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Die Grenzboten. Erster Jahrgang. Leipzig, 1841.

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den elyseischen Feldern drängen, so ordnet man aus Nachahmung in Brüssel
auf jeden: Plätzchen ein anderes Volksspiel an, und vertheilt künstlich die
Massen, ohne Ursache und Grund.

Eine andere Abweichung von den olympischen Spielen ist die, daß zu
viele, und dann, daß Preise von Geldwerth vertheilt werden.

Wenn von sechs Streitern fünf ausgezeichnet werden, so hat der sechste
eine wahre Schmach zu erdulden, und heißt es nicht allen poetischen Hauch
abstreifen, wenn man nicht mehr um die Ehre, sondern um ein Stück Geld
von 600 Franken zu kämpfen hat? Wenn sich zu Elis eine ganze Nation
versammelte, und von den amphitheatralischen Sitzen dem siegenden Sänger
ihren Beifall zujauchzte, und die Eltern ihren Kindern den Beglückten zur
Nachahmung zeigten, der mit einem Lorbeerreis Ehre und Achtung für sein
ganzes Leben davon trug, wahrlich, da mußten andere Gefühle entstehen, bei
Zuschauern und handelnden Personen, als in einer nackten Austheilung von
einigen hundert Franken! Es scheint doch allzu materiell, die Ehre sogleich
abzuzahlen, und darauf hinzuweisen, daß alle diese Anstrengungen (und ich
rechne hierunter ebenfalls die Preisaustheilungen unter die Schüler) doch end¬
lich auf Gelderwerb hinauslaufen.

Daß durch die Studienpreise nur sehr Wenige im Verhältniß ermun¬
tert, alle Andern aber entmuthigt werden, (abgesehen davon, daß man, wie
oben bemerkt, allmälig lernt, nicht um der Sache, sondern um des Preises
willen zu arbeiten,) hat man in Deutschland längst eingesehen, und mit Recht
die Preise abgeschafft. Ebenso bin ich überzeugt, daß die Medaillen die Mu-
sikliebe auf keine Weise fördern. Ich kenne eine Harmoniegesellschaft, die schon
manchen Preis davongetragen hat, gewöhnlich aber ganz miserabel spielt;
nur wenn es gilt, zu einem Concurs zu gehen, macht man sich ans Ueben,
und so gelingt es denn auch, nach einigen Monaten anhaltenden Studiums,
die drei Stücke aufs Pünktchen einzuüben; dieß geschieht aber nicht aus Musik¬
sondern aus Medaillen-Liebe. Waren wohl diese goldnen Spielwerke in
Deutschland nöthig, um Musikliebe zu pflanzen? Wahrlich nicht. Aber die
niederrheinischen, Magdeburger und berliner Musikfeste, das Fest der Mozart¬
stiftung in Frankfurt, die großen Gesangsfeste in Würtemberg, und viele an¬
dere Vereinigungen dieser Art, wo man nicht zusammenkam, um zu zeigen,
daß man es besser als ein Anderer verstehe, sondern um durch die Verbindung
Vieler ein schönes, großes Ganzes hervorzubringen, diese Feste weckten die
Freude an der Ausführung, obgleich man nichts Anderes mit nach Hause
brachte, als die Erinnerung an einen großen und edlen Genuß.

Die Musik hat mit der Tugend das Gemeinschaftliche, daß man nur ihrer
selbst willen sie lieben kann, daher sind Musik- und Tugendpreise gleich un-

den elyseischen Feldern drängen, so ordnet man aus Nachahmung in Brüssel
auf jeden: Plätzchen ein anderes Volksspiel an, und vertheilt künstlich die
Massen, ohne Ursache und Grund.

Eine andere Abweichung von den olympischen Spielen ist die, daß zu
viele, und dann, daß Preise von Geldwerth vertheilt werden.

Wenn von sechs Streitern fünf ausgezeichnet werden, so hat der sechste
eine wahre Schmach zu erdulden, und heißt es nicht allen poetischen Hauch
abstreifen, wenn man nicht mehr um die Ehre, sondern um ein Stück Geld
von 600 Franken zu kämpfen hat? Wenn sich zu Elis eine ganze Nation
versammelte, und von den amphitheatralischen Sitzen dem siegenden Sänger
ihren Beifall zujauchzte, und die Eltern ihren Kindern den Beglückten zur
Nachahmung zeigten, der mit einem Lorbeerreis Ehre und Achtung für sein
ganzes Leben davon trug, wahrlich, da mußten andere Gefühle entstehen, bei
Zuschauern und handelnden Personen, als in einer nackten Austheilung von
einigen hundert Franken! Es scheint doch allzu materiell, die Ehre sogleich
abzuzahlen, und darauf hinzuweisen, daß alle diese Anstrengungen (und ich
rechne hierunter ebenfalls die Preisaustheilungen unter die Schüler) doch end¬
lich auf Gelderwerb hinauslaufen.

Daß durch die Studienpreise nur sehr Wenige im Verhältniß ermun¬
tert, alle Andern aber entmuthigt werden, (abgesehen davon, daß man, wie
oben bemerkt, allmälig lernt, nicht um der Sache, sondern um des Preises
willen zu arbeiten,) hat man in Deutschland längst eingesehen, und mit Recht
die Preise abgeschafft. Ebenso bin ich überzeugt, daß die Medaillen die Mu-
sikliebe auf keine Weise fördern. Ich kenne eine Harmoniegesellschaft, die schon
manchen Preis davongetragen hat, gewöhnlich aber ganz miserabel spielt;
nur wenn es gilt, zu einem Concurs zu gehen, macht man sich ans Ueben,
und so gelingt es denn auch, nach einigen Monaten anhaltenden Studiums,
die drei Stücke aufs Pünktchen einzuüben; dieß geschieht aber nicht aus Musik¬
sondern aus Medaillen-Liebe. Waren wohl diese goldnen Spielwerke in
Deutschland nöthig, um Musikliebe zu pflanzen? Wahrlich nicht. Aber die
niederrheinischen, Magdeburger und berliner Musikfeste, das Fest der Mozart¬
stiftung in Frankfurt, die großen Gesangsfeste in Würtemberg, und viele an¬
dere Vereinigungen dieser Art, wo man nicht zusammenkam, um zu zeigen,
daß man es besser als ein Anderer verstehe, sondern um durch die Verbindung
Vieler ein schönes, großes Ganzes hervorzubringen, diese Feste weckten die
Freude an der Ausführung, obgleich man nichts Anderes mit nach Hause
brachte, als die Erinnerung an einen großen und edlen Genuß.

Die Musik hat mit der Tugend das Gemeinschaftliche, daß man nur ihrer
selbst willen sie lieben kann, daher sind Musik- und Tugendpreise gleich un-

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[43/0051] den elyseischen Feldern drängen, so ordnet man aus Nachahmung in Brüssel auf jeden: Plätzchen ein anderes Volksspiel an, und vertheilt künstlich die Massen, ohne Ursache und Grund. Eine andere Abweichung von den olympischen Spielen ist die, daß zu viele, und dann, daß Preise von Geldwerth vertheilt werden. Wenn von sechs Streitern fünf ausgezeichnet werden, so hat der sechste eine wahre Schmach zu erdulden, und heißt es nicht allen poetischen Hauch abstreifen, wenn man nicht mehr um die Ehre, sondern um ein Stück Geld von 600 Franken zu kämpfen hat? Wenn sich zu Elis eine ganze Nation versammelte, und von den amphitheatralischen Sitzen dem siegenden Sänger ihren Beifall zujauchzte, und die Eltern ihren Kindern den Beglückten zur Nachahmung zeigten, der mit einem Lorbeerreis Ehre und Achtung für sein ganzes Leben davon trug, wahrlich, da mußten andere Gefühle entstehen, bei Zuschauern und handelnden Personen, als in einer nackten Austheilung von einigen hundert Franken! Es scheint doch allzu materiell, die Ehre sogleich abzuzahlen, und darauf hinzuweisen, daß alle diese Anstrengungen (und ich rechne hierunter ebenfalls die Preisaustheilungen unter die Schüler) doch end¬ lich auf Gelderwerb hinauslaufen. Daß durch die Studienpreise nur sehr Wenige im Verhältniß ermun¬ tert, alle Andern aber entmuthigt werden, (abgesehen davon, daß man, wie oben bemerkt, allmälig lernt, nicht um der Sache, sondern um des Preises willen zu arbeiten,) hat man in Deutschland längst eingesehen, und mit Recht die Preise abgeschafft. Ebenso bin ich überzeugt, daß die Medaillen die Mu- sikliebe auf keine Weise fördern. Ich kenne eine Harmoniegesellschaft, die schon manchen Preis davongetragen hat, gewöhnlich aber ganz miserabel spielt; nur wenn es gilt, zu einem Concurs zu gehen, macht man sich ans Ueben, und so gelingt es denn auch, nach einigen Monaten anhaltenden Studiums, die drei Stücke aufs Pünktchen einzuüben; dieß geschieht aber nicht aus Musik¬ sondern aus Medaillen-Liebe. Waren wohl diese goldnen Spielwerke in Deutschland nöthig, um Musikliebe zu pflanzen? Wahrlich nicht. Aber die niederrheinischen, Magdeburger und berliner Musikfeste, das Fest der Mozart¬ stiftung in Frankfurt, die großen Gesangsfeste in Würtemberg, und viele an¬ dere Vereinigungen dieser Art, wo man nicht zusammenkam, um zu zeigen, daß man es besser als ein Anderer verstehe, sondern um durch die Verbindung Vieler ein schönes, großes Ganzes hervorzubringen, diese Feste weckten die Freude an der Ausführung, obgleich man nichts Anderes mit nach Hause brachte, als die Erinnerung an einen großen und edlen Genuß. Die Musik hat mit der Tugend das Gemeinschaftliche, daß man nur ihrer selbst willen sie lieben kann, daher sind Musik- und Tugendpreise gleich un-

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Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription. (2013-11-19T17:23:38Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Bayerische Staatbibliothek: Bereitstellung der Bilddigitalisate (Signatur Per 61 k-1). (2013-11-19T17:23:38Z)

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Art der Texterfassung: OCR.




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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Erster Jahrgang. Leipzig, 1841, S. 43. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_179382_282158/51>, abgerufen am 21.11.2024.