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Grillparzer, Franz: Der arme Spielmann. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 5. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 275–344. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

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Einbildung, so für mich ohne Noten. Phantasiren, glaub' ich, heißt es in den Musikbüchern.

Wir waren Beide ganz still geworden. Er, aus Beschämung über das verrathene Geheimniß seines Innern; ich, voll Erstaunen, den Mann von den höchsten Stufen der Kunst sprechen zu hören, der nicht im Stande war, den leichtesten Walzer faßbar wiederzugeben. Er bereitete sich indeß zum Fortgehen.

Wo wohnen Sie? sagte ich. Ich möchte wohl einmal Ihren einsamen Uebungen beiwohnen. Oh, versetzte er fast flehend. Sie wissen wohl, das Gebet gehört ins Kämmerlein. -- So will ich Sie denn einmal am Tage besuchen, sagte ich. -- Den Tag über, erwiderte er, gehe ich meinem Unterhalt bei den Leuten nach. -- Also des Morgens denn. -- Sieht es doch beinahe aus, sagte der Alte lächelnd, als ob Sie, verehrter Herr, der Beschenkte wären, und ich, wenn es mir erlaubt ist zu sagen, der Wohlthäter; so freundlich sind Sie, und so widerwärtig ziehe ich mich zurück. Ihr vornehmer Besuch wird meiner Wohnung immer eine Ehre sein; nur bäte ich, daß Sie den Tag Ihrer Dahinkunst mir großgünstig im Voraus bestimmten, damit weder Sie durch Ungehörigkeit aufgehalten, noch ich genöthigt werde, ein zur Zeit etwa begonnenes Geschäft unziemlich zu unterbrechen. Mein Morgen nämlich hat auch seine Bestimmung. Ich halte es jedenfalls für meine Pflicht, meinen Gönnern und Wohlthätern für ihr Geschenk eine nicht ganz unwürdige Gegengabe darzureichen. Ich will

Einbildung, so für mich ohne Noten. Phantasiren, glaub' ich, heißt es in den Musikbüchern.

Wir waren Beide ganz still geworden. Er, aus Beschämung über das verrathene Geheimniß seines Innern; ich, voll Erstaunen, den Mann von den höchsten Stufen der Kunst sprechen zu hören, der nicht im Stande war, den leichtesten Walzer faßbar wiederzugeben. Er bereitete sich indeß zum Fortgehen.

Wo wohnen Sie? sagte ich. Ich möchte wohl einmal Ihren einsamen Uebungen beiwohnen. Oh, versetzte er fast flehend. Sie wissen wohl, das Gebet gehört ins Kämmerlein. — So will ich Sie denn einmal am Tage besuchen, sagte ich. — Den Tag über, erwiderte er, gehe ich meinem Unterhalt bei den Leuten nach. — Also des Morgens denn. — Sieht es doch beinahe aus, sagte der Alte lächelnd, als ob Sie, verehrter Herr, der Beschenkte wären, und ich, wenn es mir erlaubt ist zu sagen, der Wohlthäter; so freundlich sind Sie, und so widerwärtig ziehe ich mich zurück. Ihr vornehmer Besuch wird meiner Wohnung immer eine Ehre sein; nur bäte ich, daß Sie den Tag Ihrer Dahinkunst mir großgünstig im Voraus bestimmten, damit weder Sie durch Ungehörigkeit aufgehalten, noch ich genöthigt werde, ein zur Zeit etwa begonnenes Geschäft unziemlich zu unterbrechen. Mein Morgen nämlich hat auch seine Bestimmung. Ich halte es jedenfalls für meine Pflicht, meinen Gönnern und Wohlthätern für ihr Geschenk eine nicht ganz unwürdige Gegengabe darzureichen. Ich will

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[0017] Einbildung, so für mich ohne Noten. Phantasiren, glaub' ich, heißt es in den Musikbüchern. Wir waren Beide ganz still geworden. Er, aus Beschämung über das verrathene Geheimniß seines Innern; ich, voll Erstaunen, den Mann von den höchsten Stufen der Kunst sprechen zu hören, der nicht im Stande war, den leichtesten Walzer faßbar wiederzugeben. Er bereitete sich indeß zum Fortgehen. Wo wohnen Sie? sagte ich. Ich möchte wohl einmal Ihren einsamen Uebungen beiwohnen. Oh, versetzte er fast flehend. Sie wissen wohl, das Gebet gehört ins Kämmerlein. — So will ich Sie denn einmal am Tage besuchen, sagte ich. — Den Tag über, erwiderte er, gehe ich meinem Unterhalt bei den Leuten nach. — Also des Morgens denn. — Sieht es doch beinahe aus, sagte der Alte lächelnd, als ob Sie, verehrter Herr, der Beschenkte wären, und ich, wenn es mir erlaubt ist zu sagen, der Wohlthäter; so freundlich sind Sie, und so widerwärtig ziehe ich mich zurück. Ihr vornehmer Besuch wird meiner Wohnung immer eine Ehre sein; nur bäte ich, daß Sie den Tag Ihrer Dahinkunst mir großgünstig im Voraus bestimmten, damit weder Sie durch Ungehörigkeit aufgehalten, noch ich genöthigt werde, ein zur Zeit etwa begonnenes Geschäft unziemlich zu unterbrechen. Mein Morgen nämlich hat auch seine Bestimmung. Ich halte es jedenfalls für meine Pflicht, meinen Gönnern und Wohlthätern für ihr Geschenk eine nicht ganz unwürdige Gegengabe darzureichen. Ich will

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Zitationshilfe: Grillparzer, Franz: Der arme Spielmann. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 5. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 275–344. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grillparzer_spielmann_1910/17>, abgerufen am 21.11.2024.