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Grimm, Jacob: Deutsche Grammatik. Bd. 1. Göttingen, 1822.

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I. mittelniederländische vocale.
(debuit) boec (liber) dwoech (lavavit) pl. dwoeghen,
droech (portavit) pl. droeghen, wroeghen (accusare) vloe.
ken (maledicere) etc. Inzwischen pflegen die hss. vor
f. und den gutt. gern ou zu gebrauchen, wie ich glaube,
unrichtig; vielleicht im gefühl einer durch den mis-
brauch des oe st. o nöthig gewordenen unterscheidung.
Nämlich 2) oe wird unorganisch st. o augewendet in
boem. stroem. goem. oem. loef. roef. stoef. loes. bloet
(nudus) groet (magnus) oec. hoech. vloech und allen
ähnlichen (vorhin s. 476.). Verwerfen es künftige cri-
tische ausgaben, so müßen sie auch das ou statt oe ver-
werfen. -- 3) übrigens ist oe nicht gleich dem neunie-
derl. oe mit u auszusprechen, wie theils aus der ver-
wechslung mit o folgt, theils aus der kürzung in o vor
nt, nd; vgl. stont (stetit):cont reimend Maerl. 3, 61. --
4) mit dem oe in soe (illa) und hoe (quomodo) ist es
eigends bewandt, ersteres entspringt aus einem älteren
siu, letzteres aus hui f. hvi, hwi. Das zus. gezogene
soet steht f. so het.

(OI) in einigen fremden wörtern, als fransois, troi-
jere, point, häufig oy geschrieben. Dialectisch vertritt
es auch o und oe, vgl. avondst. p. 326. 327. gheboirt,
voirt, doirn, hoirn und im teutonista boik, boirt, voir,
oist etc. Also kein reinniederländ. doppellaut.

(OU) verschiedenartig 1) in den formen out, oude
theils aus alt, alde entspringend, vgl. houden (tenere)
spouden (findere) out (vetus) smout (adeps) scoude (scal-
dis) sout (sal) bout (superbus) cout (frigidus) etc. in wel-
chem fall doch zuweilen aut, aude geschrieben wird;
theils aus olt, olde, vgl. hout (lignum) hout (carus)
moude (terra) woude (voluit) soude (debuit) gout (au-
rum) cobout (spir. famil.) sout (stipendium). -- 2) in
der form ouw wiederum mit auw wechselnd; näheres
unten beim w. -- 3) unorganisch für oe gesetzt vor f.
p. ch. k, vgl. behouf (necessitas) grouf (fodiebat) prouft
(experitur) roupen (vocare) drouch (portavit) plouch
(aratrum) louch (risit) ghenouch (satis) ghevouch (aptus)
bouc (liber) souc (quaere) houke (angulo) rouken (cu-
rare) souken (quaerere) etc. wie ich vorhin beim o und
oe erläuterte, wenn einige oec (etiam) loech (mentitus
est) für oc, loch etc. schreiben, scheint allerdings bouc
und louch f. das organ. boec, loech angemeßen. Ich
schlage aber vor, sich überall, dort des oe und hier des
ou zu enthalten, wie es die analogie der übrigen mund
arten und selbst des neuniederl. fordert.


I. mittelniederländiſche vocale.
(debuit) boec (liber) dwoech (lavavit) pl. dwoeghen,
droech (portavit) pl. droeghen, wroeghen (accuſare) vloe.
ken (maledicere) etc. Inzwiſchen pflegen die hſſ. vor
f. und den gutt. gern ou zu gebrauchen, wie ich glaube,
unrichtig; vielleicht im gefühl einer durch den mis-
brauch des oe ſt. ô nöthig gewordenen unterſcheidung.
Nämlich 2) oe wird unorganiſch ſt. ô augewendet in
boem. ſtroem. goem. oem. loef. roef. ſtoef. loes. bloet
(nudus) groet (magnus) oec. hoech. vloech und allen
ähnlichen (vorhin ſ. 476.). Verwerfen es künftige cri-
tiſche ausgaben, ſo müßen ſie auch das ou ſtatt oe ver-
werfen. — 3) übrigens iſt oe nicht gleich dem neunie-
derl. oe mit u auszuſprechen, wie theils aus der ver-
wechſlung mit ô folgt, theils aus der kürzung in o vor
nt, nd; vgl. ſtont (ſtetit):cont reimend Maerl. 3, 61. —
4) mit dem oe in ſoe (illa) und hoe (quomodo) iſt es
eigends bewandt, erſteres entſpringt aus einem älteren
ſiu, letzteres aus hui f. hvi, hwi. Das zuſ. gezogene
ſoet ſteht f. ſô hët.

(OI) in einigen fremden wörtern, als franſois, troi-
jere, point, häufig oy geſchrieben. Dialectiſch vertritt
es auch ô und oe, vgl. avondſt. p. 326. 327. gheboirt,
voirt, doirn, hoirn und im teutoniſta boik, boirt, voir,
oiſt etc. Alſo kein reinniederländ. doppellaut.

(OU) verſchiedenartig 1) in den formen out, oude
theils aus alt, alde entſpringend, vgl. houden (tenere)
ſpouden (findere) out (vetus) ſmout (adeps) ſcoude (ſcal-
dis) ſout (ſal) bout (ſuperbus) cout (frigidus) etc. in wel-
chem fall doch zuweilen aut, aude geſchrieben wird;
theils aus olt, olde, vgl. hout (lignum) hout (carus)
moude (terra) woude (voluit) ſoude (debuit) gout (au-
rum) côbout (ſpir. famil.) ſout (ſtipendium). — 2) in
der form ouw wiederum mit auw wechſelnd; näheres
unten beim w. — 3) unorganiſch für oe geſetzt vor f.
p. ch. k, vgl. behouf (neceſſitas) grouf (fodiebat) prouft
(experitur) roupen (vocare) drouch (portavit) plouch
(aratrum) louch (riſit) ghenouch (ſatis) ghevouch (aptus)
bouc (liber) ſouc (quaere) houke (angulo) rouken (cu-
rare) ſouken (quaerere) etc. wie ich vorhin beim ô und
oe erläuterte, wenn einige oec (etiam) loech (mentitus
eſt) für ôc, lôch etc. ſchreiben, ſcheint allerdings bouc
und louch f. das organ. boec, loech angemeßen. Ich
ſchlage aber vor, ſich überall, dort des oe und hier des
ou zu enthalten, wie es die analogie der übrigen mund
arten und ſelbſt des neuniederl. fordert.


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[482/0508] I. mittelniederländiſche vocale. (debuit) boec (liber) dwoech (lavavit) pl. dwoeghen, droech (portavit) pl. droeghen, wroeghen (accuſare) vloe. ken (maledicere) etc. Inzwiſchen pflegen die hſſ. vor f. und den gutt. gern ou zu gebrauchen, wie ich glaube, unrichtig; vielleicht im gefühl einer durch den mis- brauch des oe ſt. ô nöthig gewordenen unterſcheidung. Nämlich 2) oe wird unorganiſch ſt. ô augewendet in boem. ſtroem. goem. oem. loef. roef. ſtoef. loes. bloet (nudus) groet (magnus) oec. hoech. vloech und allen ähnlichen (vorhin ſ. 476.). Verwerfen es künftige cri- tiſche ausgaben, ſo müßen ſie auch das ou ſtatt oe ver- werfen. — 3) übrigens iſt oe nicht gleich dem neunie- derl. oe mit u auszuſprechen, wie theils aus der ver- wechſlung mit ô folgt, theils aus der kürzung in o vor nt, nd; vgl. ſtont (ſtetit):cont reimend Maerl. 3, 61. — 4) mit dem oe in ſoe (illa) und hoe (quomodo) iſt es eigends bewandt, erſteres entſpringt aus einem älteren ſiu, letzteres aus hui f. hvi, hwi. Das zuſ. gezogene ſoet ſteht f. ſô hët. (OI) in einigen fremden wörtern, als franſois, troi- jere, point, häufig oy geſchrieben. Dialectiſch vertritt es auch ô und oe, vgl. avondſt. p. 326. 327. gheboirt, voirt, doirn, hoirn und im teutoniſta boik, boirt, voir, oiſt etc. Alſo kein reinniederländ. doppellaut. (OU) verſchiedenartig 1) in den formen out, oude theils aus alt, alde entſpringend, vgl. houden (tenere) ſpouden (findere) out (vetus) ſmout (adeps) ſcoude (ſcal- dis) ſout (ſal) bout (ſuperbus) cout (frigidus) etc. in wel- chem fall doch zuweilen aut, aude geſchrieben wird; theils aus olt, olde, vgl. hout (lignum) hout (carus) moude (terra) woude (voluit) ſoude (debuit) gout (au- rum) côbout (ſpir. famil.) ſout (ſtipendium). — 2) in der form ouw wiederum mit auw wechſelnd; näheres unten beim w. — 3) unorganiſch für oe geſetzt vor f. p. ch. k, vgl. behouf (neceſſitas) grouf (fodiebat) prouft (experitur) roupen (vocare) drouch (portavit) plouch (aratrum) louch (riſit) ghenouch (ſatis) ghevouch (aptus) bouc (liber) ſouc (quaere) houke (angulo) rouken (cu- rare) ſouken (quaerere) etc. wie ich vorhin beim ô und oe erläuterte, wenn einige oec (etiam) loech (mentitus eſt) für ôc, lôch etc. ſchreiben, ſcheint allerdings bouc und louch f. das organ. boec, loech angemeßen. Ich ſchlage aber vor, ſich überall, dort des oe und hier des ou zu enthalten, wie es die analogie der übrigen mund arten und ſelbſt des neuniederl. fordert.

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Zitationshilfe: Grimm, Jacob: Deutsche Grammatik. Bd. 1. Göttingen, 1822, S. 482. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_grammatik01_1822/508>, abgerufen am 22.11.2024.