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Die Grenzboten. Erster Jahrgang. Leipzig, 1841.

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vernünftig, und man befördert höchstens auf der einen Seite die Technik, auf
der andern Lohndienerei.

Finge man an, die sich jetzt im Lande vorfindenden musikalischen Kräfte
zu sammeln, und bei dergleichen Festlichkeiten (wie vor einem Jahre in Ant¬
werpen ein Versuch gemacht wurde), große musikalische Aufführungen, wo
möglich gratis, zu veranstalten, so würde eines Theils die Menge mehr er¬
baut werden, andern Theils aber die Liebe zur Musik eine tiefere Wurzel
schlagen, als durch die Medaillenvertheilung.

Ueberhaupt muß bei einem Volksfeste auf eine Erkräftigung des Volkes
und auf ein massenhaftes Einwirken gesehen werden, damit eine bedeutsame
Erinnerung, eine nachhaltende Gefühlserregung bleibt. Ich erinnere mich, als bei
dem Sängerfeste der Mozartstiftung in Frankfurt, die reich verzierten Schiffe
von Hauau, Offenbach und Mainz die eingeladenen Sänger herbeibrachten,
die schon aus der Ferne mit Kanonendonner und fröhlichem Böllerschießen
empfangen wurden, welchen Eindruck es machte, als man bei dem Näherkom¬
men der Schiffe, allmälig zwischen dem Schießen den Gesang der Gäste mehr
und mehr unterschied, wie, als sie endlich, unter dem Wehen der Tücher aus
allen Fenstern, ans Land stiegen, und von dem Präsidenten bewillkommnet
wurden, wie da die ganze Menge in einen freudigen Willkommsruf ausbrach,
und nicht aufhören wollte, Hüte und Tücher zu schwenken -- ein Gefühl, die
freudige, gastliche Ausnahme der Fremden, bewegte Alle. Ich sah da Greise, mit
Thränen in den Augen, dastehen, und hörte sie wiederholt versichern, ein so
schönes Fest noch nicht erlebt zu haben. Und doch, was war's, prosaisch be¬
trachtet? Ein paar verzierte Schiffe, Fremde, die ans Land stiegen, Böller¬
schüsse -- man sollte glauben, nur ein Kind könne davon gerührt werden; aber
das ist's ja gerade, die einfachsten Mittel, wenn sie an das Gefühl sich wenden,
überbieten die glänzendsten, welche für den äußern Sinn berechnet sind.

Ja, man lasse bei Volksfesten das Volk selbst thätig werden, selbst empfin¬
den, und der Zweck ist vollkommen erreicht.

Den eigentlichen Schlußpunct der Feste bildete die glänzende, in gewisser
Beziehung sogar kunstvolle, Beleuchtung des Parks. Man hatte in der That
Nichts gespart. An allen Eingangsthoren, das gegen den königlichen Palast
und gegen das Ständehaus ausgenommen, waren Triumphpforten, theils in
gothischem, theils in türkischem, theils in maurischem, und theils in chinesischem
Geschmacke errichtet, und diese mit farbigen Gläsern auf das Blendendste er¬
leuchtet worden. Dieß brachte, vorzüglich von dem Platze aus, wo der Kiosk
steht, eine überraschende Wirkung hervor, indem man zu gleicher Zeit, in grö¬
ßerer und kleinerer Entfernung, vier dieser Feuerthore roch, blau und weiß er¬
glühen sah, und dazwischen in dem nun freigegebenen Park die dunkeln Men-
schenmassen hin und her wogten.

vernünftig, und man befördert höchstens auf der einen Seite die Technik, auf
der andern Lohndienerei.

Finge man an, die sich jetzt im Lande vorfindenden musikalischen Kräfte
zu sammeln, und bei dergleichen Festlichkeiten (wie vor einem Jahre in Ant¬
werpen ein Versuch gemacht wurde), große musikalische Aufführungen, wo
möglich gratis, zu veranstalten, so würde eines Theils die Menge mehr er¬
baut werden, andern Theils aber die Liebe zur Musik eine tiefere Wurzel
schlagen, als durch die Medaillenvertheilung.

Ueberhaupt muß bei einem Volksfeste auf eine Erkräftigung des Volkes
und auf ein massenhaftes Einwirken gesehen werden, damit eine bedeutsame
Erinnerung, eine nachhaltende Gefühlserregung bleibt. Ich erinnere mich, als bei
dem Sängerfeste der Mozartstiftung in Frankfurt, die reich verzierten Schiffe
von Hauau, Offenbach und Mainz die eingeladenen Sänger herbeibrachten,
die schon aus der Ferne mit Kanonendonner und fröhlichem Böllerschießen
empfangen wurden, welchen Eindruck es machte, als man bei dem Näherkom¬
men der Schiffe, allmälig zwischen dem Schießen den Gesang der Gäste mehr
und mehr unterschied, wie, als sie endlich, unter dem Wehen der Tücher aus
allen Fenstern, ans Land stiegen, und von dem Präsidenten bewillkommnet
wurden, wie da die ganze Menge in einen freudigen Willkommsruf ausbrach,
und nicht aufhören wollte, Hüte und Tücher zu schwenken — ein Gefühl, die
freudige, gastliche Ausnahme der Fremden, bewegte Alle. Ich sah da Greise, mit
Thränen in den Augen, dastehen, und hörte sie wiederholt versichern, ein so
schönes Fest noch nicht erlebt zu haben. Und doch, was war's, prosaisch be¬
trachtet? Ein paar verzierte Schiffe, Fremde, die ans Land stiegen, Böller¬
schüsse — man sollte glauben, nur ein Kind könne davon gerührt werden; aber
das ist's ja gerade, die einfachsten Mittel, wenn sie an das Gefühl sich wenden,
überbieten die glänzendsten, welche für den äußern Sinn berechnet sind.

Ja, man lasse bei Volksfesten das Volk selbst thätig werden, selbst empfin¬
den, und der Zweck ist vollkommen erreicht.

Den eigentlichen Schlußpunct der Feste bildete die glänzende, in gewisser
Beziehung sogar kunstvolle, Beleuchtung des Parks. Man hatte in der That
Nichts gespart. An allen Eingangsthoren, das gegen den königlichen Palast
und gegen das Ständehaus ausgenommen, waren Triumphpforten, theils in
gothischem, theils in türkischem, theils in maurischem, und theils in chinesischem
Geschmacke errichtet, und diese mit farbigen Gläsern auf das Blendendste er¬
leuchtet worden. Dieß brachte, vorzüglich von dem Platze aus, wo der Kiosk
steht, eine überraschende Wirkung hervor, indem man zu gleicher Zeit, in grö¬
ßerer und kleinerer Entfernung, vier dieser Feuerthore roch, blau und weiß er¬
glühen sah, und dazwischen in dem nun freigegebenen Park die dunkeln Men-
schenmassen hin und her wogten.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Erster Jahrgang. Leipzig, 1841, S. 44. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_179382_282158/52>, abgerufen am 22.11.2024.