Gottsched, Luise Adelgunde Victorie: Die Pietisterey im Fischbein-Rocke. Rostock, 1736.im Fischbein-Rocke. Frau Bettelsackin. Was meynt ihr damit? Cathrine. Nicht viel; Sie versteht mich wohl! Ein jeder muß doch von seinem Handwercke leben, es sey so klein, als es immer wolle. Die Einnehmer bezah- len sich von der Einnahme. Frau Bettelsackin. Ach! das gieng vor diesem wohl an, als unsere Herren noch nicht so eigennützig waren; Aber jetzo haben sie so viel Muhmen und Vettern - - - - Mit einem Worte: Die Geistlichen verzehren uns. Doch, ich habe keine Zeit zu plaudern. Meldet mich nur drinnen. Cathrine. Jch gehe. Zweyter Auftritt. Frau Bettelsackin alleine. Unterdessen will ich mein Register übersehen: (Sie liest:) Ver- E
im Fiſchbein-Rocke. Frau Bettelſackin. Was meynt ihr damit? Cathrine. Nicht viel; Sie verſteht mich wohl! Ein jeder muß doch von ſeinem Handwercke leben, es ſey ſo klein, als es immer wolle. Die Einnehmer bezah- len ſich von der Einnahme. Frau Bettelſackin. Ach! das gieng vor dieſem wohl an, als unſere Herren noch nicht ſo eigennuͤtzig waren; Aber jetzo haben ſie ſo viel Muhmen und Vettern ‒ ‒ ‒ ‒ Mit einem Worte: Die Geiſtlichen verzehren uns. Doch, ich habe keine Zeit zu plaudern. Meldet mich nur drinnen. Cathrine. Jch gehe. Zweyter Auftritt. Frau Bettelſackin alleine. Unterdeſſen will ich mein Regiſter uͤberſehen: (Sie lieſt:) Ver- E
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <pb facs="#f0085" n="65"/> <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">im Fiſchbein-Rocke.</hi> </fw><lb/> <sp who="#BETT"> <speaker> <hi rendition="#c"> <hi rendition="#fr">Frau Bettelſackin.</hi> </hi> </speaker><lb/> <p>Was meynt ihr damit?</p> </sp><lb/> <sp who="#CAT"> <speaker> <hi rendition="#c"> <hi rendition="#fr">Cathrine.</hi> </hi> </speaker><lb/> <p>Nicht viel; Sie verſteht mich wohl! Ein jeder<lb/> muß doch von ſeinem Handwercke leben, es ſey ſo<lb/> klein, als es immer wolle. Die Einnehmer bezah-<lb/> len ſich von der Einnahme.</p> </sp><lb/> <sp who="#BETT"> <speaker> <hi rendition="#c"> <hi rendition="#fr">Frau Bettelſackin.</hi> </hi> </speaker><lb/> <p>Ach! das gieng vor dieſem wohl an, als unſere<lb/> Herren noch nicht ſo eigennuͤtzig waren; Aber jetzo<lb/> haben ſie ſo viel Muhmen und Vettern ‒ ‒ ‒ ‒<lb/> Mit einem Worte: Die Geiſtlichen verzehren uns.<lb/> Doch, ich habe keine Zeit zu plaudern. Meldet<lb/> mich nur drinnen.</p> </sp><lb/> <sp who="#CAT"> <speaker> <hi rendition="#c"> <hi rendition="#fr">Cathrine.</hi> </hi> </speaker><lb/> <p>Jch gehe.</p> </sp> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <div n="3"> <head> <hi rendition="#b">Zweyter Auftritt.<lb/> Frau Bettelſackin alleine.</hi> </head><lb/> <p>Unterdeſſen will ich mein Regiſter uͤberſehen:<lb/> Mich duͤnckt, die Barmhertzigkeit faͤngt an zu er-<lb/> kalten. Es iſt wahr, ich bin in einem ſchlimmen<lb/> Qvartier. Ach! waͤre ich nur auf dem Trag-<lb/> heim, oder auf dem Roß-Garten, ſo ſollte meine<lb/> Liſte wohl ſtaͤrcker ſeyn.</p> <stage>(Sie lieſt:)</stage><lb/> <fw place="bottom" type="sig">E</fw> <fw place="bottom" type="catch"> <hi rendition="#b">Ver-</hi> </fw><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [65/0085]
im Fiſchbein-Rocke.
Frau Bettelſackin.
Was meynt ihr damit?
Cathrine.
Nicht viel; Sie verſteht mich wohl! Ein jeder
muß doch von ſeinem Handwercke leben, es ſey ſo
klein, als es immer wolle. Die Einnehmer bezah-
len ſich von der Einnahme.
Frau Bettelſackin.
Ach! das gieng vor dieſem wohl an, als unſere
Herren noch nicht ſo eigennuͤtzig waren; Aber jetzo
haben ſie ſo viel Muhmen und Vettern ‒ ‒ ‒ ‒
Mit einem Worte: Die Geiſtlichen verzehren uns.
Doch, ich habe keine Zeit zu plaudern. Meldet
mich nur drinnen.
Cathrine.
Jch gehe.
Zweyter Auftritt.
Frau Bettelſackin alleine.
Unterdeſſen will ich mein Regiſter uͤberſehen:
Mich duͤnckt, die Barmhertzigkeit faͤngt an zu er-
kalten. Es iſt wahr, ich bin in einem ſchlimmen
Qvartier. Ach! waͤre ich nur auf dem Trag-
heim, oder auf dem Roß-Garten, ſo ſollte meine
Liſte wohl ſtaͤrcker ſeyn.
(Sie lieſt:)
Ver-
E
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/gottsched_pietisterey_1736 |
URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/gottsched_pietisterey_1736/85 |
Zitationshilfe: | Gottsched, Luise Adelgunde Victorie: Die Pietisterey im Fischbein-Rocke. Rostock, 1736, S. 65. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gottsched_pietisterey_1736/85>, abgerufen am 17.07.2024. |