Fällt in der veränderten flexion der hintere vocal weg, so kehrt j in seinen ursprünglichen vocallaut, als sivida (nevit) dräusida (praecipitavi[t]). Die regel war schon oben s 37. bei dem I. entwickelt, so wie s. 58. bei dem V. gezeigt, daß sich die diphthongen ai und ei, bei fol- gendem vocal, nicht in aj, ej wandeln z b. armaio, thaiei, habaiauh *). Hier bleiben einige fälle zu erwähnen, wo Ulphilas schwankt, er schreibt saian (serere) saians (satus) saiada (seritur), aber saijands (serens) saijith (serit), gleich als ob neben der starken form saian eine schwache saijan bestände. Er schreibt fijan (odisse), fijands (ini- mici) gewöhnlich, ausnahmsweise fiais (miseseis, Matth. 5, 43.) und fiand inimicum Matth. 5. 43 Neh. 6, 16); frijon (amare), frijonds (amicus) aber friathva (amor). Ich halte die elision des j. in fiais, fiands, friathva für ungenau, kommt schon letzteres viermahl so geschrieben vor und nicht anders. In fremden eigennamen wagt Ulphilas kein goth. j. einzuführen, wenn es bei folgen- dem vocal stehen müste; es heißt sowohl im anlante: iakob, iesus, iosef etc. als im inlant: mariam (dreisilbig) zakarias (viersilbig), abiathar etc. Die ausgaben verstoßen manchmahl hierwider, Junius hat Luc 8, 41. richtig iaeirus, Marc 5, 22. unrichtig jaeirus. In Fuldas namen- register ist meist alles falsch.
(H) an-in-auslautend. Inlaute (zwischen zwei vo- calen oder zw. vocal und unwesentlichem s.): aha ahaks. ahan. fahan fahen. faheds. hahan. hlahjan. klahs. lahan. slahs. tahjan. thahan. thvahan. vahs. hoha. skohs. vrohs. faihu. haihs. taihun. thlaihan. auhjon. fauho. hauhs. teihan. thlaihan. auhjon. fauho. hauhs. teihan. theihan. threihan. veihs. liuhath. tiuhan. thliuhan. Von dem verbundenen h bald besonders. Der auslautenden, außer dem neutr. acc. imp. und praet. der inlaute, als: klah, vah, slah, skoh, srah, haihah. faurhah, ganah, tanh -- die parti- keln nauh, thauh. jah, -auh. Man übersehe nicht. daß das in- und auslautende h kein kurzes (einfaches) i selten u vor sich leiden, für -uh sind mir bloß drei fälle zweifelhaft, die anhangspartikel -uh, die ich eben daher lieber -auh annehme, juhiza und huhrus. welche beide letztere aus -ugg contrahiert sind und daher viel- leicht auh haben könnten. In allen fällen, wo die übri-
*) Ausnahme scheint vai (vae!) und vajamerjan; bai und bajoths.
I. gothiſche conſonanten. gutturales.
Fällt in der veränderten flexion der hintere vocal weg, ſo kehrt j in ſeinen urſprünglichen vocallaut, als ſivida (nevit) dräuſida (praecipitavi[t]). Die regel war ſchon oben ſ 37. bei dem I. entwickelt, ſo wie ſ. 58. bei dem V. gezeigt, daß ſich die diphthongen ái und ei, bei fol- gendem vocal, nicht in aj, ej wandeln z b. armáiô, þáiei, habáiûh *). Hier bleiben einige fälle zu erwähnen, wo Ulphilas ſchwankt, er ſchreibt ſáian (ſerere) ſáians (ſatus) ſaiada (ſeritur), aber ſaijands (ſerens) ſaijiþ (ſerit), gleich als ob neben der ſtarken form ſaian eine ſchwache ſaïjan beſtände. Er ſchreibt fijan (odiſſe), fijands (ini- mici) gewöhnlich, ausnahmsweiſe fiáis (μισήσεις, Matth. 5, 43.) und fiand inimicum Matth. 5. 43 Neh. 6, 16); frijôn (amare), frijônds (amicus) aber friaþva (amor). Ich halte die eliſion des j. in fiáis, fiands, friaþva für ungenau, kommt ſchon letzteres viermahl ſo geſchrieben vor und nicht anders. In fremden eigennamen wagt Ulphilas kein goth. j. einzuführen, wenn es bei folgen- dem vocal ſtehen müſte; es heißt ſowohl im anlante: ïakôb, ïèſus, ïôſêf etc. als im inlant: mariam (dreiſilbig) zakarias (vierſilbig), abiaþar etc. Die ausgaben verſtoßen manchmahl hierwider, Junius hat Luc 8, 41. richtig ïaeirus, Marc 5, 22. unrichtig jaeirus. In Fuldas namen- regiſter iſt meiſt alles falſch.
(H) an-in-auslautend. Inlaute (zwiſchen zwei vo- calen oder zw. vocal und unweſentlichem ſ.): aha ahaks. ahan. fahan fahên. fahêds. hahan. hlahjan. klahs. lahan. ſlahs. tahjan. þahan. þvahan. vahs. hôha. ſkôhs. vrôhs. faíhu. haíhs. taíhun. þlaihan. aúhjôn. faúhò. haúhs. teihan. þlaíhan. aúhjôn. faúhô. haúhs. teihan. þeihan. þreihan. veihs. liuhaþ. tiuhan. þliuhan. Von dem verbundenen h bald beſonders. Der auslautenden, außer dem neutr. acc. imp. und praet. der inlaute, als: klah, vah, ſlah, ſkôh, ſrah, haihah. faúrhah, ganah, tánh — die parti- keln náuh, þáuh. jah, -ûh. Man überſehe nicht. daß das in- und auslautende h kein kurzes (einfaches) i ſelten u vor ſich leiden, für -uh ſind mir bloß drei fälle zweifelhaft, die anhangspartikel -uh, die ich eben daher lieber -ûh annehme, juhiza und huhrus. welche beide letztere aus -ugg contrahiert ſind und daher viel- leicht ûh haben könnten. In allen fällen, wo die übri-
*) Ausnahme ſcheint vái (vae!) und vajamêrjan; bái und bajôþs.
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I. gothiſche conſonanten. gutturales.
Fällt in der veränderten flexion der hintere vocal weg,
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(nevit) dräuſida (praecipitavit). Die regel war ſchon
oben ſ 37. bei dem I. entwickelt, ſo wie ſ. 58. bei dem
V. gezeigt, daß ſich die diphthongen ái und ei, bei fol-
gendem vocal, nicht in aj, ej wandeln z b. armáiô,
þáiei, habáiûh *). Hier bleiben einige fälle zu erwähnen,
wo Ulphilas ſchwankt, er ſchreibt ſáian (ſerere) ſáians
(ſatus) ſaiada (ſeritur), aber ſaijands (ſerens) ſaijiþ (ſerit),
gleich als ob neben der ſtarken form ſaian eine ſchwache
ſaïjan beſtände. Er ſchreibt fijan (odiſſe), fijands (ini-
mici) gewöhnlich, ausnahmsweiſe fiáis (μισήσεις, Matth.
5, 43.) und fiand inimicum Matth. 5. 43 Neh. 6, 16);
frijôn (amare), frijônds (amicus) aber friaþva (amor).
Ich halte die eliſion des j. in fiáis, fiands, friaþva für
ungenau, kommt ſchon letzteres viermahl ſo geſchrieben
vor und nicht anders. In fremden eigennamen wagt
Ulphilas kein goth. j. einzuführen, wenn es bei folgen-
dem vocal ſtehen müſte; es heißt ſowohl im anlante:
ïakôb, ïèſus, ïôſêf etc. als im inlant: mariam (dreiſilbig)
zakarias (vierſilbig), abiaþar etc. Die ausgaben verſtoßen
manchmahl hierwider, Junius hat Luc 8, 41. richtig
ïaeirus, Marc 5, 22. unrichtig jaeirus. In Fuldas namen-
regiſter iſt meiſt alles falſch.
(H) an-in-auslautend. Inlaute (zwiſchen zwei vo-
calen oder zw. vocal und unweſentlichem ſ.): aha ahaks.
ahan. fahan fahên. fahêds. hahan. hlahjan. klahs. lahan. ſlahs.
tahjan. þahan. þvahan. vahs. hôha. ſkôhs. vrôhs. faíhu.
haíhs. taíhun. þlaihan. aúhjôn. faúhò. haúhs. teihan.
þlaíhan. aúhjôn. faúhô. haúhs. teihan. þeihan. þreihan.
veihs. liuhaþ. tiuhan. þliuhan. Von dem verbundenen h
bald beſonders. Der auslautenden, außer dem neutr.
acc. imp. und praet. der inlaute, als: klah, vah, ſlah,
ſkôh, ſrah, haihah. faúrhah, ganah, tánh — die parti-
keln náuh, þáuh. jah, -ûh. Man überſehe nicht. daß
das in- und auslautende h kein kurzes (einfaches) i
ſelten u vor ſich leiden, für -uh ſind mir bloß drei
fälle zweifelhaft, die anhangspartikel -uh, die ich eben
daher lieber -ûh annehme, juhiza und huhrus. welche
beide letztere aus -ugg contrahiert ſind und daher viel-
leicht ûh haben könnten. In allen fällen, wo die übri-
*) Ausnahme ſcheint vái (vae!) und vajamêrjan; bái und
bajôþs.
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Grimm, Jacob: Deutsche Grammatik. Bd. 1. Göttingen, 1822, S. 70. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_grammatik01_1822/96>, abgerufen am 25.11.2024.
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