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Grimm, Jacob: Deutsche Grammatik. Bd. 1. Göttingen, 1822.

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I. althochdeutsche consonanten. linguales.
sculdrom, scuof, screiban, 369. himilisca, 409. fleisc, 375.
infleiscnissa, 382. fleisclih, 386. manniscnissa 391. himi-
liscun). Bei K. O. T. *) würde man dergl. vergebens
suchen, ungeregelter schwanken die glossen, vgl. gl.
aug. 119a schirrit (radit) 119b scherm, 121b schelta (im-
precatio) aber 124b scelta; 127b scheron (stertere, ebenso
gl. jun. 181.) **), es gibt leicht noch weitere belege,
doch machen die sc lange die regel aus; mitunter lau-
fen seltene scha, gl. aug. 120a schahho (lingua maris)
doc. 233a schapen (radant). Mehr kommt darauf zu
wißen an, wie es N. mit sc und sch hält. In den
hss. der ungedruckten werke fand Füglistaller sch nur
ein einzigesmahl, insgemein sce, sce, scei und nicht
sche, sche, schei etc. Die psalmen aber zeigen sche,
schie, schei, schi sehr häufig, daneben auch sce, scie
etc. gewöhnlich sca, scu, einigemahl scha (vgl. 17, 39).
Aus allen diesen, wenn gleich unsicheren schreibungen
müßen wir unleugbar folgern, daß sich bereits in den
ältesten hochd. denkmählern ein übergang des sk (sc)
in sch, man kann sagen, eine aspiration des sk ange-
setzt hatte; sie fieng mit dem sche, sche, schei, schi,
schie, schei an. ergriff allmählig das ska, sku etc. und
breitete sich immer weiter aus, so daß im mittelh. ent-
schieden kein sc, sondern überall sch, selbst schr herrschte.
Auch hiermit hatte es sein bewenden nicht, die form
sch wurde der hochdeutschen zunge so geläufig, daß sie
späterhin das reine s in den anlauten sl. sm. sn. sw an-
steckte und in schl. schm. schn. schw., hernach auf der
letzten stufe, zwar noch nicht in der schrift, aber in
der aussprache, die am längsten widerstehenden anlaute
sp. spr. st. sir in schp. schpr. scht. schtr wandelte. Be-
kanntlich nehmen volksmundarten, namentlich die
schwäbische auch ein in- und auslautendes schp und
scht an. Ich habe diese hist. entwickelung bis auf die
jüngste zeit durchgeführt, um mit der progression des
sch seine frühere aufsteigende seltenheit zu erweisen.
Organisch war die reine und scharfe aussprache des sau-
selauts in den fraglichen verbindungen sl, sm etc. Ein
sr hat der Deutsche nie gehabt, sondern ein skr; der
Slave unterscheidet beide, verwechselt sie aber nicht

*) Dieser hat einigemahl shef 19, 4, 5, 6. anderemahl scef
70, 2. 38, 2. shiura.
**) Der wurzelvocal noch ungewiß; vielleicht sceron?

I. althochdeutſche conſonanten. linguales.
ſculdrom, ſcuof, ſcrîban, 369. himiliſca, 409. fleiſc, 375.
infleiſcniſſa, 382. fleiſclih, 386. manniſcniſſa 391. himi-
liſcun). Bei K. O. T. *) würde man dergl. vergebens
ſuchen, ungeregelter ſchwanken die gloſſen, vgl. gl.
aug. 119a ſchirrit (radit) 119b ſchërm, 121b ſchëlta (im-
precatio) aber 124b ſcëlta; 127b ſchërôn (ſtertere, ebenſo
gl. jun. 181.) **), es gibt leicht noch weitere belege,
doch machen die ſc lange die regel aus; mitunter lau-
fen ſeltene ſcha, gl. aug. 120a ſchahho (lingua maris)
doc. 233a ſchapen (radant). Mehr kommt darauf zu
wißen an, wie es N. mit ſc und ſch hält. In den
hſſ. der ungedruckten werke fand Fügliſtaller ſch nur
ein einzigesmahl, insgemein ſce, ſcë, ſcei und nicht
ſche, ſchë, ſchei etc. Die pſalmen aber zeigen ſchë,
ſchie, ſchei, ſchì ſehr häufig, daneben auch ſcë, ſcie
etc. gewöhnlich ſca, ſcu, einigemahl ſcha (vgl. 17, 39).
Aus allen dieſen, wenn gleich unſicheren ſchreibungen
müßen wir unleugbar folgern, daß ſich bereits in den
älteſten hochd. denkmählern ein übergang des ſk (ſc)
in ſch, man kann ſagen, eine aſpiration des ſk ange-
ſetzt hatte; ſie fieng mit dem ſchë, ſche, ſchei, ſchi,
ſchie, ſchî an. ergriff allmählig das ſka, ſku etc. und
breitete ſich immer weiter aus, ſo daß im mittelh. ent-
ſchieden kein ſc, ſondern überall ſch, ſelbſt ſchr herrſchte.
Auch hiermit hatte es ſein bewenden nicht, die form
ſch wurde der hochdeutſchen zunge ſo geläufig, daß ſie
ſpäterhin das reine ſ in den anlauten ſl. ſm. ſn. ſw an-
ſteckte und in ſchl. ſchm. ſchn. ſchw., hernach auf der
letzten ſtufe, zwar noch nicht in der ſchrift, aber in
der ausſprache, die am längſten widerſtehenden anlaute
ſp. ſpr. ſt. ſir in ſchp. ſchpr. ſcht. ſchtr wandelte. Be-
kanntlich nehmen volksmundarten, namentlich die
ſchwäbiſche auch ein in- und auslautendes ſchp und
ſcht an. Ich habe dieſe hiſt. entwickelung bis auf die
jüngſte zeit durchgeführt, um mit der progreſſion des
ſch ſeine frühere aufſteigende ſeltenheit zu erweiſen.
Organiſch war die reine und ſcharfe ausſprache des ſau-
ſelauts in den fraglichen verbindungen ſl, ſm etc. Ein
ſr hat der Deutſche nie gehabt, ſondern ein ſkr; der
Slave unterſcheidet beide, verwechſelt ſie aber nicht

*) Dieſer hat einigemahl ſhëf 19, 4, 5, 6. anderemahl ſcëf
70, 2. 38, 2. ſhiura.
**) Der wurzelvocal noch ungewiß; vielleicht ſcêrôn?
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[174/0200] I. althochdeutſche conſonanten. linguales. ſculdrom, ſcuof, ſcrîban, 369. himiliſca, 409. fleiſc, 375. infleiſcniſſa, 382. fleiſclih, 386. manniſcniſſa 391. himi- liſcun). Bei K. O. T. *) würde man dergl. vergebens ſuchen, ungeregelter ſchwanken die gloſſen, vgl. gl. aug. 119a ſchirrit (radit) 119b ſchërm, 121b ſchëlta (im- precatio) aber 124b ſcëlta; 127b ſchërôn (ſtertere, ebenſo gl. jun. 181.) **), es gibt leicht noch weitere belege, doch machen die ſc lange die regel aus; mitunter lau- fen ſeltene ſcha, gl. aug. 120a ſchahho (lingua maris) doc. 233a ſchapen (radant). Mehr kommt darauf zu wißen an, wie es N. mit ſc und ſch hält. In den hſſ. der ungedruckten werke fand Fügliſtaller ſch nur ein einzigesmahl, insgemein ſce, ſcë, ſcei und nicht ſche, ſchë, ſchei etc. Die pſalmen aber zeigen ſchë, ſchie, ſchei, ſchì ſehr häufig, daneben auch ſcë, ſcie etc. gewöhnlich ſca, ſcu, einigemahl ſcha (vgl. 17, 39). Aus allen dieſen, wenn gleich unſicheren ſchreibungen müßen wir unleugbar folgern, daß ſich bereits in den älteſten hochd. denkmählern ein übergang des ſk (ſc) in ſch, man kann ſagen, eine aſpiration des ſk ange- ſetzt hatte; ſie fieng mit dem ſchë, ſche, ſchei, ſchi, ſchie, ſchî an. ergriff allmählig das ſka, ſku etc. und breitete ſich immer weiter aus, ſo daß im mittelh. ent- ſchieden kein ſc, ſondern überall ſch, ſelbſt ſchr herrſchte. Auch hiermit hatte es ſein bewenden nicht, die form ſch wurde der hochdeutſchen zunge ſo geläufig, daß ſie ſpäterhin das reine ſ in den anlauten ſl. ſm. ſn. ſw an- ſteckte und in ſchl. ſchm. ſchn. ſchw., hernach auf der letzten ſtufe, zwar noch nicht in der ſchrift, aber in der ausſprache, die am längſten widerſtehenden anlaute ſp. ſpr. ſt. ſir in ſchp. ſchpr. ſcht. ſchtr wandelte. Be- kanntlich nehmen volksmundarten, namentlich die ſchwäbiſche auch ein in- und auslautendes ſchp und ſcht an. Ich habe dieſe hiſt. entwickelung bis auf die jüngſte zeit durchgeführt, um mit der progreſſion des ſch ſeine frühere aufſteigende ſeltenheit zu erweiſen. Organiſch war die reine und ſcharfe ausſprache des ſau- ſelauts in den fraglichen verbindungen ſl, ſm etc. Ein ſr hat der Deutſche nie gehabt, ſondern ein ſkr; der Slave unterſcheidet beide, verwechſelt ſie aber nicht *) Dieſer hat einigemahl ſhëf 19, 4, 5, 6. anderemahl ſcëf 70, 2. 38, 2. ſhiura. **) Der wurzelvocal noch ungewiß; vielleicht ſcêrôn?

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Zitationshilfe: Grimm, Jacob: Deutsche Grammatik. Bd. 1. Göttingen, 1822, S. 174. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_grammatik01_1822/200>, abgerufen am 09.11.2024.