greipen, während das altn. den inf. greipa vom part. gri- pinn unterscheidet. Nur zeigt sich hier bei dem a eine merkwürdige abweichung von der hochd. und niederl. sprachgeschichte. Durch die unorg. vocalverlängerung wurde maln (molere) farn (ire) zu malen, faren und gleichlautig, folglich reimfähig mit malen (pingere) ja- ren (annis). Das altnord. mala (molere) fara verlängert sich nun zwar schwed. in mala, fara, reimt aber nicht auf mala (pingere) und fara behält einen von ar (annus) abweichenden laut. Im verlauf der zeit hatte das alte, organische a den laut a angenommen, welchem die un- org. verlängerung des a nicht beikommen konnte. Die- ser unterschied zwischen a und a ist vortheilhaft. Übri- gens läßt die schwed. schrift den dehnlaut völlig unbe- zeichnet und setzt a, e, i, o, u zugleich für a, e, ei, o, au, deren einführung in der grammatik nothwendig ist. Die jetzt mit recht veraltete orthographie früherer jahrh. hatte wohl versucht, das neuhochd. dehnzeichen h. hin und wieder und ganz überflüßig bei dem a ein- zuführen, z. b. ahr für ar (annus).
(A) vor geminierter und verbundner consonanz, z. b. padda (rana) hatt (pileus) natt (nox) all (omnis) hammar (malleus) panna (frons) annar (alius) narr (stultus) halm (culmus) half (dimid.) hals (collum) balk (trabs) ande (spiritus) hand (manus) varm (calidus) etc. Auszuneh- men: ll (das für ld steht) ld. ng. rd. welche a erfordern.
(E) e und e sind vermengt, beide drücke ich mit e aus; dieses e aber besteht nach willkürlichem gebrauch in verschiedenen wörtern, denen ganz analoge gewöhn- lich ä angenommen haben, beispiele: engel, enkja (vi- dua) menniskja (homo) berg (mons) eller (sive) svensk (suecanus) etc. Bei vergleichung neuschwed. bücher mit solchen, die vor hundert jahren gedruckt wurden, findet man den gebrauch des ä zu, den des e abnehmen. Da- mahls hieß es noch hest (equus) rett (jus) lemna (lin-
reimen; also ist ein neuisländ. mala, trodha, sidhir und gripinn anzunehmen? Ich glaube allerdings, behaupte nur nicht, daß diese späteren a, o, ei etc. mit den alten organischen a, o, ei gleichen laut haben; man wird (wie im schwed. mala molere von mala pingere) zweierlei mala scheiden müßen und vielleicht lautet ei in greipa anders als das in greipinn etc. Das ganze bedarf näherer untersuchung und würde die neuisländ. vocallehre modisicieren, übrigens erklären, warum ein ek, eta statt des altn. ek, eta gilt (oben s. 282.).
I. ſchwediſche vocale.
grîpen, während das altn. den inf. grîpa vom part. gri- pinn unterſcheidet. Nur zeigt ſich hier bei dem a eine merkwürdige abweichung von der hochd. und niederl. ſprachgeſchichte. Durch die unorg. vocalverlängerung wurde maln (molere) farn (ire) zu mâlen, fâren und gleichlautig, folglich reimfähig mit mâlen (pingere) jâ- ren (annis). Das altnord. mala (molere) fara verlängert ſich nun zwar ſchwed. in mâla, fâra, reimt aber nicht auf måla (pingere) und fâra behält einen von år (annus) abweichenden laut. Im verlauf der zeit hatte das alte, organiſche â den laut å angenommen, welchem die un- org. verlängerung des a nicht beikommen konnte. Die- ſer unterſchied zwiſchen â und å iſt vortheilhaft. Übri- gens läßt die ſchwed. ſchrift den dehnlaut völlig unbe- zeichnet und ſetzt a, e, i, o, u zugleich für â, ê, î, ô, û, deren einführung in der grammatik nothwendig iſt. Die jetzt mit recht veraltete orthographie früherer jahrh. hatte wohl verſucht, das neuhochd. dehnzeichen h. hin und wieder und ganz überflüßig bei dem å ein- zuführen, z. b. åhr für år (annus).
(A) vor geminierter und verbundner conſonanz, z. b. padda (rana) hatt (pileus) natt (nox) all (omnis) hammar (malleus) panna (frons) annar (alius) narr (ſtultus) halm (culmus) half (dimid.) hals (collum) balk (trabs) ande (ſpiritus) hand (manus) varm (calidus) etc. Auszuneh- men: ll (das für ld ſteht) ld. ng. rd. welche å erfordern.
(E) e und ë ſind vermengt, beide drücke ich mit e aus; dieſes e aber beſteht nach willkürlichem gebrauch in verſchiedenen wörtern, denen ganz analoge gewöhn- lich ä angenommen haben, beiſpiele: engel, enkja (vi- dua) menniſkja (homo) berg (mons) eller (ſive) ſvenſk (ſuecanus) etc. Bei vergleichung neuſchwed. bücher mit ſolchen, die vor hundert jahren gedruckt wurden, findet man den gebrauch des ä zu, den des e abnehmen. Da- mahls hieß es noch heſt (equus) rett (jus) lemna (lin-
reimen; alſo iſt ein neuisländ. mâla, trôdha, ſidhir und grìpinn anzunehmen? Ich glaube allerdings, behaupte nur nicht, daß dieſe ſpäteren â, ô, î etc. mit den alten organiſchen â, ô, î gleichen laut haben; man wird (wie im ſchwed. mâla molere von måla pingere) zweierlei mâla ſcheiden müßen und vielleicht lautet î in grîpa anders als das in grîpinn etc. Das ganze bedarf näherer unterſuchung und würde die neuisländ. vocallehre modiſicieren, übrigens erklären, warum ein êk, êta ſtatt des altn. ëk, ëta gilt (oben ſ. 282.).
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0572"n="546"/><fwplace="top"type="header">I. <hirendition="#i">ſchwediſche vocale.</hi></fw><lb/>
grîpen, während das altn. den inf. grîpa vom part. gri-<lb/>
pinn unterſcheidet. Nur zeigt ſich hier bei dem a eine<lb/>
merkwürdige abweichung von der hochd. und niederl.<lb/>ſprachgeſchichte. Durch die unorg. vocalverlängerung<lb/>
wurde maln (molere) farn (ire) zu mâlen, fâren und<lb/>
gleichlautig, folglich reimfähig mit mâlen (pingere) jâ-<lb/>
ren (annis). Das altnord. mala (molere) fara verlängert<lb/>ſich nun zwar ſchwed. in mâla, fâra, reimt aber nicht<lb/>
auf måla (pingere) und fâra behält einen von år (annus)<lb/>
abweichenden laut. Im verlauf der zeit hatte das alte,<lb/>
organiſche â den laut å angenommen, welchem die un-<lb/>
org. verlängerung des a nicht beikommen konnte. Die-<lb/>ſer unterſchied zwiſchen â und å iſt vortheilhaft. Übri-<lb/>
gens läßt die ſchwed. ſchrift den dehnlaut völlig unbe-<lb/>
zeichnet und ſetzt a, e, i, o, u zugleich für â, ê, î,<lb/>
ô, û, deren einführung in der grammatik nothwendig<lb/>
iſt. Die jetzt mit recht veraltete orthographie früherer<lb/>
jahrh. hatte wohl verſucht, das neuhochd. dehnzeichen<lb/>
h. hin und wieder und ganz überflüßig bei dem å ein-<lb/>
zuführen, z. b. åhr für år (annus).</p><lb/><p>(A) vor geminierter und verbundner conſonanz, z. b.<lb/>
padda (rana) hatt (pileus) natt (nox) all (omnis) hammar<lb/>
(malleus) panna (frons) annar (alius) narr (ſtultus) halm<lb/>
(culmus) half (dimid.) hals (collum) balk (trabs) ande<lb/>
(ſpiritus) hand (manus) varm (calidus) etc. Auszuneh-<lb/>
men: ll (das für ld ſteht) ld. ng. rd. welche å erfordern.</p><lb/><p>(E) e und ë ſind vermengt, beide drücke ich mit<lb/>
e aus; dieſes e aber beſteht nach willkürlichem gebrauch<lb/>
in verſchiedenen wörtern, denen ganz analoge gewöhn-<lb/>
lich ä angenommen haben, beiſpiele: engel, enkja (vi-<lb/>
dua) menniſkja (homo) berg (mons) eller (ſive) ſvenſk<lb/>
(ſuecanus) etc. Bei vergleichung neuſchwed. bücher mit<lb/>ſolchen, die vor hundert jahren gedruckt wurden, findet<lb/>
man den gebrauch des ä zu, den des e abnehmen. Da-<lb/>
mahls hieß es noch heſt (equus) rett (jus) lemna (lin-<lb/><notexml:id="note-0572"prev="#note-0571"place="foot"n="*)">reimen; alſo iſt ein <hirendition="#i">neuisländ</hi>. mâla, trôdha, ſidhir und<lb/>
grìpinn anzunehmen? Ich glaube allerdings, behaupte<lb/>
nur nicht, daß dieſe ſpäteren â, ô, î etc. mit den alten<lb/>
organiſchen â, ô, î <hirendition="#i">gleichen</hi> laut haben; man wird (wie<lb/>
im ſchwed. mâla molere von måla pingere) zweierlei mâla<lb/>ſcheiden müßen und <hirendition="#i">vielleicht</hi> lautet î in grîpa anders als<lb/>
das in grîpinn etc. Das ganze bedarf näherer unterſuchung<lb/>
und würde die neuisländ. vocallehre modiſicieren, übrigens<lb/>
erklären, warum ein êk, êta ſtatt des altn. ëk, ëta gilt<lb/>
(oben ſ. 282.).</note><lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[546/0572]
I. ſchwediſche vocale.
grîpen, während das altn. den inf. grîpa vom part. gri-
pinn unterſcheidet. Nur zeigt ſich hier bei dem a eine
merkwürdige abweichung von der hochd. und niederl.
ſprachgeſchichte. Durch die unorg. vocalverlängerung
wurde maln (molere) farn (ire) zu mâlen, fâren und
gleichlautig, folglich reimfähig mit mâlen (pingere) jâ-
ren (annis). Das altnord. mala (molere) fara verlängert
ſich nun zwar ſchwed. in mâla, fâra, reimt aber nicht
auf måla (pingere) und fâra behält einen von år (annus)
abweichenden laut. Im verlauf der zeit hatte das alte,
organiſche â den laut å angenommen, welchem die un-
org. verlängerung des a nicht beikommen konnte. Die-
ſer unterſchied zwiſchen â und å iſt vortheilhaft. Übri-
gens läßt die ſchwed. ſchrift den dehnlaut völlig unbe-
zeichnet und ſetzt a, e, i, o, u zugleich für â, ê, î,
ô, û, deren einführung in der grammatik nothwendig
iſt. Die jetzt mit recht veraltete orthographie früherer
jahrh. hatte wohl verſucht, das neuhochd. dehnzeichen
h. hin und wieder und ganz überflüßig bei dem å ein-
zuführen, z. b. åhr für år (annus).
(A) vor geminierter und verbundner conſonanz, z. b.
padda (rana) hatt (pileus) natt (nox) all (omnis) hammar
(malleus) panna (frons) annar (alius) narr (ſtultus) halm
(culmus) half (dimid.) hals (collum) balk (trabs) ande
(ſpiritus) hand (manus) varm (calidus) etc. Auszuneh-
men: ll (das für ld ſteht) ld. ng. rd. welche å erfordern.
(E) e und ë ſind vermengt, beide drücke ich mit
e aus; dieſes e aber beſteht nach willkürlichem gebrauch
in verſchiedenen wörtern, denen ganz analoge gewöhn-
lich ä angenommen haben, beiſpiele: engel, enkja (vi-
dua) menniſkja (homo) berg (mons) eller (ſive) ſvenſk
(ſuecanus) etc. Bei vergleichung neuſchwed. bücher mit
ſolchen, die vor hundert jahren gedruckt wurden, findet
man den gebrauch des ä zu, den des e abnehmen. Da-
mahls hieß es noch heſt (equus) rett (jus) lemna (lin-
*)
*) reimen; alſo iſt ein neuisländ. mâla, trôdha, ſidhir und
grìpinn anzunehmen? Ich glaube allerdings, behaupte
nur nicht, daß dieſe ſpäteren â, ô, î etc. mit den alten
organiſchen â, ô, î gleichen laut haben; man wird (wie
im ſchwed. mâla molere von måla pingere) zweierlei mâla
ſcheiden müßen und vielleicht lautet î in grîpa anders als
das in grîpinn etc. Das ganze bedarf näherer unterſuchung
und würde die neuisländ. vocallehre modiſicieren, übrigens
erklären, warum ein êk, êta ſtatt des altn. ëk, ëta gilt
(oben ſ. 282.).
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Grimm, Jacob: Deutsche Grammatik. Bd. 1. Göttingen, 1822, S. 546. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_grammatik01_1822/572>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.