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Gottsched, Johann Christoph: Versuch einer Critischen Dichtkunst vor die Deutschen. Leipzig, 1730.

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Von Sinn- und Schertz-Gedichten.
Jch wünschte nichts als deine Gnad und Güte,
Jch fand sie auch, und war vergnügt:
Nun hast du mich durch Großmuth noch besiegt;
Und das verwirret mein Gemüthe.
Kein Silber kan mein Auge blenden,
Doch schätz ich deiner Gabe Werth,
Sehr hoch, nach deinen theuren Händen,
Von welchen mir dieselbe wiederfährt.
Eins, große Frau, wirst du erlauben müssen,
Verstatte mir aus Danckbarkeit,
Die Hand, so mich beschenckt, zu küssen.
VII. An die Frau von Ziegler bey Ueberschickung
eines Gedichtes.

Madrigal.
HJer kommt, gepriesne Frau, das jüngstverlangte Blatt,
Das dir dein Knecht versprochen hat,
Es zollt zugleich aus redlichem Gemüthe,
Den treuen Danck vor deine Gütigkeit.
Jch schreibe die, bey dir verbrachte Zeit,
Zur Glücklichsten in meinem Leben.
Noch mehr, ich ehre deinen Geist,
Und werde stets das Zeugniß geben,
Daß du kein Musen-Kind, nein Pallas selber seyst.
VIII. Ueber die Gedichte der Frau D. Volckmannin,
einer geschickten Poetin in Liegnitz.
GEschickte Dichterin, dein reines Seytenspiel
Gefällt auch Schlesien, so wie es uns gefiel.
Doch warum zogest du von unsern Meißner-Linden?
Hier spielt und singt ja auch die edle Zieglerin?
Jedoch mir kommt bereits die Ursach in den Sinn:
Zwey Wunder pflegt man nicht in einer Stadt zu finden.
IX. Ueber die Poesien eines jungen Frauenzimmers in Danzig,
Madem. L. A. V. Kulmus.
WAs muß doch vor ein Geist auf unsrer Kulmus ruhn?
Kan sich die Jugend denn mit solchem Witze paaren?
Sie dichtet schon so schön in ihren Frühlings-Jahren,
Als andre Dichter kaum im späten Sommer thun.
Ach Preußen stutze nicht! hier schlägt noch wie vorzeiten,
Die edle Mollerin durch ihre Hand die Seyten.
Auf
Von Sinn- und Schertz-Gedichten.
Jch wuͤnſchte nichts als deine Gnad und Guͤte,
Jch fand ſie auch, und war vergnuͤgt:
Nun haſt du mich durch Großmuth noch beſiegt;
Und das verwirret mein Gemuͤthe.
Kein Silber kan mein Auge blenden,
Doch ſchaͤtz ich deiner Gabe Werth,
Sehr hoch, nach deinen theuren Haͤnden,
Von welchen mir dieſelbe wiederfaͤhrt.
Eins, große Frau, wirſt du erlauben muͤſſen,
Verſtatte mir aus Danckbarkeit,
Die Hand, ſo mich beſchenckt, zu kuͤſſen.
VII. An die Frau von Ziegler bey Ueberſchickung
eines Gedichtes.

Madrigal.
HJer kommt, geprieſne Frau, das juͤngſtverlangte Blatt,
Das dir dein Knecht verſprochen hat,
Es zollt zugleich aus redlichem Gemuͤthe,
Den treuen Danck vor deine Guͤtigkeit.
Jch ſchreibe die, bey dir verbrachte Zeit,
Zur Gluͤcklichſten in meinem Leben.
Noch mehr, ich ehre deinen Geiſt,
Und werde ſtets das Zeugniß geben,
Daß du kein Muſen-Kind, nein Pallas ſelber ſeyſt.
VIII. Ueber die Gedichte der Frau D. Volckmannin,
einer geſchickten Poetin in Liegnitz.
GEſchickte Dichterin, dein reines Seytenſpiel
Gefaͤllt auch Schleſien, ſo wie es uns gefiel.
Doch warum zogeſt du von unſern Meißner-Linden?
Hier ſpielt und ſingt ja auch die edle Zieglerin?
Jedoch mir kommt bereits die Urſach in den Sinn:
Zwey Wunder pflegt man nicht in einer Stadt zu finden.
IX. Ueber die Poeſien eines jungen Frauenzimmers in Danzig,
Madem. L. A. V. Kulmus.
WAs muß doch vor ein Geiſt auf unſrer Kulmus ruhn?
Kan ſich die Jugend denn mit ſolchem Witze paaren?
Sie dichtet ſchon ſo ſchoͤn in ihren Fruͤhlings-Jahren,
Als andre Dichter kaum im ſpaͤten Sommer thun.
Ach Preußen ſtutze nicht! hier ſchlaͤgt noch wie vorzeiten,
Die edle Mollerin durch ihre Hand die Seyten.
Auf
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[495/0523] Von Sinn- und Schertz-Gedichten. Jch wuͤnſchte nichts als deine Gnad und Guͤte, Jch fand ſie auch, und war vergnuͤgt: Nun haſt du mich durch Großmuth noch beſiegt; Und das verwirret mein Gemuͤthe. Kein Silber kan mein Auge blenden, Doch ſchaͤtz ich deiner Gabe Werth, Sehr hoch, nach deinen theuren Haͤnden, Von welchen mir dieſelbe wiederfaͤhrt. Eins, große Frau, wirſt du erlauben muͤſſen, Verſtatte mir aus Danckbarkeit, Die Hand, ſo mich beſchenckt, zu kuͤſſen. VII. An die Frau von Ziegler bey Ueberſchickung eines Gedichtes. Madrigal. HJer kommt, geprieſne Frau, das juͤngſtverlangte Blatt, Das dir dein Knecht verſprochen hat, Es zollt zugleich aus redlichem Gemuͤthe, Den treuen Danck vor deine Guͤtigkeit. Jch ſchreibe die, bey dir verbrachte Zeit, Zur Gluͤcklichſten in meinem Leben. Noch mehr, ich ehre deinen Geiſt, Und werde ſtets das Zeugniß geben, Daß du kein Muſen-Kind, nein Pallas ſelber ſeyſt. VIII. Ueber die Gedichte der Frau D. Volckmannin, einer geſchickten Poetin in Liegnitz. GEſchickte Dichterin, dein reines Seytenſpiel Gefaͤllt auch Schleſien, ſo wie es uns gefiel. Doch warum zogeſt du von unſern Meißner-Linden? Hier ſpielt und ſingt ja auch die edle Zieglerin? Jedoch mir kommt bereits die Urſach in den Sinn: Zwey Wunder pflegt man nicht in einer Stadt zu finden. IX. Ueber die Poeſien eines jungen Frauenzimmers in Danzig, Madem. L. A. V. Kulmus. WAs muß doch vor ein Geiſt auf unſrer Kulmus ruhn? Kan ſich die Jugend denn mit ſolchem Witze paaren? Sie dichtet ſchon ſo ſchoͤn in ihren Fruͤhlings-Jahren, Als andre Dichter kaum im ſpaͤten Sommer thun. Ach Preußen ſtutze nicht! hier ſchlaͤgt noch wie vorzeiten, Die edle Mollerin durch ihre Hand die Seyten. Auf

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Zitationshilfe: Gottsched, Johann Christoph: Versuch einer Critischen Dichtkunst vor die Deutschen. Leipzig, 1730, S. 495. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gottsched_versuch_1730/523>, abgerufen am 22.11.2024.