Grillparzer, Franz: Ein treuer Diener seines Herrn. Wien, 1830. Arzt. Vielleicht! wohl möglich! Streitsücht'ge Nachbarsherr'n sind Geist und Körper, Die Grenzen wechseln und verwirren sie; Man weiß oft nicht, auf wessen Grund man steht. Doch, was es sey, die Wirkung bleibt dieselbe. Zumal, wenn er die Nahrung von sich weis't: Ein ganz Gesund stirbt, entbehrt er diese. (Ein Diener kommt eilig.) Diener. O Herr! mein Herr! Arzt. Wer ruft? Diener. Der Prinz -- Königin. Was ist? Diener. Der Prinz -- Ihr war't kaum fort, da kam der Wärter Mit Arzenei'n, die wies der Prinz zurück; Gebot jedoch dem Mann, die Ader ihm Am dargereichten Arm zu öffnen. Jener Verweigert's. Da ergreift der Herr den Dolch, Und schleudert ihn. Am Haupte hart vorbei Flog hin das Messer, daumtief in die Wand. Arzt. Vielleicht! wohl möglich! Streitſücht’ge Nachbarsherr’n ſind Geiſt und Körper, Die Grenzen wechſeln und verwirren ſie; Man weiß oft nicht, auf weſſen Grund man ſteht. Doch, was es ſey, die Wirkung bleibt dieſelbe. Zumal, wenn er die Nahrung von ſich weiſ’t: Ein ganz Geſund ſtirbt, entbehrt er dieſe. (Ein Diener kommt eilig.) Diener. O Herr! mein Herr! Arzt. Wer ruft? Diener. Der Prinz — Königin. Was iſt? Diener. Der Prinz — Ihr war’t kaum fort, da kam der Wärter Mit Arzenei’n, die wies der Prinz zurück; Gebot jedoch dem Mann, die Ader ihm Am dargereichten Arm zu öffnen. Jener Verweigert’s. Da ergreift der Herr den Dolch, Und ſchleudert ihn. Am Haupte hart vorbei Flog hin das Meſſer, daumtief in die Wand. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0078" n="70"/> <sp who="#ARZ"> <speaker><hi rendition="#g">Arzt</hi>.</speaker><lb/> <p>Vielleicht! wohl möglich!<lb/> Streitſücht’ge Nachbarsherr’n ſind Geiſt und Körper,<lb/> Die Grenzen wechſeln und verwirren ſie;<lb/> Man weiß oft nicht, auf weſſen Grund man ſteht.<lb/> Doch, was es ſey, die Wirkung bleibt dieſelbe.<lb/> Zumal, wenn er die Nahrung von ſich weiſ’t:<lb/> Ein ganz Geſund ſtirbt, entbehrt er dieſe.</p><lb/> <stage>(Ein <hi rendition="#g">Diener</hi> kommt eilig.)</stage> </sp><lb/> <sp who="#DIER"> <speaker><hi rendition="#g">Diener</hi>.</speaker><lb/> <p>O Herr! mein Herr!</p> </sp><lb/> <sp who="#ARZ"> <speaker><hi rendition="#g">Arzt</hi>.</speaker><lb/> <p>Wer ruft?</p> </sp><lb/> <sp who="#DIER"> <speaker><hi rendition="#g">Diener</hi>.</speaker><lb/> <p>Der Prinz —</p> </sp><lb/> <sp who="#KOENIGIN"> <speaker><hi rendition="#g">Königin</hi>.</speaker><lb/> <p>Was iſt?</p> </sp><lb/> <sp who="#DIER"> <speaker><hi rendition="#g">Diener</hi>.</speaker><lb/> <p>Der Prinz — Ihr war’t kaum fort, da kam der Wärter<lb/> Mit Arzenei’n, die wies der Prinz zurück;<lb/> Gebot jedoch dem Mann, die Ader ihm<lb/> Am dargereichten Arm zu öffnen. Jener<lb/> Verweigert’s. Da ergreift der Herr den Dolch,<lb/> Und ſchleudert ihn. Am Haupte hart vorbei<lb/> Flog hin das Meſſer, daumtief in die Wand.</p> </sp><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [70/0078]
Arzt.
Vielleicht! wohl möglich!
Streitſücht’ge Nachbarsherr’n ſind Geiſt und Körper,
Die Grenzen wechſeln und verwirren ſie;
Man weiß oft nicht, auf weſſen Grund man ſteht.
Doch, was es ſey, die Wirkung bleibt dieſelbe.
Zumal, wenn er die Nahrung von ſich weiſ’t:
Ein ganz Geſund ſtirbt, entbehrt er dieſe.
(Ein Diener kommt eilig.)
Diener.
O Herr! mein Herr!
Arzt.
Wer ruft?
Diener.
Der Prinz —
Königin.
Was iſt?
Diener.
Der Prinz — Ihr war’t kaum fort, da kam der Wärter
Mit Arzenei’n, die wies der Prinz zurück;
Gebot jedoch dem Mann, die Ader ihm
Am dargereichten Arm zu öffnen. Jener
Verweigert’s. Da ergreift der Herr den Dolch,
Und ſchleudert ihn. Am Haupte hart vorbei
Flog hin das Meſſer, daumtief in die Wand.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |