Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Grimm, Jacob: Deutsche Grammatik. Bd. 1. Göttingen, 1822.

Bild:
<< vorherige Seite
II. alth. subst. starkes femin. erste decl.
7) mit -ant, unt: liumunt (fama) wisant, wisunt (bu-
balus).
8) mit od: cherrod, cherrodei (stridor) selpwaltod (pri-
vilegium).

Anmerkungen. 1) vom schwanken in die erste s. dort.
2) manche wörter rühren sichtbar aus der dritten her,
welcher sie noch in früheren quellen zustehen, z. b.
vuoß, sun.

Starkes femininum. erste declination.

beispiel: kep-apl. kep-o
kep-okep-ono
kep-okep-om
kep-akep-o

die länge des o erhellt sowohl aus dem goth., als aus
der notkerischen circumflectierung und ist merkwürdige
spur uralter übereinkunft des alth. mit dem goth. laut,
da in der regel dem goth. o alth. uo entspricht (s. 96.)
Niemahls zeigt sich hier ein kepuo, gebua. Der gen.
pl. steht unorg. in der schwachen form, kepono f. kepo,
offenbar theils zur unterscheidung von dem gen. pl.
masc visco (goth. fiske, gibo) theils weil o mit dem
gen. sg. und nom. pl. zus. treffen würde (nachdem die
muthmaßlich frühere form kepor, goth. gibos aufgegeben
war). Der letzte grund past freilich nicht auf diejeni-
gen quellen, welche im gen. und dat. sg., nom, und
acc. pl. kein o zeigen.

Nämlich das aufgestellte paradigma findet sich völlig
beobachtet nur in den mons. gl., sodann, was den nom,
acc. sg. gen. und dat. pl. angeht, auch in allen übrigen
denkmählern; für den gen. dat. sg. und nom. acc. pl.
bemerke ich folgende verschiedenheiten:

a) K. gibt dem gen. sg. -a, dem dat. sg. -u, dem nom.
und acc. pl. -o, hat folglich: kepa, kepa, kepu, ke-
pa; kepo, kepono, kepom, kepo. Hiermit stimmen
die gl. hrab. exhort. u. a. m. Das lange -a gen. sg.
folgere ich theils aus der nöthigen unterscheidung
vom nom. und acc., theils aus der analogie des nom.
pl. masc. (visca verhält sich zu kepa wie fiscos: gibos).
Dieser analogie halben scheint -a sogar consequenter
als -o, dieses aber stimmt doch mehr zu dem o des
nom. und dat. pl. -- Das -u dat. sg. könnte viel-
leicht -au seyn, es entspricht dem goth. -ai.

II. alth. ſubſt. ſtarkes femin. erſte decl.
7) mit -ant, unt: liumunt (fama) wiſant, wiſunt (bu-
balus).
8) mit ôd: chërrôd, chërrodî (ſtridor) ſëlpwaltôd (pri-
vilegium).

Anmerkungen. 1) vom ſchwanken in die erſte ſ. dort.
2) manche wörter rühren ſichtbar aus der dritten her,
welcher ſie noch in früheren quellen zuſtehen, z. b.
vuoƷ, ſun.

Starkes femininum. erſte declination.

beiſpiel: këp-apl. këp-ô
këp-ôkëp-ônô
këp-ôkëp-ôm
këp-akëp-ô

die länge des ô erhellt ſowohl aus dem goth., als aus
der notkeriſchen circumflectierung und iſt merkwürdige
ſpur uralter übereinkunft des alth. mit dem goth. laut,
da in der regel dem goth. ô alth. uo entſpricht (ſ. 96.)
Niemahls zeigt ſich hier ein këpuo, gëbua. Der gen.
pl. ſteht unorg. in der ſchwachen form, këpônô f. këpô,
offenbar theils zur unterſcheidung von dem gen. pl.
maſc viſcô (goth. fiſkê, gibô) theils weil ô mit dem
gen. ſg. und nom. pl. zuſ. treffen würde (nachdem die
muthmaßlich frühere form këpôr, goth. gibôs aufgegeben
war). Der letzte grund paſt freilich nicht auf diejeni-
gen quellen, welche im gen. und dat. ſg., nom, und
acc. pl. kein ô zeigen.

Nämlich das aufgeſtellte paradigma findet ſich völlig
beobachtet nur in den monſ. gl., ſodann, was den nom,
acc. ſg. gen. und dat. pl. angeht, auch in allen übrigen
denkmählern; für den gen. dat. ſg. und nom. acc. pl.
bemerke ich folgende verſchiedenheiten:

α) K. gibt dem gen. ſg. -â, dem dat. ſg. -u, dem nom.
und acc. pl. -ô, hat folglich: këpa, këpâ, këpu, kë-
pa; këpô, këpônô, këpôm, këpô. Hiermit ſtimmen
die gl. hrab. exhort. u. a. m. Das lange -â gen. ſg.
folgere ich theils aus der nöthigen unterſcheidung
vom nom. und acc., theils aus der analogie des nom.
pl. maſc. (viſcâ verhält ſich zu këpâ wie fiſcôs: gibôs).
Dieſer analogie halben ſcheint -â ſogar conſequenter
als -ô, dieſes aber ſtimmt doch mehr zu dem ô des
nom. und dat. pl. — Das -u dat. ſg. könnte viel-
leicht -û ſeyn, es entſpricht dem goth. -ai.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <list>
                <pb facs="#f0642" n="616"/>
                <fw place="top" type="header">II. <hi rendition="#i">alth. &#x017F;ub&#x017F;t. &#x017F;tarkes femin. er&#x017F;te decl.</hi></fw><lb/>
                <item>7) mit <hi rendition="#i">-ant, unt</hi>: liumunt (fama) wi&#x017F;ant, wi&#x017F;unt (bu-<lb/>
balus).</item><lb/>
                <item>8) mit <hi rendition="#i">ôd</hi>: chërrôd, chërrodî (&#x017F;tridor) &#x017F;ëlpwaltôd (pri-<lb/>
vilegium).</item>
              </list><lb/>
              <p><hi rendition="#i">Anmerkungen.</hi> 1) vom &#x017F;chwanken in die er&#x017F;te &#x017F;. dort.<lb/>
2) manche wörter rühren &#x017F;ichtbar aus der dritten her,<lb/>
welcher &#x017F;ie noch in früheren quellen zu&#x017F;tehen, z. b.<lb/>
vuo&#x01B7;, &#x017F;un.</p>
            </div><lb/>
            <div n="4">
              <head> <hi rendition="#i">Starkes femininum. er&#x017F;te declination.</hi> </head><lb/>
              <table>
                <row>
                  <cell>bei&#x017F;piel: këp-a</cell>
                  <cell>pl. këp-ô</cell>
                </row>
                <row>
                  <cell>këp-ô</cell>
                  <cell>këp-ônô</cell>
                </row>
                <row>
                  <cell>këp-ô</cell>
                  <cell>këp-ôm</cell>
                </row>
                <row>
                  <cell>këp-a</cell>
                  <cell>këp-ô</cell>
                </row><lb/>
              </table>
              <p>die länge des ô erhellt &#x017F;owohl aus dem goth., als aus<lb/>
der notkeri&#x017F;chen circumflectierung und i&#x017F;t merkwürdige<lb/>
&#x017F;pur uralter übereinkunft des alth. mit dem goth. laut,<lb/>
da in der regel dem goth. ô alth. <hi rendition="#i">uo</hi> ent&#x017F;pricht (&#x017F;. 96.)<lb/>
Niemahls zeigt &#x017F;ich hier ein këpuo, gëbua. Der gen.<lb/>
pl. &#x017F;teht unorg. in der &#x017F;chwachen form, këpônô f. këpô,<lb/>
offenbar theils zur unter&#x017F;cheidung von dem gen. pl.<lb/>
ma&#x017F;c vi&#x017F;cô (goth. fi&#x017F;kê, gibô) theils weil ô mit dem<lb/>
gen. &#x017F;g. und nom. pl. zu&#x017F;. treffen würde (nachdem die<lb/>
muthmaßlich frühere form këpôr, goth. gibôs aufgegeben<lb/>
war). Der letzte grund pa&#x017F;t freilich nicht auf diejeni-<lb/>
gen quellen, welche im gen. und dat. &#x017F;g., nom, und<lb/>
acc. pl. kein ô zeigen.</p><lb/>
              <p>Nämlich das aufge&#x017F;tellte paradigma findet &#x017F;ich völlig<lb/>
beobachtet nur in den mon&#x017F;. gl., &#x017F;odann, was den nom,<lb/>
acc. &#x017F;g. gen. und dat. pl. angeht, auch in allen übrigen<lb/>
denkmählern; für den gen. dat. &#x017F;g. und nom. acc. pl.<lb/>
bemerke ich folgende ver&#x017F;chiedenheiten:</p><lb/>
              <list>
                <item><hi rendition="#i">&#x03B1;</hi>) K. gibt dem gen. &#x017F;g. -â, dem dat. &#x017F;g. -u, dem nom.<lb/>
und acc. pl. -ô, hat folglich: këpa, këpâ, këpu, kë-<lb/>
pa; këpô, këpônô, këpôm, këpô. Hiermit &#x017F;timmen<lb/>
die gl. hrab. exhort. u. a. m. Das lange -â gen. &#x017F;g.<lb/>
folgere ich theils aus der nöthigen unter&#x017F;cheidung<lb/>
vom nom. und acc., theils aus der analogie des nom.<lb/>
pl. ma&#x017F;c. (vi&#x017F;câ verhält &#x017F;ich zu këpâ wie fi&#x017F;côs: gibôs).<lb/>
Die&#x017F;er analogie halben &#x017F;cheint -â &#x017F;ogar con&#x017F;equenter<lb/>
als -ô, die&#x017F;es aber &#x017F;timmt doch mehr zu dem ô des<lb/>
nom. und dat. pl. &#x2014; Das -u dat. &#x017F;g. könnte viel-<lb/>
leicht -û &#x017F;eyn, es ent&#x017F;pricht dem goth. <hi rendition="#i">-ai</hi>.</item><lb/>
              </list>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[616/0642] II. alth. ſubſt. ſtarkes femin. erſte decl. 7) mit -ant, unt: liumunt (fama) wiſant, wiſunt (bu- balus). 8) mit ôd: chërrôd, chërrodî (ſtridor) ſëlpwaltôd (pri- vilegium). Anmerkungen. 1) vom ſchwanken in die erſte ſ. dort. 2) manche wörter rühren ſichtbar aus der dritten her, welcher ſie noch in früheren quellen zuſtehen, z. b. vuoƷ, ſun. Starkes femininum. erſte declination. beiſpiel: këp-a pl. këp-ô këp-ô këp-ônô këp-ô këp-ôm këp-a këp-ô die länge des ô erhellt ſowohl aus dem goth., als aus der notkeriſchen circumflectierung und iſt merkwürdige ſpur uralter übereinkunft des alth. mit dem goth. laut, da in der regel dem goth. ô alth. uo entſpricht (ſ. 96.) Niemahls zeigt ſich hier ein këpuo, gëbua. Der gen. pl. ſteht unorg. in der ſchwachen form, këpônô f. këpô, offenbar theils zur unterſcheidung von dem gen. pl. maſc viſcô (goth. fiſkê, gibô) theils weil ô mit dem gen. ſg. und nom. pl. zuſ. treffen würde (nachdem die muthmaßlich frühere form këpôr, goth. gibôs aufgegeben war). Der letzte grund paſt freilich nicht auf diejeni- gen quellen, welche im gen. und dat. ſg., nom, und acc. pl. kein ô zeigen. Nämlich das aufgeſtellte paradigma findet ſich völlig beobachtet nur in den monſ. gl., ſodann, was den nom, acc. ſg. gen. und dat. pl. angeht, auch in allen übrigen denkmählern; für den gen. dat. ſg. und nom. acc. pl. bemerke ich folgende verſchiedenheiten: α) K. gibt dem gen. ſg. -â, dem dat. ſg. -u, dem nom. und acc. pl. -ô, hat folglich: këpa, këpâ, këpu, kë- pa; këpô, këpônô, këpôm, këpô. Hiermit ſtimmen die gl. hrab. exhort. u. a. m. Das lange -â gen. ſg. folgere ich theils aus der nöthigen unterſcheidung vom nom. und acc., theils aus der analogie des nom. pl. maſc. (viſcâ verhält ſich zu këpâ wie fiſcôs: gibôs). Dieſer analogie halben ſcheint -â ſogar conſequenter als -ô, dieſes aber ſtimmt doch mehr zu dem ô des nom. und dat. pl. — Das -u dat. ſg. könnte viel- leicht -û ſeyn, es entſpricht dem goth. -ai.

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_grammatik01_1822
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_grammatik01_1822/642
Zitationshilfe: Grimm, Jacob: Deutsche Grammatik. Bd. 1. Göttingen, 1822, S. 616. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_grammatik01_1822/642>, abgerufen am 22.11.2024.