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Gottschall, Rudolph: Poetik. Die Dichtkunst und ihre Technik [v]om Standpunkte der Neuzeit. Breslau, 1858.

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Götter und Helden durch Erfindungen zu ersetzen, welche in Wahrheit pgo_357.002
erst den Namen einer Göttermaschinerie verdienten, indem sie an die pgo_357.003
theatralischen Flugmaschinen und Wolkenwagen erinnerten.

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Die Grundgesetze des epischen Styls gelten natürlich auch für das pgo_357.005
Kunstepos, dessen Hauptverdienst es ist, seine Traditionen durch die Jahrhunderte pgo_357.006
fortgepflanzt zu haben. Das Ziel des Kunstepos kann nur eine pgo_357.007
Erfüllung mit volksthümlichem Gehalte sein; in seinen gelungensten pgo_357.008
Schöpfungen steht es diesem Ziele nahe, das auch für unser Jahrhundert pgo_357.009
nicht aus den Augen gerückt sein dürfte. Man hat allerdings den Roman pgo_357.010
das Epos der Neuzeit genannt; aber so geeignet seine Form für weitgehende pgo_357.011
Entwickelungen eines vielseitigen Jnhaltes und der ganzen pgo_357.012
realistischen Lebenspoesie ist, so darf man doch nicht vergessen, daß seine pgo_357.013
Kunstform nicht die höchste sein, nicht eine höhere für die Gegenwart und pgo_357.014
Zukunft ausschließen kann. Denn indem der Roman den Kammerdiener pgo_357.015
des Helden zu spielen das Recht hat, ist er der Höhe großer historischer pgo_357.016
Persönlichkeiten und Begebenheiten nicht angemessen und läßt zunächst pgo_357.017
das Bereich des Weltgeschichtlichen für eine epische Dichtung offen, pgo_357.018
welche durch eine mehr würdevolle und getragene Form auch das historisch pgo_357.019
Gegebene zu adeln vermag. Schiller trug sich in verschiedenen Epochen pgo_357.020
seines Lebens mit dem Gedanken eines solchen modernhistorischen Epos, pgo_357.021
zu dessen Helden er bald Friedrich den Großen, bald Gustav Adolph wählen pgo_357.022
wollte. Jn Bezug auf den ersteren Stoff schreibt er: "Die Jdee, ein pgo_357.023
episches Gedicht aus einer merkwürdigen Action Friedrich's des Zweiten pgo_357.024
zu machen, ist gar nicht zu verwerfen, nur kommt sie für sechs bis acht pgo_357.025
Jahre für mich zu früh. Alle Schwierigkeiten, die von der so nahen pgo_357.026
Modernität dieses Süjets entstehen, und die anscheinende Unverträglichkeit pgo_357.027
des epischen Tons mit einem gleichzeitigen Gegenstande würden mich pgo_357.028
so sehr nicht schrecken. -- Ein episches Gedicht im achtzehnten Jahrhundert pgo_357.029
muß ein ganz anderes Ding sein, als eines in der Kindheit der Welt. pgo_357.030
Und eben das ist's, was mich an dieser Jdee so anzieht. Unsere Sitten, pgo_357.031
der feinste Duft unserer Philosophieen, unsere Verfassungen, Häuslichkeit, pgo_357.032
Künste, kurz Alles muß auf eine ungezwungene Art darin niedergelegt pgo_357.033
werden und in einer schönen harmonischen Freiheit leben, sowie in der pgo_357.034
Jliade alle Zweige der griechischen Kultur u. s. w. anschaulich leben. Jch pgo_357.035
bin auch gar nicht abgeneigt, mir eine Maschinerie dazu zu erfinden, denn

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Götter und Helden durch Erfindungen zu ersetzen, welche in Wahrheit pgo_357.002
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theatralischen Flugmaschinen und Wolkenwagen erinnerten.

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Kunstepos, dessen Hauptverdienst es ist, seine Traditionen durch die Jahrhunderte pgo_357.006
fortgepflanzt zu haben. Das Ziel des Kunstepos kann nur eine pgo_357.007
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Schöpfungen steht es diesem Ziele nahe, das auch für unser Jahrhundert pgo_357.009
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Zitationshilfe: Gottschall, Rudolph: Poetik. Die Dichtkunst und ihre Technik [v]om Standpunkte der Neuzeit. Breslau, 1858, S. 357. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gottschall_poetik_1858/379>, abgerufen am 22.11.2024.