(s. 277.) für ke, ki etc., obschon die zwischen k und c wechselnde schreibung ziemlich zum fries. gebrauche stimmt, läßt sich durchaus nicht vermuthen. Irgendwo würde sonst spurweise ein serke, tserke, tserel, densen vorkommen (fries. tsierke, tjerke, engl. church; tsierl, tjerl, engl. churl; thensen, cogitare) zumahl ts. für das roman. ch gebraucht wurde (s. 499.) Vielleicht aber lau- tete ke, ki etc. etwa wie khe, khi abweichend von ca, co (= ka, ko)? Dem unterschied von gh und g wäre dies zwar angemeßen, wird jedoch durch keine schrei- bung ch oder kh bestätigt und auf allen fall mögen sich k und c in der aussprache ganz nahe liegen, wo sie nicht eins waren. 2) nach der bedeutung. In der re- gel entspricht diese ten. völlig der gothischen, drinken, dranc; breken, brac; in einem fall aber auch der goth. med., nämlich auslautend wird nghe zu nc, daher dwanc, spranc:dranc (bibebat) reimen. Zufällig treffen dieselben reime im mittelh. ein, in beiden mundarten aber aus verschiednem grunde, nämlich mittelh. stehet tranc eigentlich f. tranch; mittelniederl. spranc f. spranch wie die auslaute. denen voc. vorausgeht, beweisen (mit- telh. lac, jacuit und sprach dixit; mittelniederl. lach und sprac).
(G) steht nur im anlaut vor den voc. a, o, u, oe, ou, ae, o, au, und den liq. l. r als gaf, god, guls, goet, gout, gaet, gome, glans, grot. Folglich nicht 1) anlau- tend vor e, i, e, ei, ei, wo gh. gilt. 2) inlautend über- haupt nicht, indem a) bei folgendem flexions-e gh ein- tritt, wie im ersten fall. b) bei syncopen ch, wie im dritten fall. 3) auslautend wieder nicht, wiel a) bei vorstehendem voc. ch gesetzt wird b) bei vorstehender liq. aber c, als balc, spranc, berc (goth. balg, sprang, bairg), dinc, coninc etc.
(GH) vertritt die reine med. überall, wenn ihr e, i, e, ei, ie, ie folgen, gilt also nie auslautend oder bei syncopen, wo es wiederum dem ch weicht. Beispiele des gh. sind: die häufige vorpartikel ghe-, gheven (dare) ghifte (donum) gheft (dat) ghei (vos) vraghen (quaerere) oghen (oculi) hoghen (altum) meneghen (crebrum) co- ninghinne (regina) etc. Die hss. befolgen aber den ge- brauch nachläßig und setzen oft g für gh *); im Rein.
*) Selten gh für g, vgl. ghone Maerl. 1, 9. 50. f. gone 1, 12, wiewohl hier der übergang aus ghene halb entsehuldigt; vorhin s. 471. habe ich es verschrieben.
I. mittelniederländiſche conſonanten. guttural.
(ſ. 277.) für kë, ki etc., obſchon die zwiſchen k und c wechſelnde ſchreibung ziemlich zum frieſ. gebrauche ſtimmt, läßt ſich durchaus nicht vermuthen. Irgendwo würde ſonſt ſpurweiſe ein ſërke, tſërke, tſërel, dënſen vorkommen (frieſ. tſierke, tjerke, engl. church; tſierl, tjerl, engl. churl; thënſen, cogitare) zumahl tſ. für das roman. ch gebraucht wurde (ſ. 499.) Vielleicht aber lau- tete kë, ki etc. etwa wie khë, khi abweichend von ca, co (= ka, ko)? Dem unterſchied von gh und g wäre dies zwar angemeßen, wird jedoch durch keine ſchrei- bung ch oder kh beſtätigt und auf allen fall mögen ſich k und c in der ausſprache ganz nahe liegen, wo ſie nicht eins waren. 2) nach der bedeutung. In der re- gel entſpricht dieſe ten. völlig der gothiſchen, drinken, dranc; brëken, brac; in einem fall aber auch der goth. med., nämlich auslautend wird nghe zu nc, daher dwanc, ſpranc:dranc (bibebat) reimen. Zufällig treffen dieſelben reime im mittelh. ein, in beiden mundarten aber aus verſchiednem grunde, nämlich mittelh. ſtehet tranc eigentlich f. tranch; mittelniederl. ſpranc f. ſpranch wie die auslaute. denen voc. vorausgeht, beweiſen (mit- telh. lac, jacuit und ſprach dixit; mittelniederl. lach und ſprac).
(G) ſteht nur im anlaut vor den voc. a, o, u, oe, ou, ae, ô, û, und den liq. l. r als gaf, god, guls, goet, gout, gaet, gôme, glans, grôt. Folglich nicht 1) anlau- tend vor ë, i, ê, î, ei, wo gh. gilt. 2) inlautend über- haupt nicht, indem α) bei folgendem flexions-e gh ein- tritt, wie im erſten fall. β) bei ſyncopen ch, wie im dritten fall. 3) auslautend wieder nicht, wiel α) bei vorſtehendem voc. ch geſetzt wird β) bei vorſtehender liq. aber c, als balc, ſpranc, bërc (goth. balg, ſprang, baírg), dinc, coninc etc.
(GH) vertritt die reine med. überall, wenn ihr ë, i, ê, î, ie, ie folgen, gilt alſo nie auslautend oder bei ſyncopen, wo es wiederum dem ch weicht. Beiſpiele des gh. ſind: die häufige vorpartikel ghë-, ghëven (dare) ghifte (donum) ghêft (dat) ghî (vos) vraghen (quaerere) oghen (oculi) hoghen (altum) mëneghen (crebrum) co- ninghinne (regina) etc. Die hſſ. befolgen aber den ge- brauch nachläßig und ſetzen oft g für gh *); im Rein.
*) Selten gh für g, vgl. ghone Maerl. 1, 9. 50. f. gone 1, 12, wiewohl hier der übergang aus ghëne halb entſehuldigt; vorhin ſ. 471. habe ich es verſchrieben.
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I. mittelniederländiſche conſonanten. guttural.
(ſ. 277.) für kë, ki etc., obſchon die zwiſchen k und
c wechſelnde ſchreibung ziemlich zum frieſ. gebrauche
ſtimmt, läßt ſich durchaus nicht vermuthen. Irgendwo
würde ſonſt ſpurweiſe ein ſërke, tſërke, tſërel, dënſen
vorkommen (frieſ. tſierke, tjerke, engl. church; tſierl,
tjerl, engl. churl; thënſen, cogitare) zumahl tſ. für das
roman. ch gebraucht wurde (ſ. 499.) Vielleicht aber lau-
tete kë, ki etc. etwa wie khë, khi abweichend von ca,
co (= ka, ko)? Dem unterſchied von gh und g wäre
dies zwar angemeßen, wird jedoch durch keine ſchrei-
bung ch oder kh beſtätigt und auf allen fall mögen ſich
k und c in der ausſprache ganz nahe liegen, wo ſie
nicht eins waren. 2) nach der bedeutung. In der re-
gel entſpricht dieſe ten. völlig der gothiſchen, drinken,
dranc; brëken, brac; in einem fall aber auch der goth.
med., nämlich auslautend wird nghe zu nc, daher
dwanc, ſpranc:dranc (bibebat) reimen. Zufällig treffen
dieſelben reime im mittelh. ein, in beiden mundarten
aber aus verſchiednem grunde, nämlich mittelh. ſtehet
tranc eigentlich f. tranch; mittelniederl. ſpranc f. ſpranch
wie die auslaute. denen voc. vorausgeht, beweiſen (mit-
telh. lac, jacuit und ſprach dixit; mittelniederl. lach
und ſprac).
(G) ſteht nur im anlaut vor den voc. a, o, u, oe,
ou, ae, ô, û, und den liq. l. r als gaf, god, guls, goet,
gout, gaet, gôme, glans, grôt. Folglich nicht 1) anlau-
tend vor ë, i, ê, î, ei, wo gh. gilt. 2) inlautend über-
haupt nicht, indem α) bei folgendem flexions-e gh ein-
tritt, wie im erſten fall. β) bei ſyncopen ch, wie im
dritten fall. 3) auslautend wieder nicht, wiel α) bei
vorſtehendem voc. ch geſetzt wird β) bei vorſtehender
liq. aber c, als balc, ſpranc, bërc (goth. balg, ſprang,
baírg), dinc, coninc etc.
(GH) vertritt die reine med. überall, wenn ihr ë,
i, ê, î, ie, ie folgen, gilt alſo nie auslautend oder bei
ſyncopen, wo es wiederum dem ch weicht. Beiſpiele
des gh. ſind: die häufige vorpartikel ghë-, ghëven (dare)
ghifte (donum) ghêft (dat) ghî (vos) vraghen (quaerere)
oghen (oculi) hoghen (altum) mëneghen (crebrum) co-
ninghinne (regina) etc. Die hſſ. befolgen aber den ge-
brauch nachläßig und ſetzen oft g für gh *); im Rein.
*) Selten gh für g, vgl. ghone Maerl. 1, 9. 50. f. gone 1, 12,
wiewohl hier der übergang aus ghëne halb entſehuldigt;
vorhin ſ. 471. habe ich es verſchrieben.
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Grimm, Jacob: Deutsche Grammatik. Bd. 1. Göttingen, 1822, S. 500. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_grammatik01_1822/526>, abgerufen am 22.11.2024.
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