Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Grimm, Jacob: Deutsche Grammatik. Bd. 1. Göttingen, 1822.

Bild:
<< vorherige Seite

I. mittelenglische vocale.
sine (st. mochten si hem) wortsi (f. worden si) Huyd. op
St. 3. 169. -- th) incl. von es (est) z. b. hets (het es)
dats (dat es) dits (dit es) wats (wat es) dins (dit en es)
Maerl. 2, 165. -- i) von daer (ibi) bleibt häufig nur -re
übrig, als springenre, maectenre f. springen daer etc.
Maerl. 1, 36. 69. offere f. of daer 1, 414. -- k) vermischte
fälle: wattan Rein. 283. (wat dan) nochtan (noch dan)
dattu (dat dau) Maerl. 3, 82. indoe (haud facio). -- Es
gibt noch andere beispiele und selbst für die vorgetrage-
nen feinere bestimmungen; hier sollte bloß der bedeu-
tende einfluß der inclination auf die lautverhältnisse ge-
zeigt werden. Man vgl. oben s. 371. 372. 378. 381. Noth-
wendig sind die anlehnungen nicht überall, oft stehen
die vollen formen, z. b. dat gras (nicht aber: het gras)
neben tgras (für het gras) etc.



Mittelenglische buchstaben.

Ich gebe aus mangel an raum und zureichendem
studium oberflächliche übersichten. Die quellen sind
nicht unbedeutend und zu genauerer bearbeitung einla-
dend; außer Tristrem und Chancers werken steht das
wichtigste bei Ritson und Weber gesammelt, der zeit
nach fallen sie wiederum dem 13. und 14. jahrh. zu.
Schon die niederländische sprache zeigte größere zumi-
schung romanischer wörter als die hochdeutsche, doch
eine unvergleichbar geringere, als sie im englischen ein-
getreten ist. Offenbar haben die materiell immer noch
überwiegenden deutschen bestandtheile in der gesellschaft
so vieler fremder wörter und laute von dem organischen
verhältnis sowohl der buchstaben als der flexionen man-
ches verlieren müßen.

Mittelenglische vocale.

Im mittelh. half der klingende und stumpfe reim
länge oder kürze der vocale erkennen. Die mittelengl.
sprache hat aber keine tonlosen e und i im sinne des
s. 373. aufgestellten unterschiedes, sondern lauter stumme,
folglich nur stumpfe, niemahls klingende reime *). Dies

*) Tyrwhitt im essay on the versification of Chaucer nennt
e feminine (pronounced with an obscure evanescent sound)
was ich tonloses e; e mute, was ich ebenfalls stummes e
nenne, nimmt aber irrthümlich im reim ein e feminine

I. mittelengliſche vocale.
ſine (ſt. mochten ſi hem) wortſi (f. worden ſi) Huyd. op
St. 3. 169. — θ) incl. von ës (eſt) z. b. hëts (hët ës)
dats (dat ës) dits (dit ës) wats (wat ës) dins (dit en ës)
Maerl. 2, 165. — ι) von daer (ibi) bleibt häufig nur -re
übrig, als ſpringenre, maectenre f. ſpringen daer etc.
Maerl. 1, 36. 69. offere f. of daer 1, 414. — κ) vermiſchte
fälle: wattan Rein. 283. (wat dan) nochtan (noch dan)
dattu (dat dû) Maerl. 3, 82. indoe (haud facio). — Es
gibt noch andere beiſpiele und ſelbſt für die vorgetrage-
nen feinere beſtimmungen; hier ſollte bloß der bedeu-
tende einfluß der inclination auf die lautverhältniſſe ge-
zeigt werden. Man vgl. oben ſ. 371. 372. 378. 381. Noth-
wendig ſind die anlehnungen nicht überall, oft ſtehen
die vollen formen, z. b. dat gras (nicht aber: hët gras)
neben tgras (für hët gras) etc.



Mittelengliſche buchſtaben.

Ich gebe aus mangel an raum und zureichendem
ſtudium oberflächliche überſichten. Die quellen ſind
nicht unbedeutend und zu genauerer bearbeitung einla-
dend; außer Triſtrem und Chancers werken ſteht das
wichtigſte bei Ritſon und Weber geſammelt, der zeit
nach fallen ſie wiederum dem 13. und 14. jahrh. zu.
Schon die niederländiſche ſprache zeigte größere zumi-
ſchung romaniſcher wörter als die hochdeutſche, doch
eine unvergleichbar geringere, als ſie im engliſchen ein-
getreten iſt. Offenbar haben die materiell immer noch
überwiegenden deutſchen beſtandtheile in der geſellſchaft
ſo vieler fremder wörter und laute von dem organiſchen
verhältnis ſowohl der buchſtaben als der flexionen man-
ches verlieren müßen.

Mittelengliſche vocale.

Im mittelh. half der klingende und ſtumpfe reim
länge oder kürze der vocale erkennen. Die mittelengl.
ſprache hat aber keine tonloſen e und i im ſinne des
ſ. 373. aufgeſtellten unterſchiedes, ſondern lauter ſtumme,
folglich nur ſtumpfe, niemahls klingende reime *). Dies

*) Tyrwhitt im eſſay on the verſification of Chaucer nennt
e feminine (pronounced with an obſcure evaneſcent ſound)
was ich tonloſes e; e mute, was ich ebenfalls ſtummes e
nenne, nimmt aber irrthümlich im reim ein e feminine
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0532" n="506"/><fw place="top" type="header">I. <hi rendition="#i">mittelengli&#x017F;che vocale.</hi></fw><lb/>
&#x017F;ine (&#x017F;t. mochten &#x017F;i hem) wort&#x017F;i (f. worden &#x017F;i) Huyd. op<lb/>
St. 3. 169. &#x2014; <hi rendition="#i">&#x03B8;</hi>) incl. von ës (e&#x017F;t) z. b. hëts (hët ës)<lb/>
dats (dat ës) dits (dit ës) wats (wat ës) dins (dit en ës)<lb/>
Maerl. 2, 165. &#x2014; <hi rendition="#i">&#x03B9;</hi>) von <hi rendition="#i">daer</hi> (ibi) bleibt häufig nur <hi rendition="#i">-re</hi><lb/>
übrig, als &#x017F;pringenre, maectenre f. &#x017F;pringen daer etc.<lb/>
Maerl. 1, 36. 69. offere f. of daer 1, 414. &#x2014; <hi rendition="#i">&#x03BA;</hi>) vermi&#x017F;chte<lb/>
fälle: wattan Rein. 283. (wat dan) nochtan (noch dan)<lb/>
dattu (dat dû) Maerl. 3, 82. indoe (haud facio). &#x2014; Es<lb/>
gibt noch andere bei&#x017F;piele und &#x017F;elb&#x017F;t für die vorgetrage-<lb/>
nen feinere be&#x017F;timmungen; hier &#x017F;ollte bloß der bedeu-<lb/>
tende einfluß der inclination auf die lautverhältni&#x017F;&#x017F;e ge-<lb/>
zeigt werden. Man vgl. oben &#x017F;. 371. 372. 378. 381. Noth-<lb/>
wendig &#x017F;ind die anlehnungen nicht überall, oft &#x017F;tehen<lb/>
die vollen formen, z. b. dat gras (nicht aber: hët gras)<lb/>
neben tgras (für hët gras) etc.</p>
            </div>
          </div>
        </div><lb/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#i">Mittelengli&#x017F;che buch&#x017F;taben.</hi> </head><lb/>
          <p>Ich gebe aus mangel an raum und zureichendem<lb/>
&#x017F;tudium oberflächliche über&#x017F;ichten. Die quellen &#x017F;ind<lb/>
nicht unbedeutend und zu genauerer bearbeitung einla-<lb/>
dend; außer Tri&#x017F;trem und Chancers werken &#x017F;teht das<lb/>
wichtig&#x017F;te bei Rit&#x017F;on und Weber ge&#x017F;ammelt, der zeit<lb/>
nach fallen &#x017F;ie wiederum dem 13. und 14. jahrh. zu.<lb/>
Schon die niederländi&#x017F;che &#x017F;prache zeigte größere zumi-<lb/>
&#x017F;chung romani&#x017F;cher wörter als die hochdeut&#x017F;che, doch<lb/>
eine unvergleichbar geringere, als &#x017F;ie im engli&#x017F;chen ein-<lb/>
getreten i&#x017F;t. Offenbar haben die materiell immer noch<lb/>
überwiegenden deut&#x017F;chen be&#x017F;tandtheile in der ge&#x017F;ell&#x017F;chaft<lb/>
&#x017F;o vieler fremder wörter und laute von dem organi&#x017F;chen<lb/>
verhältnis &#x017F;owohl der buch&#x017F;taben als der flexionen man-<lb/>
ches verlieren müßen.</p><lb/>
          <div n="3">
            <head> <hi rendition="#i">Mittelengli&#x017F;che vocale.</hi> </head><lb/>
            <p>Im mittelh. half der klingende und &#x017F;tumpfe reim<lb/>
länge oder kürze der vocale erkennen. Die mittelengl.<lb/>
&#x017F;prache hat aber keine tonlo&#x017F;en e und i im &#x017F;inne des<lb/>
&#x017F;. 373. aufge&#x017F;tellten unter&#x017F;chiedes, &#x017F;ondern lauter &#x017F;tumme,<lb/>
folglich nur &#x017F;tumpfe, niemahls klingende reime <note xml:id="note-0532" next="#note-0533" place="foot" n="*)">Tyrwhitt im e&#x017F;&#x017F;ay on the ver&#x017F;ification of Chaucer nennt<lb/>
e feminine (pronounced with an ob&#x017F;cure evane&#x017F;cent &#x017F;ound)<lb/>
was ich tonlo&#x017F;es e; e mute, was ich ebenfalls &#x017F;tummes e<lb/>
nenne, nimmt aber irrthümlich im reim ein e feminine</note>. Dies<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[506/0532] I. mittelengliſche vocale. ſine (ſt. mochten ſi hem) wortſi (f. worden ſi) Huyd. op St. 3. 169. — θ) incl. von ës (eſt) z. b. hëts (hët ës) dats (dat ës) dits (dit ës) wats (wat ës) dins (dit en ës) Maerl. 2, 165. — ι) von daer (ibi) bleibt häufig nur -re übrig, als ſpringenre, maectenre f. ſpringen daer etc. Maerl. 1, 36. 69. offere f. of daer 1, 414. — κ) vermiſchte fälle: wattan Rein. 283. (wat dan) nochtan (noch dan) dattu (dat dû) Maerl. 3, 82. indoe (haud facio). — Es gibt noch andere beiſpiele und ſelbſt für die vorgetrage- nen feinere beſtimmungen; hier ſollte bloß der bedeu- tende einfluß der inclination auf die lautverhältniſſe ge- zeigt werden. Man vgl. oben ſ. 371. 372. 378. 381. Noth- wendig ſind die anlehnungen nicht überall, oft ſtehen die vollen formen, z. b. dat gras (nicht aber: hët gras) neben tgras (für hët gras) etc. Mittelengliſche buchſtaben. Ich gebe aus mangel an raum und zureichendem ſtudium oberflächliche überſichten. Die quellen ſind nicht unbedeutend und zu genauerer bearbeitung einla- dend; außer Triſtrem und Chancers werken ſteht das wichtigſte bei Ritſon und Weber geſammelt, der zeit nach fallen ſie wiederum dem 13. und 14. jahrh. zu. Schon die niederländiſche ſprache zeigte größere zumi- ſchung romaniſcher wörter als die hochdeutſche, doch eine unvergleichbar geringere, als ſie im engliſchen ein- getreten iſt. Offenbar haben die materiell immer noch überwiegenden deutſchen beſtandtheile in der geſellſchaft ſo vieler fremder wörter und laute von dem organiſchen verhältnis ſowohl der buchſtaben als der flexionen man- ches verlieren müßen. Mittelengliſche vocale. Im mittelh. half der klingende und ſtumpfe reim länge oder kürze der vocale erkennen. Die mittelengl. ſprache hat aber keine tonloſen e und i im ſinne des ſ. 373. aufgeſtellten unterſchiedes, ſondern lauter ſtumme, folglich nur ſtumpfe, niemahls klingende reime *). Dies *) Tyrwhitt im eſſay on the verſification of Chaucer nennt e feminine (pronounced with an obſcure evaneſcent ſound) was ich tonloſes e; e mute, was ich ebenfalls ſtummes e nenne, nimmt aber irrthümlich im reim ein e feminine

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_grammatik01_1822
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_grammatik01_1822/532
Zitationshilfe: Grimm, Jacob: Deutsche Grammatik. Bd. 1. Göttingen, 1822, S. 506. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_grammatik01_1822/532>, abgerufen am 22.11.2024.