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Griesinger, Wilhelm: Die Pathologie und Therapie der psychischen Krankheiten, für Ärzte und Studierende. Stuttgart, 1845.

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der Verwirrtheit.
Antworten. Oft glaubt man noch bei solchen Kranken eine Anstrengung
des Gedächtnisses, des Urtheils, der Aufmerksamkeit zu gewahren,
die aber machtlos und vergeblich ist; oft bemerkt man im Einzelnen
ihres Gesprächs, welche Mittelglieder zwischen den disparaten Vor-
stellungen fehlen und welches die Uebergänge sein sollten, über welche
die Ideensprünge weghüpfen, ja man erhält zuweilen von dem mit-
leidswerthen Kranken den Eindruck, als fühle noch Etwas in ihm
mit leisem Schmerze die Unmöglichkeit, sich in diesen auseinander-
gefallenen Trümmern des psychischen Lebens zurecht zu finden.

Eigentliche fixe Ideen, consequent ausgebildete Wahnvorstellungen
treten hier nicht mehr neu auf, die von früher vorhandenen derartigen
Gedankenbildungen werden mit der zunehmenden Schwäche lockerer,
und der Kranke kann so wenig fest an sie glauben, als er über-
haupt irgend etwas mit Energie festhalten kann. Doch hält gerade
die Reproduction der in der maniacalischen Aufregung entstandenen
Vorstellungen oft lange Stand, und man findet eben die Uebertrieben-
heiten des Wahnsinns hier so häufig wieder in dem sinnlosen Wieder-
holen grosser Zahlen, ungeheurer und abentheuerlicher Bilder der
eigenen Grösse und des eigenen Besitzes (Tausende von Millionen,
Diamanten, Welten etc.), was aber Alles für den Kranken zum blossen
Spiel von Worten, bei denen er sich fast nichts mehr denken kann,
geworden ist.

§. 127.

Die Sinnorgane können normal functioniren, so dass die Kranken
zwar gut sehen, hören etc. aber die Verarbeitung und Umänderung
der Sinneseindrücke zu adäquaten Vorstellungen im Gehirn nicht mehr
recht von statten geht; oder -- und zwar gewöhnlich -- es sind
Hallucinationen vorhanden, welche mit den Vorstellungen den Character
der Verworrenheit, Zufälligkeit und Abruptheit theilen.

Die Muskelbewegungen sind in sehr vielen Fällen durch be-
ginnende oder weiterschreitende allgemeine Lähmung beschränkt. Wo
diess nicht der Fall ist, werden die Körperbewegungen oft unruhig
und unstet, doch plump und ohne vielen Wechsel ausgeführt und
die Körperstellung wird oft schwerfällig und unbehülflich. Die Kranken
laufen zuweilen beständig umher, wie wenn sie etwas suchen wollten,
oder sie treiben sich, tanzend, hüpfend, mit den Händen gestiku-
lirend herum und machen bizarre, automatische Bewegungen. Ihre
Haltung und Geberden drücken entweder vollständige Nullität oder nur
die oberflächlichsten Affecte aus und auch hier kommen mannigfaltige

der Verwirrtheit.
Antworten. Oft glaubt man noch bei solchen Kranken eine Anstrengung
des Gedächtnisses, des Urtheils, der Aufmerksamkeit zu gewahren,
die aber machtlos und vergeblich ist; oft bemerkt man im Einzelnen
ihres Gesprächs, welche Mittelglieder zwischen den disparaten Vor-
stellungen fehlen und welches die Uebergänge sein sollten, über welche
die Ideensprünge weghüpfen, ja man erhält zuweilen von dem mit-
leidswerthen Kranken den Eindruck, als fühle noch Etwas in ihm
mit leisem Schmerze die Unmöglichkeit, sich in diesen auseinander-
gefallenen Trümmern des psychischen Lebens zurecht zu finden.

Eigentliche fixe Ideen, consequent ausgebildete Wahnvorstellungen
treten hier nicht mehr neu auf, die von früher vorhandenen derartigen
Gedankenbildungen werden mit der zunehmenden Schwäche lockerer,
und der Kranke kann so wenig fest an sie glauben, als er über-
haupt irgend etwas mit Energie festhalten kann. Doch hält gerade
die Reproduction der in der maniacalischen Aufregung entstandenen
Vorstellungen oft lange Stand, und man findet eben die Uebertrieben-
heiten des Wahnsinns hier so häufig wieder in dem sinnlosen Wieder-
holen grosser Zahlen, ungeheurer und abentheuerlicher Bilder der
eigenen Grösse und des eigenen Besitzes (Tausende von Millionen,
Diamanten, Welten etc.), was aber Alles für den Kranken zum blossen
Spiel von Worten, bei denen er sich fast nichts mehr denken kann,
geworden ist.

§. 127.

Die Sinnorgane können normal functioniren, so dass die Kranken
zwar gut sehen, hören etc. aber die Verarbeitung und Umänderung
der Sinneseindrücke zu adäquaten Vorstellungen im Gehirn nicht mehr
recht von statten geht; oder — und zwar gewöhnlich — es sind
Hallucinationen vorhanden, welche mit den Vorstellungen den Character
der Verworrenheit, Zufälligkeit und Abruptheit theilen.

Die Muskelbewegungen sind in sehr vielen Fällen durch be-
ginnende oder weiterschreitende allgemeine Lähmung beschränkt. Wo
diess nicht der Fall ist, werden die Körperbewegungen oft unruhig
und unstet, doch plump und ohne vielen Wechsel ausgeführt und
die Körperstellung wird oft schwerfällig und unbehülflich. Die Kranken
laufen zuweilen beständig umher, wie wenn sie etwas suchen wollten,
oder sie treiben sich, tanzend, hüpfend, mit den Händen gestiku-
lirend herum und machen bizarre, automatische Bewegungen. Ihre
Haltung und Geberden drücken entweder vollständige Nullität oder nur
die oberflächlichsten Affecte aus und auch hier kommen mannigfaltige

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[277/0291] der Verwirrtheit. Antworten. Oft glaubt man noch bei solchen Kranken eine Anstrengung des Gedächtnisses, des Urtheils, der Aufmerksamkeit zu gewahren, die aber machtlos und vergeblich ist; oft bemerkt man im Einzelnen ihres Gesprächs, welche Mittelglieder zwischen den disparaten Vor- stellungen fehlen und welches die Uebergänge sein sollten, über welche die Ideensprünge weghüpfen, ja man erhält zuweilen von dem mit- leidswerthen Kranken den Eindruck, als fühle noch Etwas in ihm mit leisem Schmerze die Unmöglichkeit, sich in diesen auseinander- gefallenen Trümmern des psychischen Lebens zurecht zu finden. Eigentliche fixe Ideen, consequent ausgebildete Wahnvorstellungen treten hier nicht mehr neu auf, die von früher vorhandenen derartigen Gedankenbildungen werden mit der zunehmenden Schwäche lockerer, und der Kranke kann so wenig fest an sie glauben, als er über- haupt irgend etwas mit Energie festhalten kann. Doch hält gerade die Reproduction der in der maniacalischen Aufregung entstandenen Vorstellungen oft lange Stand, und man findet eben die Uebertrieben- heiten des Wahnsinns hier so häufig wieder in dem sinnlosen Wieder- holen grosser Zahlen, ungeheurer und abentheuerlicher Bilder der eigenen Grösse und des eigenen Besitzes (Tausende von Millionen, Diamanten, Welten etc.), was aber Alles für den Kranken zum blossen Spiel von Worten, bei denen er sich fast nichts mehr denken kann, geworden ist. §. 127. Die Sinnorgane können normal functioniren, so dass die Kranken zwar gut sehen, hören etc. aber die Verarbeitung und Umänderung der Sinneseindrücke zu adäquaten Vorstellungen im Gehirn nicht mehr recht von statten geht; oder — und zwar gewöhnlich — es sind Hallucinationen vorhanden, welche mit den Vorstellungen den Character der Verworrenheit, Zufälligkeit und Abruptheit theilen. Die Muskelbewegungen sind in sehr vielen Fällen durch be- ginnende oder weiterschreitende allgemeine Lähmung beschränkt. Wo diess nicht der Fall ist, werden die Körperbewegungen oft unruhig und unstet, doch plump und ohne vielen Wechsel ausgeführt und die Körperstellung wird oft schwerfällig und unbehülflich. Die Kranken laufen zuweilen beständig umher, wie wenn sie etwas suchen wollten, oder sie treiben sich, tanzend, hüpfend, mit den Händen gestiku- lirend herum und machen bizarre, automatische Bewegungen. Ihre Haltung und Geberden drücken entweder vollständige Nullität oder nur die oberflächlichsten Affecte aus und auch hier kommen mannigfaltige

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Zitationshilfe: Griesinger, Wilhelm: Die Pathologie und Therapie der psychischen Krankheiten, für Ärzte und Studierende. Stuttgart, 1845, S. 277. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/griesinger_psychische_1845/291>, abgerufen am 28.11.2024.