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Grimm, Jacob: Deutsche Grammatik. Bd. 1. Göttingen, 1822.

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I. althochdeutsche consonanten. labiales.
2) in den von den Römern aufbehaltenen eigennamen
ist noch keine spur der alth. labialordnung, sondern
vielmehr gilt die organische gothische. Die tenuis p
in: peucini, menapii, usipii, usipetes, luppia (niederd.
lippe) *) -- die media b. in belgae, bonna, baduhenna,
-burg, bructeri, vibilius, tolbiacum (hochd. zulpich)
gelduba, longobardi, cimbri, maroboduus, ubii, etc. --
die asp. f. in fenni, fosi, frisii. tanfana, canninefas,
framea -- die spirans v. in vandali, vangiones, suevi,
helvetii, visurgis, treveri etc. Manche dieser namen
sind uns dunkel **) aber die vergleichbaren f. entspre-
chen nie einem niederd. p, die vergleichbaren p. kei-
nem niederd. b. sondern der hochd. asp. ph.
3) die alth. denkmähler selbst zeigen spuren der tenuis,
wo man asp. erwarten sollte, nämlich in wörtern, in
welchen auch die übrigen deutschen mundarten tenuis
haben. Namentlich in peina (dolor) perala (unio)
puzza (puteus) paradeisi, pilgrim, palinza, pedarsil
(petroselinum) palma, tempal, probist, pimenta, prosa,
pira (pirus), piscof (episcopus) und ähnlichen, meistens
aus dem latein entlehnten wörtern. Die entlehnung
muß in einer frühen zeit erfolgt seyn, wo die aspi-
ration noch nicht eingeführt war, später aber war es
natürlich, daß diese fremde wörter, die sich dem
gange der deutschen laute nicht fügen wollten, ver-
schonte, wenigstens größtentheils; ja einige derselben
nahmen bei solchen, die der strengalth. tenuis die
media b. vorziehen oder mit beiden wechseln, wie
besonders N., den umständen nach, letztere an, z. b.
beina (dolor) bira (pirus) buzza (puteus) und auch bei
O. und T. biscof. Andere schwanken nach verschie-
denheit der denkmähler und zeiten zwischen tenuis
und asp. z. b. J. setzt noch porta, spätere phorta;
O. noch pad (callis) plegan (solere) N. phad, phlegen,
allein porta. In den mons. gl. herrscht ph. entschie-
den, als: phant, phunt, phanna, phersiboum (persicus)
phorzih (porticus) phellol, phorri (porrus) phalanza,
phlanza und nur in jenen zuerst genannten hat sich
*) Vgl. den frauennamen pipara, den Trebellius Pollio, in
Salonino cap. 3. aus Gallienus zeit aufbewahrt hat.
**) Namentlich framea (missile) welches man unpassend mit
pfrieme (acus, silum ferreum) nord. prion, niederd.
preem zusammenstellt.
I. althochdeutſche conſonanten. labiales.
2) in den von den Römern aufbehaltenen eigennamen
iſt noch keine ſpur der alth. labialordnung, ſondern
vielmehr gilt die organiſche gothiſche. Die tenuis p
in: peucini, menapii, uſipii, uſipetes, luppia (niederd.
lippe) *) — die media b. in belgae, bonna, baduhenna,
-burg, bructeri, vibilius, tolbiacum (hochd. zulpich)
gelduba, longobardi, cimbri, maroboduus, ubii, etc. —
die aſp. f. in fenni, foſi, friſii. tanfana, canninefas,
framea — die ſpirans v. in vandali, vangiones, ſuevi,
helvetii, viſurgis, treveri etc. Manche dieſer namen
ſind uns dunkel **) aber die vergleichbaren f. entſpre-
chen nie einem niederd. p, die vergleichbaren p. kei-
nem niederd. b. ſondern der hochd. aſp. ph.
3) die alth. denkmähler ſelbſt zeigen ſpuren der tenuis,
wo man aſp. erwarten ſollte, nämlich in wörtern, in
welchen auch die übrigen deutſchen mundarten tenuis
haben. Namentlich in pîna (dolor) përala (unio)
puzza (puteus) paradîſi, pilgrim, palinza, pëdarſil
(petroſelinum) palma, tempal, probiſt, pimenta, proſa,
pira (pirus), piſcôf (epiſcopus) und ähnlichen, meiſtens
aus dem latein entlehnten wörtern. Die entlehnung
muß in einer frühen zeit erfolgt ſeyn, wo die aſpi-
ration noch nicht eingeführt war, ſpäter aber war es
natürlich, daß dieſe fremde wörter, die ſich dem
gange der deutſchen laute nicht fügen wollten, ver-
ſchonte, wenigſtens größtentheils; ja einige derſelben
nahmen bei ſolchen, die der ſtrengalth. tenuis die
media b. vorziehen oder mit beiden wechſeln, wie
beſonders N., den umſtänden nach, letztere an, z. b.
bîna (dolor) bira (pirus) buzza (puteus) und auch bei
O. und T. biſcôf. Andere ſchwanken nach verſchie-
denheit der denkmähler und zeiten zwiſchen tenuis
und aſp. z. b. J. ſetzt noch porta, ſpätere phorta;
O. noch pad (callis) plëgan (ſolere) N. phad, phlëgen,
allein porta. In den monſ. gl. herrſcht ph. entſchie-
den, als: phant, phunt, phanna, pherſiboum (perſicus)
phorzih (porticus) phellôl, phorri (porrus) phalanza,
phlanza und nur in jenen zuerſt genannten hat ſich
*) Vgl. den frauennamen pipara, den Trebellius Pollio, in
Salonino cap. 3. aus Gallienus zeit aufbewahrt hat.
**) Namentlich framea (miſſile) welches man unpaſſend mit
pfrieme (acus, ſilum ferreum) nord. prion, niederd.
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[128/0154] I. althochdeutſche conſonanten. labiales. 2) in den von den Römern aufbehaltenen eigennamen iſt noch keine ſpur der alth. labialordnung, ſondern vielmehr gilt die organiſche gothiſche. Die tenuis p in: peucini, menapii, uſipii, uſipetes, luppia (niederd. lippe) *) — die media b. in belgae, bonna, baduhenna, -burg, bructeri, vibilius, tolbiacum (hochd. zulpich) gelduba, longobardi, cimbri, maroboduus, ubii, etc. — die aſp. f. in fenni, foſi, friſii. tanfana, canninefas, framea — die ſpirans v. in vandali, vangiones, ſuevi, helvetii, viſurgis, treveri etc. Manche dieſer namen ſind uns dunkel **) aber die vergleichbaren f. entſpre- chen nie einem niederd. p, die vergleichbaren p. kei- nem niederd. b. ſondern der hochd. aſp. ph. 3) die alth. denkmähler ſelbſt zeigen ſpuren der tenuis, wo man aſp. erwarten ſollte, nämlich in wörtern, in welchen auch die übrigen deutſchen mundarten tenuis haben. Namentlich in pîna (dolor) përala (unio) puzza (puteus) paradîſi, pilgrim, palinza, pëdarſil (petroſelinum) palma, tempal, probiſt, pimenta, proſa, pira (pirus), piſcôf (epiſcopus) und ähnlichen, meiſtens aus dem latein entlehnten wörtern. Die entlehnung muß in einer frühen zeit erfolgt ſeyn, wo die aſpi- ration noch nicht eingeführt war, ſpäter aber war es natürlich, daß dieſe fremde wörter, die ſich dem gange der deutſchen laute nicht fügen wollten, ver- ſchonte, wenigſtens größtentheils; ja einige derſelben nahmen bei ſolchen, die der ſtrengalth. tenuis die media b. vorziehen oder mit beiden wechſeln, wie beſonders N., den umſtänden nach, letztere an, z. b. bîna (dolor) bira (pirus) buzza (puteus) und auch bei O. und T. biſcôf. Andere ſchwanken nach verſchie- denheit der denkmähler und zeiten zwiſchen tenuis und aſp. z. b. J. ſetzt noch porta, ſpätere phorta; O. noch pad (callis) plëgan (ſolere) N. phad, phlëgen, allein porta. In den monſ. gl. herrſcht ph. entſchie- den, als: phant, phunt, phanna, pherſiboum (perſicus) phorzih (porticus) phellôl, phorri (porrus) phalanza, phlanza und nur in jenen zuerſt genannten hat ſich *) Vgl. den frauennamen pipara, den Trebellius Pollio, in Salonino cap. 3. aus Gallienus zeit aufbewahrt hat. **) Namentlich framea (miſſile) welches man unpaſſend mit pfrieme (acus, ſilum ferreum) nord. prion, niederd. preem zuſammenſtellt.

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Zitationshilfe: Grimm, Jacob: Deutsche Grammatik. Bd. 1. Göttingen, 1822, S. 128. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_grammatik01_1822/154>, abgerufen am 22.11.2024.