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Grimm, Jacob: Deutsche Grammatik. Bd. 1. Göttingen, 1822.

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I. althochdeutsche consonanten. gutturales.
schon oben s. 177. bemerkte, mehr zu dem lat. c in
wörtern, wie centum, cannabis etc. als das durch
alle übrigen deutsch. mundarten verbreitete h, wel-
chem indessen ein gleiches alter zugestanden werden
muß, weil es die goth und die frühsten spuren der
anderen mundarten zeigen. Auch pflegen unfränkische
schriftsteller das ch fränkischer eigennamen in h auf-
zulösen, z. b. Marcell. comes schreibt: hlotarius, hil-
debertus, hramnus. Soviel ist klar, daß dieses alt-
fränk. ch mit dem (aus der ten. entspringenden) ge-
wöhnl. alth. ch keine gemeinschaft hat, vermuthlich
auch etwas schwächer ausgesprochen worden ist.
Wann es sich verliert? fällt bei dem mangel späterer
fränk. denkmähler zu bestimmen schwer; einzelne
eigennamen haben es behalten, andere in c verwan-
delt. z. b. clovis, welches die Franzosen von louis
unterscheiden, als ob es zweierlei wörter wären. --
2) der inlaut. a) dem goth. inlautenden k entspricht ei-
gentlich in allen alth. denkmählern die asp. ch, nicht
bloß bei K. und N. sondern (wenn vocal vorausgeht)
auch bei O. und T. vgl. sacha, brechan, wecha, michil,
zeichan, pauchan (nutus), siuchan, puoche etc. So
wird auch bei N. überall und im späteren mittelh.
geschrieben. Die früheren alth. quellen kennen die-
selbe schreibung, brauchen sie aber nicht ausschließ-
lich, sondern daneben fast häufiger das geminierte h.
als: sahha, nahho (cymba) brehhan, wehha, mihhil etc.
Dieses hh scheint etwas milder, als ch auszusprechen,
denn es entspringt aus dem auslaut h (statt ch), der
inlautend geminiert (wie man, mannes; fal, falles;
puoh, puohhes) und wirklich findet sich zuweilen
auch inlautend das einfache h geschrieben: mihil (st.
mihhil) zumahl nach langen vocalen als: zeihan, pau-
han, brahun (fregerunt) etc. Häufig aber müßen ch
und hh völlig zusammengefallen seyn, weil sie in den-
selben quellen hintereinander wechseln, z. b. bei K.
racha und rahha, machot und mahhot *). Von den
nachtheilen der schreibung hh unten bei den gemina-
tionen. -- b) gehen consonanten voraus, so hat sich
*) Ja, er schwankt in eine dritte schreibung hch, z. b. ahchust,
lihchamo, wehcha, suahchan etc. statt achust, suachan oder
suahhan, leihhamo, welche miteinander alle wechseln. Von
dem unten zu erörternden cch muß man dieses hch wohl
unterscheiden. T. 229, 3. gleichfalls brehchan f. breohan
und N. 45, 2. sihchur f. sicher.
I. althochdeutſche conſonanten. gutturales.
ſchon oben ſ. 177. bemerkte, mehr zu dem lat. c in
wörtern, wie centum, cannabis etc. als das durch
alle übrigen deutſch. mundarten verbreitete h, wel-
chem indeſſen ein gleiches alter zugeſtanden werden
muß, weil es die goth und die frühſten ſpuren der
anderen mundarten zeigen. Auch pflegen unfränkiſche
ſchriftſteller das ch fränkiſcher eigennamen in h auf-
zulöſen, z. b. Marcell. comes ſchreibt: hlotarius, hil-
debertus, hramnus. Soviel iſt klar, daß dieſes alt-
fränk. ch mit dem (aus der ten. entſpringenden) ge-
wöhnl. alth. ch keine gemeinſchaft hat, vermuthlich
auch etwas ſchwächer ausgeſprochen worden iſt.
Wann es ſich verliert? fällt bei dem mangel ſpäterer
fränk. denkmähler zu beſtimmen ſchwer; einzelne
eigennamen haben es behalten, andere in c verwan-
delt. z. b. clovis, welches die Franzoſen von louis
unterſcheiden, als ob es zweierlei wörter wären. —
2) der inlaut. a) dem goth. inlautenden k entſpricht ei-
gentlich in allen alth. denkmählern die aſp. ch, nicht
bloß bei K. und N. ſondern (wenn vocal vorausgeht)
auch bei O. und T. vgl. ſacha, brëchan, wëcha, michil,
zeichan, pauchan (nutus), ſiuchan, puoche etc. So
wird auch bei N. überall und im ſpäteren mittelh.
geſchrieben. Die früheren alth. quellen kennen die-
ſelbe ſchreibung, brauchen ſie aber nicht ausſchließ-
lich, ſondern daneben faſt häufiger das geminierte h.
als: ſahha, nahho (cymba) brëhhan, wëhha, mihhil etc.
Dieſes hh ſcheint etwas milder, als ch auszuſprechen,
denn es entſpringt aus dem auslaut h (ſtatt ch), der
inlautend geminiert (wie man, mannes; fal, falles;
puoh, puohhes) und wirklich findet ſich zuweilen
auch inlautend das einfache h geſchrieben: mihil (ſt.
mihhil) zumahl nach langen vocalen als: zeihan, pau-
han, brâhun (fregerunt) etc. Häufig aber müßen ch
und hh völlig zuſammengefallen ſeyn, weil ſie in den-
ſelben quellen hintereinander wechſeln, z. b. bei K.
racha und rahha, machôt und mahhôt *). Von den
nachtheilen der ſchreibung hh unten bei den gemina-
tionen. — b) gehen conſonanten voraus, ſo hat ſich
*) Ja, er ſchwankt in eine dritte ſchreibung hch, z. b. ahchuſt,
lihchamo, wëhcha, ſuahchan etc. ſtatt achuſt, ſuachan oder
ſuahhan, lîhhamo, welche miteinander alle wechſeln. Von
dem unten zu erörternden cch muß man dieſes hch wohl
unterſcheiden. T. 229, 3. gleichfalls brëhchan f. brëohan
und N. 45, 2. ſihchur f. ſicher.
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[185/0211] I. althochdeutſche conſonanten. gutturales. ſchon oben ſ. 177. bemerkte, mehr zu dem lat. c in wörtern, wie centum, cannabis etc. als das durch alle übrigen deutſch. mundarten verbreitete h, wel- chem indeſſen ein gleiches alter zugeſtanden werden muß, weil es die goth und die frühſten ſpuren der anderen mundarten zeigen. Auch pflegen unfränkiſche ſchriftſteller das ch fränkiſcher eigennamen in h auf- zulöſen, z. b. Marcell. comes ſchreibt: hlotarius, hil- debertus, hramnus. Soviel iſt klar, daß dieſes alt- fränk. ch mit dem (aus der ten. entſpringenden) ge- wöhnl. alth. ch keine gemeinſchaft hat, vermuthlich auch etwas ſchwächer ausgeſprochen worden iſt. Wann es ſich verliert? fällt bei dem mangel ſpäterer fränk. denkmähler zu beſtimmen ſchwer; einzelne eigennamen haben es behalten, andere in c verwan- delt. z. b. clovis, welches die Franzoſen von louis unterſcheiden, als ob es zweierlei wörter wären. — 2) der inlaut. a) dem goth. inlautenden k entſpricht ei- gentlich in allen alth. denkmählern die aſp. ch, nicht bloß bei K. und N. ſondern (wenn vocal vorausgeht) auch bei O. und T. vgl. ſacha, brëchan, wëcha, michil, zeichan, pauchan (nutus), ſiuchan, puoche etc. So wird auch bei N. überall und im ſpäteren mittelh. geſchrieben. Die früheren alth. quellen kennen die- ſelbe ſchreibung, brauchen ſie aber nicht ausſchließ- lich, ſondern daneben faſt häufiger das geminierte h. als: ſahha, nahho (cymba) brëhhan, wëhha, mihhil etc. Dieſes hh ſcheint etwas milder, als ch auszuſprechen, denn es entſpringt aus dem auslaut h (ſtatt ch), der inlautend geminiert (wie man, mannes; fal, falles; puoh, puohhes) und wirklich findet ſich zuweilen auch inlautend das einfache h geſchrieben: mihil (ſt. mihhil) zumahl nach langen vocalen als: zeihan, pau- han, brâhun (fregerunt) etc. Häufig aber müßen ch und hh völlig zuſammengefallen ſeyn, weil ſie in den- ſelben quellen hintereinander wechſeln, z. b. bei K. racha und rahha, machôt und mahhôt *). Von den nachtheilen der ſchreibung hh unten bei den gemina- tionen. — b) gehen conſonanten voraus, ſo hat ſich *) Ja, er ſchwankt in eine dritte ſchreibung hch, z. b. ahchuſt, lihchamo, wëhcha, ſuahchan etc. ſtatt achuſt, ſuachan oder ſuahhan, lîhhamo, welche miteinander alle wechſeln. Von dem unten zu erörternden cch muß man dieſes hch wohl unterſcheiden. T. 229, 3. gleichfalls brëhchan f. brëohan und N. 45, 2. ſihchur f. ſicher.

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Zitationshilfe: Grimm, Jacob: Deutsche Grammatik. Bd. 1. Göttingen, 1822, S. 185. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_grammatik01_1822/211>, abgerufen am 11.05.2024.