Grillparzer, Franz: Sappho. Trauerspiel in fünf Aufzügen. Wien, 1819.
Erinnerung, daß nicht bloß in der Heimath, Daß auch in fernem Land' es -- Freunde gibt. (Melitta, die bey seiner Berührung zusammengefahren, steht jetzt mit hochklopfender Brust, beyde Arme hinab- hängend, mit gesenktem Haupt und Auge unbeweglich da. Phaon hat sich einige Schritte entfernt und betrachtet sie von Weitem.) Man ruft von innen. Melitta! Melitta. Riefst du mir? Phaon. Ich nicht. -- Im Hause! Melitta (die Kränze, die ihr entfallen sind, zusammen raffend.) Ich komme schon! Phaon Bist du so karg, Melitta? Verdient denn meine Gabe kein Geschenk? Melitta. Ich, ein Geschenk? Was hätt' ich, Arme, wohl? Phaon. Gold schenkt die Eitelkeit, der rauhe Stolz, Die Freundschaft und die Liebe schenken Blumen. Hier hast du Blumen ja. Melitta (die Blumen von sich werfend.) Wie? diese hier, Die jene wilden Mädchen dort gepflückt, Sie, die bestimmt für -- Nimmermehr!
Erinnerung, daß nicht bloß in der Heimath, Daß auch in fernem Land' es — Freunde gibt. (Melitta, die bey ſeiner Berührung zuſammengefahren, ſteht jetzt mit hochklopfender Bruſt, beyde Arme hinab- hängend, mit geſenktem Haupt und Auge unbeweglich da. Phaon hat ſich einige Schritte entfernt und betrachtet ſie von Weitem.) Man ruft von innen. Melitta! Melitta. Riefſt du mir? Phaon. Ich nicht. — Im Hauſe! Melitta (die Kränze, die ihr entfallen ſind, zuſammen raffend.) Ich komme ſchon! Phaon Biſt du ſo karg, Melitta? Verdient denn meine Gabe kein Geſchenk? Melitta. Ich, ein Geſchenk? Was hätt' ich, Arme, wohl? Phaon. Gold ſchenkt die Eitelkeit, der rauhe Stolz, Die Freundſchaft und die Liebe ſchenken Blumen. Hier haſt du Blumen ja. Melitta (die Blumen von ſich werfend.) Wie? dieſe hier, Die jene wilden Mädchen dort gepflückt, Sie, die beſtimmt für — Nimmermehr! <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <sp who="#PHA"> <p><pb facs="#f0050" n="40"/> Erinnerung, daß nicht bloß in der Heimath,<lb/> Daß auch in fernem Land' es — Freunde gibt.</p> </sp><lb/> <stage>(<hi rendition="#g">Melitta</hi>, die bey ſeiner Berührung zuſammengefahren,<lb/> ſteht jetzt mit hochklopfender Bruſt, beyde Arme hinab-<lb/> hängend, mit geſenktem Haupt und Auge unbeweglich da.<lb/><hi rendition="#g">Phaon</hi> hat ſich einige Schritte entfernt und betrachtet ſie<lb/> von Weitem.)</stage><lb/> <sp who="#MAN"> <speaker><hi rendition="#g">Man ruft von innen</hi>.</speaker><lb/> <p>Melitta!</p> </sp><lb/> <sp who="#MEL"> <speaker><hi rendition="#g">Melitta</hi>.</speaker><lb/> <p>Riefſt du mir?</p> </sp><lb/> <sp who="#PHA"> <speaker><hi rendition="#g">Phaon</hi>.</speaker><lb/> <p>Ich nicht. — Im Hauſe!</p> </sp><lb/> <sp who="#MEL"> <speaker> <hi rendition="#g">Melitta</hi> </speaker><lb/> <stage>(die Kränze, die ihr entfallen ſind, zuſammen raffend.)</stage><lb/> <p>Ich komme ſchon!</p> </sp><lb/> <sp who="#PHA"> <speaker> <hi rendition="#g">Phaon</hi> </speaker><lb/> <p>Biſt du ſo karg, Melitta?<lb/> Verdient denn meine Gabe kein Geſchenk?</p> </sp><lb/> <sp who="#MEL"> <speaker><hi rendition="#g">Melitta</hi>.</speaker><lb/> <p>Ich, ein Geſchenk? Was hätt' ich, Arme, wohl?</p> </sp><lb/> <sp who="#PHA"> <speaker><hi rendition="#g">Phaon</hi>.</speaker><lb/> <p>Gold ſchenkt die Eitelkeit, der rauhe Stolz,<lb/> Die Freundſchaft und die Liebe ſchenken Blumen.<lb/> Hier haſt du Blumen ja.</p> </sp><lb/> <sp who="#MEL"> <speaker> <hi rendition="#g">Melitta</hi> </speaker> <stage>(die Blumen von ſich werfend.)</stage><lb/> <p>Wie? dieſe hier,<lb/> Die jene wilden Mädchen dort gepflückt,<lb/> Sie, die beſtimmt für — Nimmermehr!</p> </sp><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [40/0050]
Erinnerung, daß nicht bloß in der Heimath,
Daß auch in fernem Land' es — Freunde gibt.
(Melitta, die bey ſeiner Berührung zuſammengefahren,
ſteht jetzt mit hochklopfender Bruſt, beyde Arme hinab-
hängend, mit geſenktem Haupt und Auge unbeweglich da.
Phaon hat ſich einige Schritte entfernt und betrachtet ſie
von Weitem.)
Man ruft von innen.
Melitta!
Melitta.
Riefſt du mir?
Phaon.
Ich nicht. — Im Hauſe!
Melitta
(die Kränze, die ihr entfallen ſind, zuſammen raffend.)
Ich komme ſchon!
Phaon
Biſt du ſo karg, Melitta?
Verdient denn meine Gabe kein Geſchenk?
Melitta.
Ich, ein Geſchenk? Was hätt' ich, Arme, wohl?
Phaon.
Gold ſchenkt die Eitelkeit, der rauhe Stolz,
Die Freundſchaft und die Liebe ſchenken Blumen.
Hier haſt du Blumen ja.
Melitta (die Blumen von ſich werfend.)
Wie? dieſe hier,
Die jene wilden Mädchen dort gepflückt,
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