.012 pgo_239.019 <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <div n="5"> <div n="6"> <pb facs="#f0261" n="239"/> <p> <lb n="pgo_239.001"/> <hi rendition="#g">Gereimt:</hi> </p> <lb n="pgo_239.002"/> <lg> <l>Und sinken Völker in des Verderbens Schlund,</l> <lb n="pgo_239.003"/> <l>Der Satz des Elends bleibt auf des Bechers Grund,</l> <lb n="pgo_239.004"/> <l>So oft ihn auch im Strafgerichte</l> <lb n="pgo_239.005"/> <l>Schmettert in Scherben die Weltgeschichte.</l> </lg> <lb n="pgo_239.006"/> <p> <hi rendition="#right"><hi rendition="#g">Gottschall</hi>.</hi> </p> </div> <div n="6"> <lb n="pgo_239.007"/> <head> <hi rendition="#c">b. <hi rendition="#g">Die sapphische Strophe.</hi></hi> </head> <lb n="pgo_239.008"/> <p> <hi rendition="#right">_ ‿ _ ‿ _ ‖ ‿ ‿ _ ‿ _ ‿<metamark function="metEmph" place="superlinear">─</metamark> <lb n="pgo_239.009"/> _ ‿ _ ‿ _ ‖ ‿ ‿ _ ‿ _ ‿<metamark function="metEmph" place="superlinear">─</metamark> <lb n="pgo_239.010"/> _ ‿ _ ‿ _ ‖ ‿ ‿ _ ‿ _ ‿<metamark function="metEmph" place="superlinear">─</metamark> <lb n="pgo_239.011"/> _ ‿ ‿ _ ‿<metamark function="metEmph" place="superlinear">─</metamark></hi> </p> <p><lb n="pgo_239.012"/> Wie in der älcäischen Strophe der jambische, so überwiegt in der <lb n="pgo_239.013"/> sapphischen der trochäische Gang. Die drei ersten Zeilen sind ganz gleich. <lb n="pgo_239.014"/> Eine trochäische Dipodie beginnt den Vers, die in einer männlichen Länge <lb n="pgo_239.015"/> vor der Cäsur austönt; dann tritt ein Anapäst und ein Jambus ein; <lb n="pgo_239.016"/> der jambische Gang wird aber wieder durch die Nachschlagsylbe gemildert <lb n="pgo_239.017"/> und dem trochäischen genähert. Die vierte Zeile, welche die Strophe abrundend <lb n="pgo_239.018"/> austönen läßt, besteht aus einem Daktylus und einem Trochäus.</p> <p><lb n="pgo_239.019"/><hi rendition="#g">Horaz</hi> hat die Cäsur stets streng beobachtet! Läßt man sie außer <lb n="pgo_239.020"/> Acht, wie es die meisten andern Dichter gethan, so wird der Charakter <lb n="pgo_239.021"/> des Verses wesentlich verändert. Wir erhalten zwei trochäische Dipodieen, <lb n="pgo_239.022"/> zwischen denen ein Daktylus steht. Dadurch wird aber der Vers bei <lb n="pgo_239.023"/> weitem einförmiger, während er durch die Cäsur, wie die alcäische <lb n="pgo_239.024"/> Strophe, in zwei Hälften von entgegengesetztem Gange abgetheilt wird, <lb n="pgo_239.025"/> als deren höhere Einheit der Vers einen charakteristisch bewegten Charakter <lb n="pgo_239.026"/> erhält. Gerade der Anapäst nach der Cäsur giebt dem Vers, der in <lb n="pgo_239.027"/> Trochäen sinnig anfängt, eine heitere Beweglichkeit. So eignet sich die <lb n="pgo_239.028"/> Strophe, welche die Dichterin Sappho in ihren liebeglühenden Gedichten <lb n="pgo_239.029"/> vorzugsweise angewendet, für getragene Heiterkeit'oder innige Gluth. Sie <lb n="pgo_239.030"/> ist subjektiver, als die alcäische, durch ihren Trochäenfall mehr nach innen <lb n="pgo_239.031"/> gewendet, in der letzten Zeile, dem <hi rendition="#g">adonischen Vers,</hi> mit anmuthigem <lb n="pgo_239.032"/> Schmerze austönend. Allzuhäufige Spondäen, wenn sie auch in der <lb n="pgo_239.033"/> zweiten Stelle der Dipodie verstattet sind, machen den Gang der Strophe </p> </div> </div> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [239/0261]
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Gereimt:
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Und sinken Völker in des Verderbens Schlund, pgo_239.003
Der Satz des Elends bleibt auf des Bechers Grund, pgo_239.004
So oft ihn auch im Strafgerichte pgo_239.005
Schmettert in Scherben die Weltgeschichte.
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Gottschall.
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b. Die sapphische Strophe. pgo_239.008
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Wie in der älcäischen Strophe der jambische, so überwiegt in der pgo_239.013
sapphischen der trochäische Gang. Die drei ersten Zeilen sind ganz gleich. pgo_239.014
Eine trochäische Dipodie beginnt den Vers, die in einer männlichen Länge pgo_239.015
vor der Cäsur austönt; dann tritt ein Anapäst und ein Jambus ein; pgo_239.016
der jambische Gang wird aber wieder durch die Nachschlagsylbe gemildert pgo_239.017
und dem trochäischen genähert. Die vierte Zeile, welche die Strophe abrundend pgo_239.018
austönen läßt, besteht aus einem Daktylus und einem Trochäus.
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Horaz hat die Cäsur stets streng beobachtet! Läßt man sie außer pgo_239.020
Acht, wie es die meisten andern Dichter gethan, so wird der Charakter pgo_239.021
des Verses wesentlich verändert. Wir erhalten zwei trochäische Dipodieen, pgo_239.022
zwischen denen ein Daktylus steht. Dadurch wird aber der Vers bei pgo_239.023
weitem einförmiger, während er durch die Cäsur, wie die alcäische pgo_239.024
Strophe, in zwei Hälften von entgegengesetztem Gange abgetheilt wird, pgo_239.025
als deren höhere Einheit der Vers einen charakteristisch bewegten Charakter pgo_239.026
erhält. Gerade der Anapäst nach der Cäsur giebt dem Vers, der in pgo_239.027
Trochäen sinnig anfängt, eine heitere Beweglichkeit. So eignet sich die pgo_239.028
Strophe, welche die Dichterin Sappho in ihren liebeglühenden Gedichten pgo_239.029
vorzugsweise angewendet, für getragene Heiterkeit'oder innige Gluth. Sie pgo_239.030
ist subjektiver, als die alcäische, durch ihren Trochäenfall mehr nach innen pgo_239.031
gewendet, in der letzten Zeile, dem adonischen Vers, mit anmuthigem pgo_239.032
Schmerze austönend. Allzuhäufige Spondäen, wenn sie auch in der pgo_239.033
zweiten Stelle der Dipodie verstattet sind, machen den Gang der Strophe
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