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Grillparzer, Franz: Der arme Spielmann. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 5. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 275–344. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

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schaft. Da derlei aber, auf daß ich bei meiner Rede bleibe -- und dabei überzog ein selbstgefälliges Lächeln seine Züge -- da derlei aber eingeübt sein will, sind meine Morgenstunden ausschließend diesem Exercitium bestimmt. Die drei ersten Stunden des Tages der Uebung, die Mitte dem Broderwerb, und der Abend mir und dem lieben Gott, das heißt nicht unehrlich getheilt, sagte er, und dabei glänzten seine Augen wie feucht; er lächelte aber.

Gut denn, sagte ich, so werde ich Sie einmal Morgens überraschen. Wo wohnen Sie? Er nannte mir die Gärtnergasse. -- Hausnummer? -- Nummer 34 im ersten Stocke. -- In der That! rief ich, im Stockwerke der Vornehmen? -- Das Haus, sagte er, hat zwar eigentlich nur ein Erdgeschoß; es ist aber oben neben der Bodenkammer noch ein kleines Zimmer, das bewohne ich gemeinschaftlich mit zwei Handwerksgesellen. -- Ein Zimmer zu Dreien? -- Es ist abgetheilt, sagte er, und ich habe mein eigenes Bette.

Es wird spät, sprach ich, und Sie wollen nach Hause. Auf Wiedersehen denn! und dabei fuhr ich in die Tasche, um das früher gereichte gar zu kleine Geldgeschenk allenfalls zu verdoppeln. Er aber hatte mit der einen Hand das Notenpult, mit der andern seine Violine angefaßt und rief hastig: Was ich devotest verbitten muß. Das Honorarium für mein Spiel ist mir bereits in Fülle zu Theil geworden, eines andern Verdienstes aber bin ich mir zur Zeit nicht bewußt. Da-

schaft. Da derlei aber, auf daß ich bei meiner Rede bleibe — und dabei überzog ein selbstgefälliges Lächeln seine Züge — da derlei aber eingeübt sein will, sind meine Morgenstunden ausschließend diesem Exercitium bestimmt. Die drei ersten Stunden des Tages der Uebung, die Mitte dem Broderwerb, und der Abend mir und dem lieben Gott, das heißt nicht unehrlich getheilt, sagte er, und dabei glänzten seine Augen wie feucht; er lächelte aber.

Gut denn, sagte ich, so werde ich Sie einmal Morgens überraschen. Wo wohnen Sie? Er nannte mir die Gärtnergasse. — Hausnummer? — Nummer 34 im ersten Stocke. — In der That! rief ich, im Stockwerke der Vornehmen? — Das Haus, sagte er, hat zwar eigentlich nur ein Erdgeschoß; es ist aber oben neben der Bodenkammer noch ein kleines Zimmer, das bewohne ich gemeinschaftlich mit zwei Handwerksgesellen. — Ein Zimmer zu Dreien? — Es ist abgetheilt, sagte er, und ich habe mein eigenes Bette.

Es wird spät, sprach ich, und Sie wollen nach Hause. Auf Wiedersehen denn! und dabei fuhr ich in die Tasche, um das früher gereichte gar zu kleine Geldgeschenk allenfalls zu verdoppeln. Er aber hatte mit der einen Hand das Notenpult, mit der andern seine Violine angefaßt und rief hastig: Was ich devotest verbitten muß. Das Honorarium für mein Spiel ist mir bereits in Fülle zu Theil geworden, eines andern Verdienstes aber bin ich mir zur Zeit nicht bewußt. Da-

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Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-15T10:14:44Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-15T10:14:44Z)

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Zitationshilfe: Grillparzer, Franz: Der arme Spielmann. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 5. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 275–344. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grillparzer_spielmann_1910/19>, abgerufen am 28.04.2024.