Gottschall, Rudolph: Poetik. Die Dichtkunst und ihre Technik [v]om Standpunkte der Neuzeit. Breslau, 1858.pgo_241.001 _ _- _ _ _ _ | _ _ _ _ _ _ pgo_241.002 Schön ist Mutter Natur, deiner Erfindung Pracht pgo_241.006 pgo_241.009Auf die Fluren verstreut, schöner ein froh Gemüth, pgo_241.007 Das den großen Gedanken pgo_241.008 Deiner Schöpfung noch einmal denkt. Klopstock. pgo_241.010 Um die Wipfel des Parks dämmert des Mondes Strahl, pgo_241.023 Tief in Schweigen gehüllt schlummert das Schattenthal. pgo_241.024 Längst ist mit Blüthen und Liedern der Lenz entflohn, pgo_241.025 Gelbliche Blätter verstreuen die Winde schon, pgo_241.026 Saat der Vergänglichkeit, welkes Laub pgo_241.027 Raschelt im Staub. Gottschall. pgo_241.028 _ _- _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _. pgo_241.031 d. Die großen Odenstrophen. pgo_241.032 pgo_241.001 _ ‿─ _ ‿ ‿ _ | _ ‿ ‿ _ ‿ _̆ pgo_241.002 Schön ist Mutter Natur, deiner Erfindung Pracht pgo_241.006 pgo_241.009Auf die Fluren verstreut, schöner ein froh Gemüth, pgo_241.007 Das den großen Gedanken pgo_241.008 Deiner Schöpfung noch einmal denkt. Klopstock. pgo_241.010 Um die Wipfel des Parks dämmert des Mondes Strahl, pgo_241.023 Tief in Schweigen gehüllt schlummert das Schattenthal. pgo_241.024 Längst ist mit Blüthen und Liedern der Lenz entflohn, pgo_241.025 Gelbliche Blätter verstreuen die Winde schon, pgo_241.026 Saat der Vergänglichkeit, welkes Laub pgo_241.027 Raschelt im Staub. Gottschall. pgo_241.028 _ ‿─ _ ‿ ‿ _ _ ‿ ‿ _ _ ‿ ‿ _ ‿ _‧ pgo_241.031 d. Die großen Odenstrophen. pgo_241.032 <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <div n="5"> <div n="6"> <pb facs="#f0263" n="241"/> <lb n="pgo_241.001"/> <p> <hi rendition="#right">_ ‿<metamark function="metEmph" place="superlinear">─</metamark> _ ‿ ‿ _ | _ ‿ ‿ _ ‿ _̆ <lb n="pgo_241.002"/> _ ‿<metamark function="metEmph" place="superlinear">─</metamark> _ ‿ ‿ _ | _ ‿ ‿ _ ‿ _̆ <lb n="pgo_241.003"/> _ ‿ _ ‿ ‿ _ ‿ <lb n="pgo_241.004"/> _ ‿<metamark function="metEmph" place="superlinear">─</metamark> _ ‿ ‿ _ ‿ _</hi> </p> <lb n="pgo_241.005"/> <lg> <l>Schön ist Mutter Natur, deiner Erfindung Pracht</l> <lb n="pgo_241.006"/> <l>Auf die Fluren verstreut, schöner ein froh Gemüth,</l> <lb n="pgo_241.007"/> <l> Das den großen Gedanken</l> <lb n="pgo_241.008"/> <l>Deiner Schöpfung noch einmal denkt.</l> </lg> <lb n="pgo_241.009"/> <p> <hi rendition="#right"><hi rendition="#g">Klopstock</hi>.</hi> </p> <p><lb n="pgo_241.010"/> Die choriambische Grundlage giebt allen diesen Strophen einen <lb n="pgo_241.011"/> geflügelten Gang, der aber bedeutend durch die vorn und hinten angehängten <lb n="pgo_241.012"/> Gewichte ermäßigt wird. Nur die glykonischen Verse, einzeln <lb n="pgo_241.013"/> gebraucht, eignen sich zum leichthinhüpfenden Ausdruck eines heitern <lb n="pgo_241.014"/> Jnhaltes. Durch die zwei Choriamben wird der Gedanke immer wieder <lb n="pgo_241.015"/> mit einem gewissen Schwung auf sich selbst zurückgeworfen, so daß sich <lb n="pgo_241.016"/> die asklepiadäischen Verse eben so für einen schwunghaften, ernsten, ja <lb n="pgo_241.017"/> melancholischen Jnhalt eignen. Jch habe auch diese Verse in ihrer verschiedenen <lb n="pgo_241.018"/> Form zu reimen versucht, zugleich auf ihrer Grundlage neue <lb n="pgo_241.019"/> Strophen aufgebaut, für deren Architektonik der Reim ein willkommener <lb n="pgo_241.020"/> Schlußstein ist. Das Festhalten des choriambischen Grundtones ist bei <lb n="pgo_241.021"/> dieser Strophenbildung wesentlich:</p> <lb n="pgo_241.022"/> <lg> <l>Um die Wipfel des Parks dämmert des Mondes Strahl,</l> <lb n="pgo_241.023"/> <l>Tief in Schweigen gehüllt schlummert das Schattenthal.</l> <lb n="pgo_241.024"/> <l>Längst ist mit Blüthen und Liedern der Lenz entflohn,</l> <lb n="pgo_241.025"/> <l>Gelbliche Blätter verstreuen die Winde schon,</l> <lb n="pgo_241.026"/> <l>Saat der Vergänglichkeit, welkes Laub</l> <lb n="pgo_241.027"/> <l>Raschelt im Staub.</l> </lg> <p> <hi rendition="#right"><hi rendition="#g">Gottschall</hi>.</hi> </p> <p><lb n="pgo_241.028"/> Der größere asklepiadäische Vers erhält einen ernsteren Charakter <lb n="pgo_241.029"/> durch das Hinzukommen eines Choriambus:</p> <lb n="pgo_241.030"/> <p> <hi rendition="#right">_ ‿<metamark function="metEmph" place="superlinear">─</metamark> _ ‿ ‿ _ _ ‿ ‿ _ _ ‿ ‿ _ ‿ _‧</hi> </p> </div> <div n="6"> <lb n="pgo_241.031"/> <head> <hi rendition="#c">d. <hi rendition="#g">Die großen Odenstrophen.</hi></hi> </head> <p><lb n="pgo_241.032"/><hi rendition="#g">Pindar</hi> und die chorische Lyrik der attischen Tragödie bildeten die <lb n="pgo_241.033"/> Plastik des griechischen Rhythmus zu langen und wechselnden Reihen <lb n="pgo_241.034"/> aus, deren Gang eine höchst kunstvolle Zusammensetzung der Versfüße <lb n="pgo_241.035"/> enthält. Der daktylische und choriambische Gang wird durch Spondäen </p> </div> </div> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [241/0263]
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Deiner Schöpfung noch einmal denkt.
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Klopstock.
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Die choriambische Grundlage giebt allen diesen Strophen einen pgo_241.011
geflügelten Gang, der aber bedeutend durch die vorn und hinten angehängten pgo_241.012
Gewichte ermäßigt wird. Nur die glykonischen Verse, einzeln pgo_241.013
gebraucht, eignen sich zum leichthinhüpfenden Ausdruck eines heitern pgo_241.014
Jnhaltes. Durch die zwei Choriamben wird der Gedanke immer wieder pgo_241.015
mit einem gewissen Schwung auf sich selbst zurückgeworfen, so daß sich pgo_241.016
die asklepiadäischen Verse eben so für einen schwunghaften, ernsten, ja pgo_241.017
melancholischen Jnhalt eignen. Jch habe auch diese Verse in ihrer verschiedenen pgo_241.018
Form zu reimen versucht, zugleich auf ihrer Grundlage neue pgo_241.019
Strophen aufgebaut, für deren Architektonik der Reim ein willkommener pgo_241.020
Schlußstein ist. Das Festhalten des choriambischen Grundtones ist bei pgo_241.021
dieser Strophenbildung wesentlich:
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Um die Wipfel des Parks dämmert des Mondes Strahl, pgo_241.023
Tief in Schweigen gehüllt schlummert das Schattenthal. pgo_241.024
Längst ist mit Blüthen und Liedern der Lenz entflohn, pgo_241.025
Gelbliche Blätter verstreuen die Winde schon, pgo_241.026
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Raschelt im Staub.
Gottschall.
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Der größere asklepiadäische Vers erhält einen ernsteren Charakter pgo_241.029
durch das Hinzukommen eines Choriambus:
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d. Die großen Odenstrophen. pgo_241.032
Pindar und die chorische Lyrik der attischen Tragödie bildeten die pgo_241.033
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aus, deren Gang eine höchst kunstvolle Zusammensetzung der Versfüße pgo_241.035
enthält. Der daktylische und choriambische Gang wird durch Spondäen
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