Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Grillparzer, Franz: Ein treuer Diener seines Herrn. Wien, 1830.

Bild:
<< vorherige Seite
Es läßt gar leicht sich Grund und Ursach nennen,
Die Frag' ist nur, ob's auch zum Falle paßt?
Wir Aerzte sind Nachtreter der Natur,
Und uns're Herrin geht auf dunklen Pfaden.
Königin.
Ei gut! Ei schön!
(Zu Graf Peter.)
Man sagt ja, Eure Schwester
Sie geh' auf's Land? -- In dieser Jahreszeit?
Ohn' Urlaub und Begehr? Scheint's doch, sie lernt
Von ihrem Gatten Hofesbrauch und Sitte.
Peter.
Verzeiht, sie harrt im Vorgemache draußen,
Ob Ihr erlaubt --
Königin.
Warum ward's nicht gemeldet?
Laßt sie herein!

(Es geht Jemand.)
Nun, weiser Oedipus,
Fahr' fort, und lös' uns deine eig'nen Räthsel.
Arzt.
Des Herzog's Zustand läßt sich Fieber nennen.
Er liegt, und starrt, und schweigt. Die Pulse fliegen,
Die Stirne heiß, die Eßlust fort.
Königin.
Wie so?

Es läßt gar leicht ſich Grund und Urſach nennen,
Die Frag’ iſt nur, ob’s auch zum Falle paßt?
Wir Aerzte ſind Nachtreter der Natur,
Und unſ’re Herrin geht auf dunklen Pfaden.
Königin.
Ei gut! Ei ſchön!
(Zu Graf Peter.)
Man ſagt ja, Eure Schweſter
Sie geh’ auf’s Land? — In dieſer Jahreszeit?
Ohn’ Urlaub und Begehr? Scheint’s doch, ſie lernt
Von ihrem Gatten Hofesbrauch und Sitte.
Peter.
Verzeiht, ſie harrt im Vorgemache draußen,
Ob Ihr erlaubt —
Königin.
Warum ward’s nicht gemeldet?
Laßt ſie herein!

(Es geht Jemand.)
Nun, weiſer Oedipus,
Fahr’ fort, und löſ’ uns deine eig’nen Räthſel.
Arzt.
Des Herzog’s Zuſtand läßt ſich Fieber nennen.
Er liegt, und ſtarrt, und ſchweigt. Die Pulſe fliegen,
Die Stirne heiß, die Eßluſt fort.
Königin.
Wie ſo?

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <sp who="#ARZ">
          <pb facs="#f0074" n="66"/>
          <p>Es läßt gar leicht &#x017F;ich Grund und Ur&#x017F;ach nennen,<lb/>
Die Frag&#x2019; i&#x017F;t nur, ob&#x2019;s auch zum Falle paßt?<lb/>
Wir Aerzte &#x017F;ind Nachtreter der Natur,<lb/>
Und un&#x017F;&#x2019;re Herrin geht auf dunklen Pfaden.</p>
        </sp><lb/>
        <sp who="#KOENIGIN">
          <speaker><hi rendition="#g">Königin</hi>.</speaker><lb/>
          <p>Ei gut! Ei &#x017F;chön!</p><lb/>
          <stage>(Zu Graf Peter.)</stage><lb/>
          <p>Man &#x017F;agt ja, Eure Schwe&#x017F;ter<lb/>
Sie geh&#x2019; auf&#x2019;s Land? &#x2014; In die&#x017F;er Jahreszeit?<lb/>
Ohn&#x2019; Urlaub und Begehr? Scheint&#x2019;s doch, &#x017F;ie lernt<lb/>
Von ihrem Gatten Hofesbrauch und Sitte.</p>
        </sp><lb/>
        <sp who="#PET">
          <speaker><hi rendition="#g">Peter</hi>.</speaker><lb/>
          <p>Verzeiht, &#x017F;ie harrt im Vorgemache draußen,<lb/>
Ob Ihr erlaubt &#x2014;</p>
        </sp><lb/>
        <sp who="#KOENIGIN">
          <speaker><hi rendition="#g">Königin</hi>.</speaker><lb/>
          <p>Warum ward&#x2019;s nicht gemeldet?<lb/>
Laßt &#x017F;ie herein!</p><lb/>
          <stage>(Es geht Jemand.)</stage><lb/>
          <p>Nun, wei&#x017F;er Oedipus,<lb/>
Fahr&#x2019; fort, und lö&#x017F;&#x2019; uns deine eig&#x2019;nen Räth&#x017F;el.</p>
        </sp><lb/>
        <sp who="#ARZ">
          <speaker><hi rendition="#g">Arzt</hi>.</speaker><lb/>
          <p>Des Herzog&#x2019;s Zu&#x017F;tand läßt &#x017F;ich Fieber nennen.<lb/>
Er liegt, und &#x017F;tarrt, und &#x017F;chweigt. Die Pul&#x017F;e fliegen,<lb/>
Die Stirne heiß, die Eßlu&#x017F;t fort.</p>
        </sp><lb/>
        <sp who="#KOENIGIN">
          <speaker><hi rendition="#g">Königin</hi>.</speaker><lb/>
          <p>Wie &#x017F;o?</p>
        </sp><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[66/0074] Es läßt gar leicht ſich Grund und Urſach nennen, Die Frag’ iſt nur, ob’s auch zum Falle paßt? Wir Aerzte ſind Nachtreter der Natur, Und unſ’re Herrin geht auf dunklen Pfaden. Königin. Ei gut! Ei ſchön! (Zu Graf Peter.) Man ſagt ja, Eure Schweſter Sie geh’ auf’s Land? — In dieſer Jahreszeit? Ohn’ Urlaub und Begehr? Scheint’s doch, ſie lernt Von ihrem Gatten Hofesbrauch und Sitte. Peter. Verzeiht, ſie harrt im Vorgemache draußen, Ob Ihr erlaubt — Königin. Warum ward’s nicht gemeldet? Laßt ſie herein! (Es geht Jemand.) Nun, weiſer Oedipus, Fahr’ fort, und löſ’ uns deine eig’nen Räthſel. Arzt. Des Herzog’s Zuſtand läßt ſich Fieber nennen. Er liegt, und ſtarrt, und ſchweigt. Die Pulſe fliegen, Die Stirne heiß, die Eßluſt fort. Königin. Wie ſo?

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grillparzer_diener_1830
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grillparzer_diener_1830/74
Zitationshilfe: Grillparzer, Franz: Ein treuer Diener seines Herrn. Wien, 1830, S. 66. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grillparzer_diener_1830/74>, abgerufen am 21.11.2024.