Grimm, Jacob: Deutsche Grammatik. Bd. 1. Göttingen, 1822.I. mittelhochdeutsche vocale. Bedenklich scheinen: stahel (chalybs) gemahel (conjux)die vielleicht kurzes a (und dann auch im alth. oben s. 87. 89.) folglich im umlaut entw. staehelin oder stehe- lein haben; für keins von beiden entscheidet Nib. 7785 (wo der klingende verseinschnitt mehelen oder maeheln fordert) wie sich aber aus dem organ. fahan. hahan ein unleugbares fahan. hahan entwickelte, so kann der gleiche fall bei stahal, mahal eintreten, (daß die zus. ziehung stal lautet, versteht sich, vgl. stale: quale Georg 9a). Ferner brahten, gedahten scheinen der verführerischen analogie vahten, vlahten zu folgen, da der pl. schw. conj. das a nicht verlängert, auch mahten (poterant): be- trahten reimt (Wig. 77.). Aber neben mahte (nicht mahte) begünstigt die mittelh. sprache selbst den sg. brahte, dahte; part. braht, gedaht, beide von braht (fragor) gedaht (tectus) unterscheidend, vgl. brahte, gedahte: nahte, gahte Wilh. 2, 73a Georg 2[8]b 37b Wig. 46. Ernst 10a 38b 47b) braht: erdaht: versmaht (Ben. 122.) wogegen naht: braht: gedaht (Nib. 2749. 5813. 6647. 6979. 6989. 9599.) brahte: ahte (troj. 179a) getrahte: gedahte (a. Heinr. 206b oder gedrate: gedahte? vgl. kolocß. 58). In der weltchron. reimt Ru- dolf taht (ellychnium): naht, aber tahten: brahten. Weniger reimungenauigkeit, als unsichere aussprache des kurzen a vor ht, vgl. das nord. a vor tt (statt ht) und vorhin (s. 334.) eht statt eht. Die bildungen auf -ach (staudach, albernach, troj. 4c Wilh. 2, 23a 27b) bekom- men zuweilen langes a, vgl. dornach: gach (Parc. 69a); über Wiruts reim sach: gach: nach (59. 270) vgl. die bemerkung zur conjug. des alth. sehan. -- 6) auch in andern fällen binden zuweilen genaue, häufiger ungenaue reimer (wie Wirnt und Friberg) a auf a und bereiten die allmählige vernichtung des unterschieds zwischen beiden vor. Zumahl geschieht es vor liquiden in ein- silbigen wörtern, als kram: nam (Wilh. 2, 126a) han: man; man: getan: kapellan (Wilh. 2, 22b 41a 63b etc. klage 119b 127a) erban: stan (M. S. 2, 161b) war: gar (Parc. 14c) jar, har, war: gar, war, schar, var (Wi- gal. 47. 48. 51. 96. 107. 128. 161 etc.) schar: klar (M. S. 2, 170a) parcival: wal (Parc. 44a) har: dar: gar (klage 123c 135b) die wörter san, tan (silva) plan, man, an, han, reimt Friberg, getan, han, kan, man etc. Wirnt haufig aufeinander; dergleichen wäre bei Gotfried, Ru- dolf, Conrad unerhört; fast wundert mich, daß letzterer (troj. 6b) wac st. wac (wie 51a steht) gebraucht; zu emen- dieren wüste ich nicht und auch Wolfram reimt gelac: I. mittelhochdeutſche vocale. Bedenklich ſcheinen: ſtâhel (chalybs) gemâhel (conjux)die vielleicht kurzes a (und dann auch im alth. oben ſ. 87. 89.) folglich im umlaut entw. ſtæhelin oder ſtehe- lîn haben; für keins von beiden entſcheidet Nib. 7785 (wo der klingende verseinſchnitt mehelen oder mæheln fordert) wie ſich aber aus dem organ. fahan. hahan ein unleugbares fâhan. hâhan entwickelte, ſo kann der gleiche fall bei ſtâhal, mâhal eintreten, (daß die zuſ. ziehung ſtâl lautet, verſteht ſich, vgl. ſtâle: quâle Georg 9a). Ferner brâhten, gedâhten ſcheinen der verführeriſchen analogie vâhten, vlâhten zu folgen, da der pl. ſchw. conj. das a nicht verlängert, auch mahten (poterant): be- trahten reimt (Wig. 77.). Aber neben mahte (nicht mâhte) begünſtigt die mittelh. ſprache ſelbſt den ſg. brâhte, dâhte; part. brâht, gedâht, beide von braht (fragor) gedaht (tectus) unterſcheidend, vgl. brâhte, gedâhte: nâhte, gâhte Wilh. 2, 73a Georg 2[8]b 37b Wig. 46. Ernſt 10a 38b 47b) brâht: erdâht: verſmâht (Ben. 122.) wogegen naht: braht: gedaht (Nib. 2749. 5813. 6647. 6979. 6989. 9599.) brahte: ahte (troj. 179a) getrahte: gedahte (a. Heinr. 206b oder gedrâte: gedâhte? vgl. kolocƷ. 58). In der weltchron. reimt Ru- dolf tâht (ellychnium): naht, aber tâhten: brâhten. Weniger reimungenauigkeit, als unſichere ausſprache des kurzen a vor ht, vgl. das nord. â vor tt (ſtatt ht) und vorhin (ſ. 334.) ëht ſtatt eht. Die bildungen auf -ach (ſtûdach, albernach, troj. 4c Wilh. 2, 23a 27b) bekom- men zuweilen langes â, vgl. dornâch: gâch (Parc. 69a); über Wiruts reim ſach: gâch: nâch (59. 270) vgl. die bemerkung zur conjug. des alth. ſëhan. — 6) auch in andern fällen binden zuweilen genaue, häufiger ungenaue reimer (wie Wirnt und Friberg) a auf â und bereiten die allmählige vernichtung des unterſchieds zwiſchen beiden vor. Zumahl geſchieht es vor liquiden in ein- ſilbigen wörtern, als krâm: nam (Wilh. 2, 126a) hân: man; man: getân: kapellân (Wilh. 2, 22b 41a 63b etc. klage 119b 127a) erban: ſtân (M. S. 2, 161b) wâr: gar (Parc. 14c) jâr, hâr, wâr: gar, war, ſchar, var (Wi- gal. 47. 48. 51. 96. 107. 128. 161 etc.) ſchar: klâr (M. S. 2, 170a) parcivâl: wal (Parc. 44a) hâr: dar: gar (klage 123c 135b) die wörter ſân, tan (ſilva) plân, man, an, hân, reimt Friberg, getân, hân, kan, man etc. Wirnt hâufig aufeinander; dergleichen wäre bei Gotfried, Ru- dolf, Conrad unerhört; faſt wundert mich, daß letzterer (troj. 6b) wac ſt. wâc (wie 51a ſteht) gebraucht; zu emen- dieren wüſte ich nicht und auch Wolfram reimt gelac: <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0368" n="342"/><fw place="top" type="header">I. <hi rendition="#i">mittelhochdeutſche vocale.</hi></fw><lb/> Bedenklich ſcheinen: ſtâhel (chalybs) gemâhel (conjux)<lb/> die vielleicht kurzes a (und dann auch im alth. oben<lb/> ſ. 87. 89.) folglich im umlaut entw. ſtæhelin oder ſtehe-<lb/> lîn haben; für keins von beiden entſcheidet Nib. 7785<lb/> (wo der klingende verseinſchnitt mehelen oder mæheln<lb/> fordert) wie ſich aber aus dem organ. fahan. hahan ein<lb/> unleugbares fâhan. hâhan entwickelte, ſo kann der<lb/> gleiche fall bei ſtâhal, mâhal eintreten, (daß die zuſ.<lb/> ziehung ſtâl lautet, verſteht ſich, vgl. ſtâle: quâle Georg 9<hi rendition="#sup">a</hi>).<lb/> Ferner brâhten, gedâhten ſcheinen der verführeriſchen<lb/> analogie vâhten, vlâhten zu folgen, da der pl. ſchw.<lb/> conj. das a nicht verlängert, auch mahten (poterant): be-<lb/> trahten reimt (Wig. 77.). 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I. mittelhochdeutſche vocale.
Bedenklich ſcheinen: ſtâhel (chalybs) gemâhel (conjux)
die vielleicht kurzes a (und dann auch im alth. oben
ſ. 87. 89.) folglich im umlaut entw. ſtæhelin oder ſtehe-
lîn haben; für keins von beiden entſcheidet Nib. 7785
(wo der klingende verseinſchnitt mehelen oder mæheln
fordert) wie ſich aber aus dem organ. fahan. hahan ein
unleugbares fâhan. hâhan entwickelte, ſo kann der
gleiche fall bei ſtâhal, mâhal eintreten, (daß die zuſ.
ziehung ſtâl lautet, verſteht ſich, vgl. ſtâle: quâle Georg 9a).
Ferner brâhten, gedâhten ſcheinen der verführeriſchen
analogie vâhten, vlâhten zu folgen, da der pl. ſchw.
conj. das a nicht verlängert, auch mahten (poterant): be-
trahten reimt (Wig. 77.). Aber neben mahte (nicht mâhte)
begünſtigt die mittelh. ſprache ſelbſt den ſg. brâhte, dâhte;
part. brâht, gedâht, beide von braht (fragor) gedaht (tectus)
unterſcheidend, vgl. brâhte, gedâhte: nâhte, gâhte Wilh.
2, 73a Georg 28b 37b Wig. 46. Ernſt 10a 38b 47b) brâht:
erdâht: verſmâht (Ben. 122.) wogegen naht: braht: gedaht
(Nib. 2749. 5813. 6647. 6979. 6989. 9599.) brahte: ahte
(troj. 179a) getrahte: gedahte (a. Heinr. 206b oder gedrâte:
gedâhte? vgl. kolocƷ. 58). In der weltchron. reimt Ru-
dolf tâht (ellychnium): naht, aber tâhten: brâhten.
Weniger reimungenauigkeit, als unſichere ausſprache
des kurzen a vor ht, vgl. das nord. â vor tt (ſtatt ht)
und vorhin (ſ. 334.) ëht ſtatt eht. Die bildungen auf
-ach (ſtûdach, albernach, troj. 4c Wilh. 2, 23a 27b) bekom-
men zuweilen langes â, vgl. dornâch: gâch (Parc. 69a);
über Wiruts reim ſach: gâch: nâch (59. 270) vgl. die
bemerkung zur conjug. des alth. ſëhan. — 6) auch in
andern fällen binden zuweilen genaue, häufiger ungenaue
reimer (wie Wirnt und Friberg) a auf â und bereiten
die allmählige vernichtung des unterſchieds zwiſchen
beiden vor. Zumahl geſchieht es vor liquiden in ein-
ſilbigen wörtern, als krâm: nam (Wilh. 2, 126a) hân:
man; man: getân: kapellân (Wilh. 2, 22b 41a 63b etc.
klage 119b 127a) erban: ſtân (M. S. 2, 161b) wâr:
gar (Parc. 14c) jâr, hâr, wâr: gar, war, ſchar, var (Wi-
gal. 47. 48. 51. 96. 107. 128. 161 etc.) ſchar: klâr (M. S.
2, 170a) parcivâl: wal (Parc. 44a) hâr: dar: gar (klage
123c 135b) die wörter ſân, tan (ſilva) plân, man, an,
hân, reimt Friberg, getân, hân, kan, man etc. Wirnt
hâufig aufeinander; dergleichen wäre bei Gotfried, Ru-
dolf, Conrad unerhört; faſt wundert mich, daß letzterer
(troj. 6b) wac ſt. wâc (wie 51a ſteht) gebraucht; zu emen-
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