Grillparzer, Franz: Sappho. Trauerspiel in fünf Aufzügen. Wien, 1819. Eucharis. Zu Sappho'n. Rhamnes. Was --? Eucharis. Ich fürchte, sie ist krank. Rhamnes. Die Götter wenden's ab! Eucharis. Ich folgte ihr von fern, Hinauf zur großen Halle, und versteckt Bewacht' ich all ihr Thun mit scharfem Auge. Dort stand sie, an ein Säulenpaar gelehnt, Hinunter schauend in die weite See, Die an den Felsenufern brandend schäumt. Sprach- und bewegungslos stand sie dort oben, Mit starren Augen und erblaßten Wangen, Im Kreis von Marmorbildern, fast als ihres Glei- chen. Nur manchmahl regt sie sich und greift nach Blu- men, Nach Gold und Schmuck, und was ihr Arm er- reicht, Und wirft's hinunter in die laute See, Den Sturz mit sehnsuchtsvollem Aug' verfolgend. Schon wollt' ich nah'n, da tönt ein Klingen durch's Gemach, Und zuckend fuhr es durch ihr ganzes Wesen. Eucharis. Zu Sappho'n. Rhamnes. Was —? Eucharis. Ich fürchte, ſie iſt krank. Rhamnes. Die Götter wenden's ab! Eucharis. Ich folgte ihr von fern, Hinauf zur großen Halle, und verſteckt Bewacht' ich all ihr Thun mit ſcharfem Auge. Dort ſtand ſie, an ein Säulenpaar gelehnt, Hinunter ſchauend in die weite See, Die an den Felſenufern brandend ſchäumt. Sprach- und bewegungslos ſtand ſie dort oben, Mit ſtarren Augen und erblaßten Wangen, Im Kreis von Marmorbildern, faſt als ihres Glei- chen. Nur manchmahl regt ſie ſich und greift nach Blu- men, Nach Gold und Schmuck, und was ihr Arm er- reicht, Und wirft's hinunter in die laute See, Den Sturz mit ſehnſuchtsvollem Aug' verfolgend. Schon wollt' ich nah'n, da tönt ein Klingen durch's Gemach, Und zuckend fuhr es durch ihr ganzes Weſen. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0129" n="119"/> <sp who="#EUC"> <speaker><hi rendition="#g">Eucharis</hi>.</speaker><lb/> <p>Zu Sappho'n.</p> </sp><lb/> <sp who="#RHA"> <speaker><hi rendition="#g">Rhamnes</hi>.</speaker><lb/> <p>Was —?</p> </sp><lb/> <sp who="#EUC"> <speaker><hi rendition="#g">Eucharis</hi>.</speaker><lb/> <p>Ich fürchte, ſie iſt krank.</p> </sp><lb/> <sp who="#RHA"> <speaker><hi rendition="#g">Rhamnes</hi>.</speaker><lb/> <p>Die Götter wenden's ab!</p> </sp><lb/> <sp who="#EUC"> <speaker><hi rendition="#g">Eucharis</hi>.</speaker><lb/> <p>Ich folgte ihr von fern,<lb/> Hinauf zur großen Halle, und verſteckt<lb/> Bewacht' ich all ihr Thun mit ſcharfem Auge.<lb/> Dort ſtand ſie, an ein Säulenpaar gelehnt,<lb/> Hinunter ſchauend in die weite See,<lb/> Die an den Felſenufern brandend ſchäumt.<lb/> Sprach- und bewegungslos ſtand ſie dort oben,<lb/> Mit ſtarren Augen und erblaßten Wangen,<lb/> Im Kreis von Marmorbildern, faſt als ihres Glei-<lb/> chen.<lb/> Nur manchmahl regt ſie ſich und greift nach Blu-<lb/> men,<lb/> Nach Gold und Schmuck, und was ihr Arm er-<lb/> reicht,<lb/> Und wirft's hinunter in die laute See,<lb/> Den Sturz mit ſehnſuchtsvollem Aug' verfolgend.<lb/> Schon wollt' ich nah'n, da tönt ein Klingen durch's<lb/> Gemach,<lb/> Und zuckend fuhr es durch ihr ganzes Weſen.<lb/></p> </sp> </div> </div> </body> </text> </TEI> [119/0129]
Eucharis.
Zu Sappho'n.
Rhamnes.
Was —?
Eucharis.
Ich fürchte, ſie iſt krank.
Rhamnes.
Die Götter wenden's ab!
Eucharis.
Ich folgte ihr von fern,
Hinauf zur großen Halle, und verſteckt
Bewacht' ich all ihr Thun mit ſcharfem Auge.
Dort ſtand ſie, an ein Säulenpaar gelehnt,
Hinunter ſchauend in die weite See,
Die an den Felſenufern brandend ſchäumt.
Sprach- und bewegungslos ſtand ſie dort oben,
Mit ſtarren Augen und erblaßten Wangen,
Im Kreis von Marmorbildern, faſt als ihres Glei-
chen.
Nur manchmahl regt ſie ſich und greift nach Blu-
men,
Nach Gold und Schmuck, und was ihr Arm er-
reicht,
Und wirft's hinunter in die laute See,
Den Sturz mit ſehnſuchtsvollem Aug' verfolgend.
Schon wollt' ich nah'n, da tönt ein Klingen durch's
Gemach,
Und zuckend fuhr es durch ihr ganzes Weſen.
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