als sie, kaum offen war? Unter der holländischen Herrschaft fuhr unsere kaum erstandene Industrie in ihrer Entwicklung fort, die Maaßregeln der Regierung hielten uns auf diesem Wege. Und überdieß hatten wir ein Volk von Schiffern und Handelsleuten zum Associe, das dabei interessirt war, uns in Produktion der von ihm auszuführenden und zu verkaufenden Artikel beschäftigt zu erhalten. Ein neuer Beweis, wie wahr es ist, daß die Gaben eines Volkes sich trotz aller Hindernisse immer Bahn brechen, ist endlich, daß wir in den letzten Jahren vor 1830 in Antwerpen und Gent wieder angefangen hatten, uns des Handels zu bemächtigen, ohne deshalb weniger Kräfte in der Industrie zu entwickeln. Zur Zeit der Revolution waren wir zu gleicher Zeit Producenten und Kaufleute. Zehn Jahre lang waren unsere Häfen geschlossen oder unzugänglich, der eine Theil unserer Kräfte war niedergehalten, und die im physischen wie moralischen Leben oft beobachtete Erscheinung that sich kund, daß die noch thätige Seite unserer Kräfte ein Uebermaß von Lebensfähigkeit entwickelte. Unser industrieller Un¬ ternehmungsgeist, früher so weise, artete in's Abenteuerliche aus. Der sonst geregelte Zufluß von Arbeit und Capital nach der Produktion ward plötzlich zum reißenden Gießbache. Der sonst mäßige und geduldige Spe¬ kulationsgeist artete in eine heftige Sucht aus, schnell reich zu werden und wurde zur zügellosen Agiotage. Also wurden Steinkohlen- und Eisenarbei¬ ter in unmäßigem Verhältniß zum Bedarf und Verbrauchs producirt, un¬ zählige neue Fabrikationsgattungen wurden etablirt, die ältern auf's Un¬ mäßigste vermehrt mit einer Verwegenheit und Tollkühnheit, die an Wahn¬ witz grenzte.
"Aber der unvermeidliche Ruhepunkt ist erreicht, und mit ihm die Epoche einer heilsamen Modifikation in Lenkung unseres angebornen Thä- tigkeitstriebes. Hier ist der Ort auf die vierte Frage zu antworten: Was wird weiter aus uns werden?
"Wir sind für viele Jahre über Bedürfniß mit Werkzeugen für die Produktion ausgestattet, wir haben weit mehr Hochöfen erbaut, mehr Koh¬ lenminen geöffnet, mehr Fabriken erbaut und hergestellt, als wir bedürfen; die Reichthümer des Landes müssen also anstatt fernerhin so unfruchtbar an¬ gelegt zu werden, anderweitige Wege einschlagen und mit ihnen der Geist, der sie leitet, die Arme die sie verarbeiten. Diese Wege sind der Handel und die Schifffahrt; die gegenwärtige Lage und das Beispiel der Geschichte deutet auf dieselbe hin. Und in der That beschäftigen wir uns damit schon einige Zeit. Wie früher beständig ein neuer Prospektus für die Gründung anonymer Gesellschaften zur Ausbeutung von Kohlen- und Hüttenwerken, so erscheinen jetzt immer neue Programme für entfernte Schifffahrtsunter¬ nehmungen. Sowie die Banquiers früher Aktionäre in London und Paris
als sie, kaum offen war? Unter der holländischen Herrschaft fuhr unsere kaum erstandene Industrie in ihrer Entwicklung fort, die Maaßregeln der Regierung hielten uns auf diesem Wege. Und überdieß hatten wir ein Volk von Schiffern und Handelsleuten zum Associe, das dabei interessirt war, uns in Produktion der von ihm auszuführenden und zu verkaufenden Artikel beschäftigt zu erhalten. Ein neuer Beweis, wie wahr es ist, daß die Gaben eines Volkes sich trotz aller Hindernisse immer Bahn brechen, ist endlich, daß wir in den letzten Jahren vor 1830 in Antwerpen und Gent wieder angefangen hatten, uns des Handels zu bemächtigen, ohne deshalb weniger Kräfte in der Industrie zu entwickeln. Zur Zeit der Revolution waren wir zu gleicher Zeit Producenten und Kaufleute. Zehn Jahre lang waren unsere Häfen geschlossen oder unzugänglich, der eine Theil unserer Kräfte war niedergehalten, und die im physischen wie moralischen Leben oft beobachtete Erscheinung that sich kund, daß die noch thätige Seite unserer Kräfte ein Uebermaß von Lebensfähigkeit entwickelte. Unser industrieller Un¬ ternehmungsgeist, früher so weise, artete in's Abenteuerliche aus. Der sonst geregelte Zufluß von Arbeit und Capital nach der Produktion ward plötzlich zum reißenden Gießbache. Der sonst mäßige und geduldige Spe¬ kulationsgeist artete in eine heftige Sucht aus, schnell reich zu werden und wurde zur zügellosen Agiotage. Also wurden Steinkohlen- und Eisenarbei¬ ter in unmäßigem Verhältniß zum Bedarf und Verbrauchs producirt, un¬ zählige neue Fabrikationsgattungen wurden etablirt, die ältern auf's Un¬ mäßigste vermehrt mit einer Verwegenheit und Tollkühnheit, die an Wahn¬ witz grenzte.
„Aber der unvermeidliche Ruhepunkt ist erreicht, und mit ihm die Epoche einer heilsamen Modifikation in Lenkung unseres angebornen Thä- tigkeitstriebes. Hier ist der Ort auf die vierte Frage zu antworten: Was wird weiter aus uns werden?
„Wir sind für viele Jahre über Bedürfniß mit Werkzeugen für die Produktion ausgestattet, wir haben weit mehr Hochöfen erbaut, mehr Koh¬ lenminen geöffnet, mehr Fabriken erbaut und hergestellt, als wir bedürfen; die Reichthümer des Landes müssen also anstatt fernerhin so unfruchtbar an¬ gelegt zu werden, anderweitige Wege einschlagen und mit ihnen der Geist, der sie leitet, die Arme die sie verarbeiten. Diese Wege sind der Handel und die Schifffahrt; die gegenwärtige Lage und das Beispiel der Geschichte deutet auf dieselbe hin. Und in der That beschäftigen wir uns damit schon einige Zeit. Wie früher beständig ein neuer Prospektus für die Gründung anonymer Gesellschaften zur Ausbeutung von Kohlen- und Hüttenwerken, so erscheinen jetzt immer neue Programme für entfernte Schifffahrtsunter¬ nehmungen. Sowie die Banquiers früher Aktionäre in London und Paris
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als sie, kaum offen war? Unter der holländischen Herrschaft fuhr unsere
kaum erstandene Industrie in ihrer Entwicklung fort, die Maaßregeln der
Regierung hielten uns auf diesem Wege. Und überdieß hatten wir ein
Volk von Schiffern und Handelsleuten zum Associe, das dabei interessirt
war, uns in Produktion der von ihm auszuführenden und zu verkaufenden
Artikel beschäftigt zu erhalten. Ein neuer Beweis, wie wahr es ist, daß
die Gaben eines Volkes sich trotz aller Hindernisse immer Bahn brechen, ist
endlich, daß wir in den letzten Jahren vor 1830 in Antwerpen und Gent
wieder angefangen hatten, uns des Handels zu bemächtigen, ohne deshalb
weniger Kräfte in der Industrie zu entwickeln. Zur Zeit der Revolution
waren wir zu gleicher Zeit Producenten und Kaufleute. Zehn Jahre lang
waren unsere Häfen geschlossen oder unzugänglich, der eine Theil unserer
Kräfte war niedergehalten, und die im physischen wie moralischen Leben oft
beobachtete Erscheinung that sich kund, daß die noch thätige Seite unserer
Kräfte ein Uebermaß von Lebensfähigkeit entwickelte. Unser industrieller Un¬
ternehmungsgeist, früher so weise, artete in's Abenteuerliche aus. Der
sonst geregelte Zufluß von Arbeit und Capital nach der Produktion ward
plötzlich zum reißenden Gießbache. Der sonst mäßige und geduldige Spe¬
kulationsgeist artete in eine heftige Sucht aus, schnell reich zu werden und
wurde zur zügellosen Agiotage. Also wurden Steinkohlen- und Eisenarbei¬
ter in unmäßigem Verhältniß zum Bedarf und Verbrauchs producirt, un¬
zählige neue Fabrikationsgattungen wurden etablirt, die ältern auf's Un¬
mäßigste vermehrt mit einer Verwegenheit und Tollkühnheit, die an Wahn¬
witz grenzte.
„Aber der unvermeidliche Ruhepunkt ist erreicht, und mit ihm die
Epoche einer heilsamen Modifikation in Lenkung unseres angebornen Thä-
tigkeitstriebes. Hier ist der Ort auf die vierte Frage zu antworten: Was
wird weiter aus uns werden?
„Wir sind für viele Jahre über Bedürfniß mit Werkzeugen für die
Produktion ausgestattet, wir haben weit mehr Hochöfen erbaut, mehr Koh¬
lenminen geöffnet, mehr Fabriken erbaut und hergestellt, als wir bedürfen;
die Reichthümer des Landes müssen also anstatt fernerhin so unfruchtbar an¬
gelegt zu werden, anderweitige Wege einschlagen und mit ihnen der Geist,
der sie leitet, die Arme die sie verarbeiten. Diese Wege sind der Handel
und die Schifffahrt; die gegenwärtige Lage und das Beispiel der Geschichte
deutet auf dieselbe hin. Und in der That beschäftigen wir uns damit schon
einige Zeit. Wie früher beständig ein neuer Prospektus für die Gründung
anonymer Gesellschaften zur Ausbeutung von Kohlen- und Hüttenwerken,
so erscheinen jetzt immer neue Programme für entfernte Schifffahrtsunter¬
nehmungen. Sowie die Banquiers früher Aktionäre in London und Paris
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Die Grenzboten. Erster Jahrgang. Leipzig, 1841, S. 264. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_179382_282158/272>, abgerufen am 17.06.2024.
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