es sein kann, befördert die Lust am Essen, die Geselligkeit und übt den Kranken und Genesenden wieder in jenen humanen Formen, welche der äussere Träger gesunder Gefühle sind, und die er so oft vergessen hatte.
Nächst der Ernährung ist vor Allem in frischen wie in alten Fällen, auf den nöthigen Wechsel von Ruhe und Bewegung, auf möglichsten Genuss einer frischen, reinen Luft, auf möglichste Bewe- gung im Freien, zu Fusse, in einzelnen Fällen im Wagen, zu sehen; alle Irrenanstalten sind mangelhaft, welche nicht für alle Abtheilungen ihrer Kranken die nöthigen Räume zu längerem Aufenthalt im Freien, in Gärten, Höfen etc. darbieten. Bei manchen Kranken können sich hier passend gymnastische Uebungen mässigerer Art anschliessen; erheiternde Spiele mit Bewegung, wo in der harmlosen Aufmerksam- keit auf das Spiel der Kranke momentan seiner selbst und des Drucks der Gedanken vergessen lernt. -- Der Schlaf muss im Durchschnitt durch Arbeit, Bewegung in der Luft, Ermüdung, auch durch Bäder, durch Ruhe und Stille, nicht aber durch Narcotica herbeigeführt werden; der Kranke muss, wo nicht besondere Ruhe nothwendig, an frühes Aufstehen gewöhnt, und ein unmotivirtes Verweilen im Bette, welches bei weiblichen Kranken so leicht zur Gewohnheit wird und zu wahrer Schwäche aller Muskelactionen führen kann, nicht gestattet werden.
In Bezug auf Temperatur ist nur daran zu erinnern (p. 67), dass Geisteskranke nicht, wie man früher glaubte, fast unempfindlich für Wärme und Kälte seien. Alle Gelasse müssen im Winter wohl geheizt sein, und namentlich die Kranken, welche gerne stille und unbeweglich stehen oder sitzen, und deren Extremitäten oft eiskalt sind, müssen in dieser Beziehung sorgfältig gepflegt werden. Dass bei lebhafter Kopfcongestion eine kühle Temperatur namentlich des Kopfs erzielt werden soll, versteht sich von selbst. --
Auf strenge Reinlichkeit des Körpers und Alles, was zu ihm gehört, ist aufs sorgfältigste zu sehen. Die Mittel hiezu sind be- kannt, und ihr Zweck ist nicht nur die Haut gesund und wohlfunctio- nirend zu erhalten, bei Paralytischen den Decubitus zu verhüten etc., sondern das Wohlbehagen, das der äusseren Pflege des Körpers ent- spricht, wird auch zur Grundlage eines psychischen Wohlgefühls und die Gewöhnung an Sorgfalt auf die leibliche Individualität leitet auch milde zur Aufmerksamkeit auf innerliche Ordnung und Bereinigung hin. So werden alle diätetischen Massregeln, wenn sie mit Ordnung und Me- thode durchgeführt werden, dem Kranken ein wohlthätiges Bedürfniss, zuweilen ein wahres neues Interesse und so ein wichtiges Hülfsmittel
Diätetisches Verhalten.
es sein kann, befördert die Lust am Essen, die Geselligkeit und übt den Kranken und Genesenden wieder in jenen humanen Formen, welche der äussere Träger gesunder Gefühle sind, und die er so oft vergessen hatte.
Nächst der Ernährung ist vor Allem in frischen wie in alten Fällen, auf den nöthigen Wechsel von Ruhe und Bewegung, auf möglichsten Genuss einer frischen, reinen Luft, auf möglichste Bewe- gung im Freien, zu Fusse, in einzelnen Fällen im Wagen, zu sehen; alle Irrenanstalten sind mangelhaft, welche nicht für alle Abtheilungen ihrer Kranken die nöthigen Räume zu längerem Aufenthalt im Freien, in Gärten, Höfen etc. darbieten. Bei manchen Kranken können sich hier passend gymnastische Uebungen mässigerer Art anschliessen; erheiternde Spiele mit Bewegung, wo in der harmlosen Aufmerksam- keit auf das Spiel der Kranke momentan seiner selbst und des Drucks der Gedanken vergessen lernt. — Der Schlaf muss im Durchschnitt durch Arbeit, Bewegung in der Luft, Ermüdung, auch durch Bäder, durch Ruhe und Stille, nicht aber durch Narcotica herbeigeführt werden; der Kranke muss, wo nicht besondere Ruhe nothwendig, an frühes Aufstehen gewöhnt, und ein unmotivirtes Verweilen im Bette, welches bei weiblichen Kranken so leicht zur Gewohnheit wird und zu wahrer Schwäche aller Muskelactionen führen kann, nicht gestattet werden.
In Bezug auf Temperatur ist nur daran zu erinnern (p. 67), dass Geisteskranke nicht, wie man früher glaubte, fast unempfindlich für Wärme und Kälte seien. Alle Gelasse müssen im Winter wohl geheizt sein, und namentlich die Kranken, welche gerne stille und unbeweglich stehen oder sitzen, und deren Extremitäten oft eiskalt sind, müssen in dieser Beziehung sorgfältig gepflegt werden. Dass bei lebhafter Kopfcongestion eine kühle Temperatur namentlich des Kopfs erzielt werden soll, versteht sich von selbst. —
Auf strenge Reinlichkeit des Körpers und Alles, was zu ihm gehört, ist aufs sorgfältigste zu sehen. Die Mittel hiezu sind be- kannt, und ihr Zweck ist nicht nur die Haut gesund und wohlfunctio- nirend zu erhalten, bei Paralytischen den Decubitus zu verhüten etc., sondern das Wohlbehagen, das der äusseren Pflege des Körpers ent- spricht, wird auch zur Grundlage eines psychischen Wohlgefühls und die Gewöhnung an Sorgfalt auf die leibliche Individualität leitet auch milde zur Aufmerksamkeit auf innerliche Ordnung und Bereinigung hin. So werden alle diätetischen Massregeln, wenn sie mit Ordnung und Me- thode durchgeführt werden, dem Kranken ein wohlthätiges Bedürfniss, zuweilen ein wahres neues Interesse und so ein wichtiges Hülfsmittel
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Diätetisches Verhalten.
es sein kann, befördert die Lust am Essen, die Geselligkeit und übt
den Kranken und Genesenden wieder in jenen humanen Formen,
welche der äussere Träger gesunder Gefühle sind, und die er so oft
vergessen hatte.
Nächst der Ernährung ist vor Allem in frischen wie in alten
Fällen, auf den nöthigen Wechsel von Ruhe und Bewegung, auf
möglichsten Genuss einer frischen, reinen Luft, auf möglichste Bewe-
gung im Freien, zu Fusse, in einzelnen Fällen im Wagen, zu sehen;
alle Irrenanstalten sind mangelhaft, welche nicht für alle Abtheilungen
ihrer Kranken die nöthigen Räume zu längerem Aufenthalt im Freien,
in Gärten, Höfen etc. darbieten. Bei manchen Kranken können sich
hier passend gymnastische Uebungen mässigerer Art anschliessen;
erheiternde Spiele mit Bewegung, wo in der harmlosen Aufmerksam-
keit auf das Spiel der Kranke momentan seiner selbst und des Drucks
der Gedanken vergessen lernt. — Der Schlaf muss im Durchschnitt
durch Arbeit, Bewegung in der Luft, Ermüdung, auch durch Bäder,
durch Ruhe und Stille, nicht aber durch Narcotica herbeigeführt
werden; der Kranke muss, wo nicht besondere Ruhe nothwendig, an
frühes Aufstehen gewöhnt, und ein unmotivirtes Verweilen im Bette,
welches bei weiblichen Kranken so leicht zur Gewohnheit wird und zu
wahrer Schwäche aller Muskelactionen führen kann, nicht gestattet werden.
In Bezug auf Temperatur ist nur daran zu erinnern (p. 67),
dass Geisteskranke nicht, wie man früher glaubte, fast unempfindlich
für Wärme und Kälte seien. Alle Gelasse müssen im Winter wohl
geheizt sein, und namentlich die Kranken, welche gerne stille und
unbeweglich stehen oder sitzen, und deren Extremitäten oft eiskalt
sind, müssen in dieser Beziehung sorgfältig gepflegt werden. Dass
bei lebhafter Kopfcongestion eine kühle Temperatur namentlich des
Kopfs erzielt werden soll, versteht sich von selbst. —
Auf strenge Reinlichkeit des Körpers und Alles, was zu ihm
gehört, ist aufs sorgfältigste zu sehen. Die Mittel hiezu sind be-
kannt, und ihr Zweck ist nicht nur die Haut gesund und wohlfunctio-
nirend zu erhalten, bei Paralytischen den Decubitus zu verhüten etc.,
sondern das Wohlbehagen, das der äusseren Pflege des Körpers ent-
spricht, wird auch zur Grundlage eines psychischen Wohlgefühls und
die Gewöhnung an Sorgfalt auf die leibliche Individualität leitet auch
milde zur Aufmerksamkeit auf innerliche Ordnung und Bereinigung hin.
So werden alle diätetischen Massregeln, wenn sie mit Ordnung und Me-
thode durchgeführt werden, dem Kranken ein wohlthätiges Bedürfniss,
zuweilen ein wahres neues Interesse und so ein wichtiges Hülfsmittel
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Griesinger, Wilhelm: Die Pathologie und Therapie der psychischen Krankheiten, für Ärzte und Studierende. Stuttgart, 1845, S. 362. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/griesinger_psychische_1845/376>, abgerufen am 22.11.2024.
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