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Die Grenzboten. Erster Jahrgang. Leipzig, 1841.

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Deutsche Eisenbahnen und belgische.


Der Sommer zeigte sich günstig für die Eisenbahnen auf dem Continente.
Da haben wir schon wieder drei, die Schlag auf Schlag dem Verkehr
Preis gegeben wurden: eine von Düsseldorf nach Elberfeld, eine andere von
Straßburg nach Basel, und jetzt die zwischen Cöln und Aachen. Ich kenne
die erstere nicht, habe aber die große, eherne Straße, welche das Elsaß der
Ausdauer eines einfachen Bürgers (des Herrn Köchlin) verdankt, voriges
Jahr gesehen, als sie noch im Baue begriffen war. Es ist ein schönes
Kunstwerk, das von den Sachverständigen als eines der bestangelegten in
Europa betrachtet wird. Wie in Belgien, kam hier das natürliche Gleich¬
maaß des Bodens, in der ganzen ungeheuern Fläche, die sich von den Vo-
gesen nach dem Rheine zu ausdehnt, den Arbeiten der Ingenieure zu Hülfe,
und gestattete ihnen, auf die Vollendung der Details mehr Fleiß zu ver¬
wenden. Es ist in der That eine con amore gebaute Eisenbahn, mit Schie¬
nen, so stark und fest, um unsere spätesten Enkel in Erstaunen zu setzen;
mit prächtigen Stationen, in rothem Sandstein, die dereinst in den Augen
der Nachwelt die Stelle der römischen Ruinen einnehmen können, wenn es
mit unseren Eisenbahnen gehen wird, wie jetzt mit den, von dem erhabend-
sten der Völker, für die Ewigkeit erbauten Brücken, Straßen und Wasser¬
leitungen, und wenn die Forscher eines andern Zeitalters im verwachsenen
Gestrüppe den edlen Rost zertrümmerter Civilisation aufsuchen werden. Möge
Belgien auf seiner Hut sein, oder es wird sich, nachdem es ein so schönes
Beispiel gegeben, und sich zuerst die wundervolle Erfindung Stephensons an¬
geeignet, auf einmal überflügelt finden. Der Anfang war glücklich, die
junge Nation hat es gut angelegt; in allen Ländern ist sie dafür bekannt
und gerühmt, daß sie eine so herrliche Idee mit Raschheit auszuführen ver¬
standen hat, und wahrlich, dieser Vortheil war ihr um so nothwendiger, als
ihre Revolution sie bei manchem Deutschen in keinen guten Ruf gebracht
hatte. Aber der Augenblick, ist endlich da, wo Israel seine Zelte verlassen,
und sich steinerne Häuser bauen soll. Die Eisenbahn ist fast vollendet, es

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Deutsche Eisenbahnen und belgische.


Der Sommer zeigte sich günstig für die Eisenbahnen auf dem Continente.
Da haben wir schon wieder drei, die Schlag auf Schlag dem Verkehr
Preis gegeben wurden: eine von Düsseldorf nach Elberfeld, eine andere von
Straßburg nach Basel, und jetzt die zwischen Cöln und Aachen. Ich kenne
die erstere nicht, habe aber die große, eherne Straße, welche das Elsaß der
Ausdauer eines einfachen Bürgers (des Herrn Köchlin) verdankt, voriges
Jahr gesehen, als sie noch im Baue begriffen war. Es ist ein schönes
Kunstwerk, das von den Sachverständigen als eines der bestangelegten in
Europa betrachtet wird. Wie in Belgien, kam hier das natürliche Gleich¬
maaß des Bodens, in der ganzen ungeheuern Fläche, die sich von den Vo-
gesen nach dem Rheine zu ausdehnt, den Arbeiten der Ingenieure zu Hülfe,
und gestattete ihnen, auf die Vollendung der Details mehr Fleiß zu ver¬
wenden. Es ist in der That eine con amore gebaute Eisenbahn, mit Schie¬
nen, so stark und fest, um unsere spätesten Enkel in Erstaunen zu setzen;
mit prächtigen Stationen, in rothem Sandstein, die dereinst in den Augen
der Nachwelt die Stelle der römischen Ruinen einnehmen können, wenn es
mit unseren Eisenbahnen gehen wird, wie jetzt mit den, von dem erhabend-
sten der Völker, für die Ewigkeit erbauten Brücken, Straßen und Wasser¬
leitungen, und wenn die Forscher eines andern Zeitalters im verwachsenen
Gestrüppe den edlen Rost zertrümmerter Civilisation aufsuchen werden. Möge
Belgien auf seiner Hut sein, oder es wird sich, nachdem es ein so schönes
Beispiel gegeben, und sich zuerst die wundervolle Erfindung Stephensons an¬
geeignet, auf einmal überflügelt finden. Der Anfang war glücklich, die
junge Nation hat es gut angelegt; in allen Ländern ist sie dafür bekannt
und gerühmt, daß sie eine so herrliche Idee mit Raschheit auszuführen ver¬
standen hat, und wahrlich, dieser Vortheil war ihr um so nothwendiger, als
ihre Revolution sie bei manchem Deutschen in keinen guten Ruf gebracht
hatte. Aber der Augenblick, ist endlich da, wo Israel seine Zelte verlassen,
und sich steinerne Häuser bauen soll. Die Eisenbahn ist fast vollendet, es

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[69/0077] Deutsche Eisenbahnen und belgische. Der Sommer zeigte sich günstig für die Eisenbahnen auf dem Continente. Da haben wir schon wieder drei, die Schlag auf Schlag dem Verkehr Preis gegeben wurden: eine von Düsseldorf nach Elberfeld, eine andere von Straßburg nach Basel, und jetzt die zwischen Cöln und Aachen. Ich kenne die erstere nicht, habe aber die große, eherne Straße, welche das Elsaß der Ausdauer eines einfachen Bürgers (des Herrn Köchlin) verdankt, voriges Jahr gesehen, als sie noch im Baue begriffen war. Es ist ein schönes Kunstwerk, das von den Sachverständigen als eines der bestangelegten in Europa betrachtet wird. Wie in Belgien, kam hier das natürliche Gleich¬ maaß des Bodens, in der ganzen ungeheuern Fläche, die sich von den Vo- gesen nach dem Rheine zu ausdehnt, den Arbeiten der Ingenieure zu Hülfe, und gestattete ihnen, auf die Vollendung der Details mehr Fleiß zu ver¬ wenden. Es ist in der That eine con amore gebaute Eisenbahn, mit Schie¬ nen, so stark und fest, um unsere spätesten Enkel in Erstaunen zu setzen; mit prächtigen Stationen, in rothem Sandstein, die dereinst in den Augen der Nachwelt die Stelle der römischen Ruinen einnehmen können, wenn es mit unseren Eisenbahnen gehen wird, wie jetzt mit den, von dem erhabend- sten der Völker, für die Ewigkeit erbauten Brücken, Straßen und Wasser¬ leitungen, und wenn die Forscher eines andern Zeitalters im verwachsenen Gestrüppe den edlen Rost zertrümmerter Civilisation aufsuchen werden. Möge Belgien auf seiner Hut sein, oder es wird sich, nachdem es ein so schönes Beispiel gegeben, und sich zuerst die wundervolle Erfindung Stephensons an¬ geeignet, auf einmal überflügelt finden. Der Anfang war glücklich, die junge Nation hat es gut angelegt; in allen Ländern ist sie dafür bekannt und gerühmt, daß sie eine so herrliche Idee mit Raschheit auszuführen ver¬ standen hat, und wahrlich, dieser Vortheil war ihr um so nothwendiger, als ihre Revolution sie bei manchem Deutschen in keinen guten Ruf gebracht hatte. Aber der Augenblick, ist endlich da, wo Israel seine Zelte verlassen, und sich steinerne Häuser bauen soll. Die Eisenbahn ist fast vollendet, es 10

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Erster Jahrgang. Leipzig, 1841, S. 69. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_179382_282158/77>, abgerufen am 22.11.2024.