Grillparzer, Franz: Ein treuer Diener seines Herrn. Wien, 1830.Ich bin ein alter Mann, dem Tode reif; Lass' ruhig sein mich harren! -- Mich belohnen? Darf ich doch frei den Kummer wieder tragen, Die Trauer um mein Weib. Darf Jeden anseh'n, Die Antwort lesen, ach! in Jedes Auge: Unschuldig war sie und gerecht. Ei, Lohn's genug! Der Glanz, womit du deinen Diener schmücktest, Er hat als unheilvoll sich mir bewährt. Gebeut nicht, daß auf's Neu' ich Gott versuche! Mein Arm wird schwach, dies Haupt neigt sich zur Ruh'. Und so entkleid' ich denn, mit deinem Urlaub, Mich all' der Würden, Aemter und Gewalt, Die deine Huld an deinen Knecht verschwendet; Dich bittend, daß du gnädig mir vergönnst, Auf meiner Väter Schloß, bei meinem Weib, Bei meines Weibes Leiche still zu harren, Bis zwei der Leichen liegen in der Gruft. Wenn dess' dir Botschaft wird, und eine Thräne, Wie jetzt, o Herr, in deinem Auge schimmert, Dann hat dein Diener fruchtlos nicht gelebt, Braucht and're Grabschrift nicht, noch güld'ne Zeichen. Und wenn du ja in deinem hohen Sinn, Belohnung jetzt schon räthlich glaubst und gut, Ach, so erlaub', daß jenes edle Kind, Für dessen Heil ich auch mein Schärflein bot, Daß ich sein Händlein drück' an meinen Mund, Mich überzeugend, daß es lebt und athmet. (Kniet vor dem Kinde.) Glück auf! Glück auf! Du hohes Fürstenkind, Bestimmt, dereinst zu herrschen hier im Lande! Ein alter Mann, der lang' dann nicht mehr ist, Wenn du als Fürst gebeut'st in diesem Lande, Ich bin ein alter Mann, dem Tode reif; Laſſ’ ruhig ſein mich harren! — Mich belohnen? Darf ich doch frei den Kummer wieder tragen, Die Trauer um mein Weib. Darf Jeden anſeh’n, Die Antwort leſen, ach! in Jedes Auge: Unſchuldig war ſie und gerecht. Ei, Lohn’s genug! Der Glanz, womit du deinen Diener ſchmückteſt, Er hat als unheilvoll ſich mir bewährt. Gebeut nicht, daß auf’s Neu’ ich Gott verſuche! Mein Arm wird ſchwach, dies Haupt neigt ſich zur Ruh’. Und ſo entkleid’ ich denn, mit deinem Urlaub, Mich all’ der Würden, Aemter und Gewalt, Die deine Huld an deinen Knecht verſchwendet; Dich bittend, daß du gnädig mir vergönnſt, Auf meiner Väter Schloß, bei meinem Weib, Bei meines Weibes Leiche ſtill zu harren, Bis zwei der Leichen liegen in der Gruft. Wenn deſſ’ dir Botſchaft wird, und eine Thräne, Wie jetzt, o Herr, in deinem Auge ſchimmert, Dann hat dein Diener fruchtlos nicht gelebt, Braucht and’re Grabſchrift nicht, noch güld’ne Zeichen. Und wenn du ja in deinem hohen Sinn, Belohnung jetzt ſchon räthlich glaubſt und gut, Ach, ſo erlaub’, daß jenes edle Kind, Für deſſen Heil ich auch mein Schärflein bot, Daß ich ſein Händlein drück’ an meinen Mund, Mich überzeugend, daß es lebt und athmet. (Kniet vor dem Kinde.) Glück auf! Glück auf! Du hohes Fürſtenkind, Beſtimmt, dereinſt zu herrſchen hier im Lande! Ein alter Mann, der lang’ dann nicht mehr iſt, Wenn du als Fürſt gebeut’ſt in dieſem Lande, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <sp who="#BAN"> <pb facs="#f0154" n="146"/> <p>Ich bin ein alter Mann, dem Tode reif;<lb/> Laſſ’ ruhig ſein mich harren! — Mich belohnen?<lb/> Darf ich doch frei den Kummer wieder tragen,<lb/> Die Trauer um mein Weib. Darf Jeden anſeh’n,<lb/> Die Antwort leſen, ach! in Jedes Auge:<lb/> Unſchuldig war ſie und gerecht. Ei, Lohn’s genug!<lb/> Der Glanz, womit du deinen Diener ſchmückteſt,<lb/> Er hat als unheilvoll ſich mir bewährt.<lb/> Gebeut nicht, daß auf’s Neu’ ich Gott verſuche!<lb/> Mein Arm wird ſchwach, dies Haupt neigt ſich zur Ruh’.<lb/> Und ſo entkleid’ ich denn, mit deinem Urlaub,<lb/> Mich all’ der Würden, Aemter und Gewalt,<lb/> Die deine Huld an deinen Knecht verſchwendet;<lb/> Dich bittend, daß du gnädig mir vergönnſt,<lb/> Auf meiner Väter Schloß, bei meinem Weib,<lb/> Bei meines Weibes Leiche ſtill zu harren,<lb/> Bis zwei der Leichen liegen in der Gruft.<lb/> Wenn deſſ’ dir Botſchaft wird, und eine Thräne,<lb/> Wie jetzt, o Herr, in deinem Auge ſchimmert,<lb/> Dann hat dein Diener fruchtlos nicht gelebt,<lb/> Braucht and’re Grabſchrift nicht, noch güld’ne Zeichen.<lb/> Und wenn du ja in deinem hohen Sinn,<lb/> Belohnung jetzt ſchon räthlich glaubſt und gut,<lb/> Ach, ſo erlaub’, daß jenes edle Kind,<lb/> Für deſſen Heil ich auch mein Schärflein bot,<lb/> Daß ich ſein Händlein drück’ an meinen Mund,<lb/> Mich überzeugend, daß es lebt und athmet.</p><lb/> <stage>(Kniet vor dem Kinde.)</stage><lb/> <p>Glück auf! Glück auf! Du hohes Fürſtenkind,<lb/> Beſtimmt, dereinſt zu herrſchen hier im Lande!<lb/> Ein alter Mann, der lang’ dann nicht mehr iſt,<lb/> Wenn du als Fürſt gebeut’ſt in dieſem Lande,<lb/></p> </sp> </div> </body> </text> </TEI> [146/0154]
Ich bin ein alter Mann, dem Tode reif;
Laſſ’ ruhig ſein mich harren! — Mich belohnen?
Darf ich doch frei den Kummer wieder tragen,
Die Trauer um mein Weib. Darf Jeden anſeh’n,
Die Antwort leſen, ach! in Jedes Auge:
Unſchuldig war ſie und gerecht. Ei, Lohn’s genug!
Der Glanz, womit du deinen Diener ſchmückteſt,
Er hat als unheilvoll ſich mir bewährt.
Gebeut nicht, daß auf’s Neu’ ich Gott verſuche!
Mein Arm wird ſchwach, dies Haupt neigt ſich zur Ruh’.
Und ſo entkleid’ ich denn, mit deinem Urlaub,
Mich all’ der Würden, Aemter und Gewalt,
Die deine Huld an deinen Knecht verſchwendet;
Dich bittend, daß du gnädig mir vergönnſt,
Auf meiner Väter Schloß, bei meinem Weib,
Bei meines Weibes Leiche ſtill zu harren,
Bis zwei der Leichen liegen in der Gruft.
Wenn deſſ’ dir Botſchaft wird, und eine Thräne,
Wie jetzt, o Herr, in deinem Auge ſchimmert,
Dann hat dein Diener fruchtlos nicht gelebt,
Braucht and’re Grabſchrift nicht, noch güld’ne Zeichen.
Und wenn du ja in deinem hohen Sinn,
Belohnung jetzt ſchon räthlich glaubſt und gut,
Ach, ſo erlaub’, daß jenes edle Kind,
Für deſſen Heil ich auch mein Schärflein bot,
Daß ich ſein Händlein drück’ an meinen Mund,
Mich überzeugend, daß es lebt und athmet.
(Kniet vor dem Kinde.)
Glück auf! Glück auf! Du hohes Fürſtenkind,
Beſtimmt, dereinſt zu herrſchen hier im Lande!
Ein alter Mann, der lang’ dann nicht mehr iſt,
Wenn du als Fürſt gebeut’ſt in dieſem Lande,
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