Grimm, Jacob: Deutsche Grammatik. Bd. 1. Göttingen, 1822.II. allgemeine vergleichung der conjugation. mittelh. in der regel (und -s ausnahmsweise) neuh.überall, selbst im starken praet. ind. g) -t im goth. und altn. starken praet. ind., mit übergängen in -st, zt nach lingualen der wurzel (s. 844. 919. 920.) also auch in most, vaist, nicht in skalt, mant, kant (s. 852.) altn. veizt, skalt, mant, kannt (s. 926.) alth. nur in den anomalen toht, maht, scalt, darft, weist, muost, anst, chanst, tarst, wohin man auch pist (s. 881.) rech- nen kann; ebenso alts west, magt (? maht) skalt, kanst, bist; angels. most, vast, meaht, scealt, dearst, canst (neben duge, durfe, cunne, unne); mittelh. muost, weist, maht, solt, ganst, kanst, tarst, darft (zuweilen wilt neben wil) bist; neuh. überall -st, namentlich auch: magst, sollst, darfst, willst. Da dem goth. t. alth. z parallel ist, wäre für das goth. skalt, kant ein alth. scalz, chanz zu erwarten (vgl. tvaimtigum mit zueinzuc, salt mit salz) die verhärtete form scalt darf daher den überbleibseln eines früheren t statt z (s. 154. 155.) beigezählt werden; in maht, darft blieb das t, weil es die verbindung ht, ft überall bewahrt (s. 154.); für chant, tart erscheint chanst, tarst, wie schon im goth. praet. daursta, alth. torsta und chonsta neben chonda, alts. kunsta oder konsta (vgl. das goth. subst. ansts, alth. anst und chunst). -- Es ist schwer zu sagen, welche von beiden consonanzen, das -s oder -t hier ursprünglicher sey? ob sie unter einer ältern zus. fal- len (etwa dem -th)? altn. stehen -r und -t noch wei- ter ab; das -st für -s scheint spätere, vielleicht aus inclination des pronom. erklärliche verderbuis, aber verschieden von der entwickelung des -st statt -t im starken praet. Die goth. sprache kennt keine berüh- rung der auslaute -s und -t (z. b. die part. us, alth. ur, scheidet sich rein ab von ut, alth. auß) und nur inlautend wird vissa aus vitda, andavleizns aus anda- vleitns (?); auf die vermuthung eines älteren -th führt theils das -th in II. pl., theils das pronomen thu. Nach dem unbetonteren flexionsvocal könnte die aussprache -th dem -s genähert haben (vgl. engl. raineth, rai- nes) während nach betontem wurzelcons. -th zur te- nui[s] -t wurde (graipt st. graipth) oder begegnete th dem th dritter person? -- Die dritte pers. sg. behaup- tet consonantischen ausgang nur im praes. ind., hat ihn aber aufgegeben im praes. conj. sowohl als im praet. ind. und conj. Jener cons. ist ein goth. -th alth. -t, alts. -d, angels. dh; abweichend ein altn II. allgemeine vergleichung der conjugation. mittelh. in der regel (und -s ausnahmsweiſe) neuh.überall, ſelbſt im ſtarken praet. ind. γ) -t im goth. und altn. ſtarken praet. ind., mit übergängen in -ſt, zt nach lingualen der wurzel (ſ. 844. 919. 920.) alſo auch in môſt, váiſt, nicht in ſkalt, mant, kant (ſ. 852.) altn. veizt, ſkalt, mant, kannt (ſ. 926.) alth. nur in den anomalen tôht, maht, ſcalt, darft, weiſt, muoſt, anſt, chanſt, tarſt, wohin man auch piſt (ſ. 881.) rech- nen kann; ebenſo altſ wêſt, magt (? maht) ſkalt, kanſt, biſt; angelſ. môſt, vâſt, mëaht, ſcëalt, dëarſt, canſt (neben duge, durfe, cunne, unne); mittelh. muoſt, weiſt, maht, ſolt, ganſt, kanſt, tarſt, darft (zuweilen wilt neben wil) biſt; neuh. überall -ſt, namentlich auch: mâgſt, ſollſt, darfſt, willſt. Da dem goth. t. alth. z parallel iſt, wäre für das goth. ſkalt, kant ein alth. ſcalz, chanz zu erwarten (vgl. tváimtigum mit zueinzuc, ſalt mit ſalz) die verhärtete form ſcalt darf daher den überbleibſeln eines früheren t ſtatt z (ſ. 154. 155.) beigezählt werden; in maht, darft blieb das t, weil es die verbindung ht, ft überall bewahrt (ſ. 154.); für chant, tart erſcheint chanſt, tarſt, wie ſchon im goth. praet. daúrſta, alth. torſta und chonſta neben chonda, altſ. kunſta oder konſta (vgl. das goth. ſubſt. anſts, alth. anſt und chunſt). — Es iſt ſchwer zu ſagen, welche von beiden conſonanzen, das -s oder -t hier urſprünglicher ſey? ob ſie unter einer ältern zuſ. fal- len (etwa dem -þ)? altn. ſtehen -r und -t noch wei- ter ab; das -ſt für -s ſcheint ſpätere, vielleicht aus inclination des pronom. erklärliche verderbuis, aber verſchieden von der entwickelung des -ſt ſtatt -t im ſtarken praet. Die goth. ſprache kennt keine berüh- rung der auslaute -s und -t (z. b. die part. us, alth. ur, ſcheidet ſich rein ab von ut, alth. ûƷ) und nur inlautend wird viſſa aus vitda, andavleizns aus anda- vleitns (?); auf die vermuthung eines älteren -þ führt theils das -þ in II. pl., theils das pronomen þu. Nach dem unbetonteren flexionsvocal könnte die ausſprache -þ dem -s genähert haben (vgl. engl. raineth, rai- nes) während nach betontem wurzelconſ. -þ zur te- nui[ſ] -t wurde (gráipt ſt. gráipþ) oder begegnete þ dem þ dritter perſon? — Die dritte perſ. ſg. behaup- tet conſonantiſchen ausgang nur im praeſ. ind., hat ihn aber aufgegeben im praeſ. conj. ſowohl als im praet. ind. und conj. 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II. allgemeine vergleichung der conjugation.
mittelh. in der regel (und -s ausnahmsweiſe) neuh.
überall, ſelbſt im ſtarken praet. ind. γ) -t im goth.
und altn. ſtarken praet. ind., mit übergängen in -ſt,
zt nach lingualen der wurzel (ſ. 844. 919. 920.) alſo
auch in môſt, váiſt, nicht in ſkalt, mant, kant (ſ. 852.)
altn. veizt, ſkalt, mant, kannt (ſ. 926.) alth. nur in
den anomalen tôht, maht, ſcalt, darft, weiſt, muoſt,
anſt, chanſt, tarſt, wohin man auch piſt (ſ. 881.) rech-
nen kann; ebenſo altſ wêſt, magt (? maht) ſkalt, kanſt,
biſt; angelſ. môſt, vâſt, mëaht, ſcëalt, dëarſt, canſt
(neben duge, durfe, cunne, unne); mittelh. muoſt,
weiſt, maht, ſolt, ganſt, kanſt, tarſt, darft (zuweilen
wilt neben wil) biſt; neuh. überall -ſt, namentlich
auch: mâgſt, ſollſt, darfſt, willſt. Da dem goth. t.
alth. z parallel iſt, wäre für das goth. ſkalt, kant ein
alth. ſcalz, chanz zu erwarten (vgl. tváimtigum mit
zueinzuc, ſalt mit ſalz) die verhärtete form ſcalt darf
daher den überbleibſeln eines früheren t ſtatt z (ſ. 154.
155.) beigezählt werden; in maht, darft blieb das t,
weil es die verbindung ht, ft überall bewahrt (ſ. 154.);
für chant, tart erſcheint chanſt, tarſt, wie ſchon im
goth. praet. daúrſta, alth. torſta und chonſta neben
chonda, altſ. kunſta oder konſta (vgl. das goth. ſubſt.
anſts, alth. anſt und chunſt). — Es iſt ſchwer zu ſagen,
welche von beiden conſonanzen, das -s oder -t hier
urſprünglicher ſey? ob ſie unter einer ältern zuſ. fal-
len (etwa dem -þ)? altn. ſtehen -r und -t noch wei-
ter ab; das -ſt für -s ſcheint ſpätere, vielleicht aus
inclination des pronom. erklärliche verderbuis, aber
verſchieden von der entwickelung des -ſt ſtatt -t im
ſtarken praet. Die goth. ſprache kennt keine berüh-
rung der auslaute -s und -t (z. b. die part. us, alth.
ur, ſcheidet ſich rein ab von ut, alth. ûƷ) und nur
inlautend wird viſſa aus vitda, andavleizns aus anda-
vleitns (?); auf die vermuthung eines älteren -þ führt
theils das -þ in II. pl., theils das pronomen þu. Nach
dem unbetonteren flexionsvocal könnte die ausſprache
-þ dem -s genähert haben (vgl. engl. raineth, rai-
nes) während nach betontem wurzelconſ. -þ zur te-
nuiſ -t wurde (gráipt ſt. gráipþ) oder begegnete þ
dem þ dritter perſon? — Die dritte perſ. ſg. behaup-
tet conſonantiſchen ausgang nur im praeſ. ind., hat
ihn aber aufgegeben im praeſ. conj. ſowohl als im
praet. ind. und conj. Jener conſ. iſt ein goth. -þ
alth. -t, altſ. -d, angelſ. dh; abweichend ein altn
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