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Grimm, Jacob: Deutsche Grammatik. Bd. 1. Göttingen, 1822.

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II. anomalien der mittelhochd. conjugation.
her unschlüßig? und achtete er das tete der älteren
meister, welches doch seiner mundart widerstand? --
Die übrigen formen des praet. lauten ohne zu schwan-
ken II. sg. toete (nicht tatest, schon alth. tati); pl.
I. taten, II. tatet, III. taten; praet. conj. toete, toetest,
toete;
pl. toeten, toetet, toeten; Veld. gibt (nach s. 458)
dem conj. keinen umlaut dade (En. 6a 21a) st. taete.
Tadeluswerth tet für taete Ernst 15a 37a, 56b altd. w. 2,
140. Part. praet. getan (tan nur Boner).
5) haben behält unverkürzte formen in der bedeutung te-
nere, nach zweiter schwacher, praes. habe, habest, habet;
praet. habete (Parc. 59b Mar. 62.) oder habte. Das anxi-
liare hingegen wird gewöhnlich syncopiert, im praet.
durchgängig. Praes. ind. bei den ältern duldet noch
den pl. haben, habet oder habt, habent neben han, hat,
hant
(Hartm. und Wolfr. meiden noch hant im reim,
nicht aber han und hat); der sg. lautet überall: han,
hast, hat
[nicht mehr habe oder haben, habest, ha-
bet, auch kein hebet, hebt analog dem alth. hebit
s. 880; hest für hast a. Heinr. 497. Bon. 83, 45. het f.
hat Wigal. 850. 10574. gebühren den copisten; heit f.
hat reimt nur Ulr. Trist. 35. 127: breit, streit]. Praes.
conj. unverkürzt: habe, habest, habe; haben, habet,
haben; Herborts ha (habeam): da, ja (23d 36c) ist nn-
rein und Bon. 15, 11. hein (habeamus f. heigen? oder
habemus f. han?): klein gehört noch weniger hier-
her. -- Die zus. ziehung des praet. zeigt sich sehr ver-
schieden; a) beste und älteste form ind. I. hate (ent-
sprungen aus alth. hapta s. 880. oder contrahiertem
habete) II. hatest [hatost Barl. 9. 46. rührt vom abschrei-
ber; merkwürdiger hoete Karl 116a nach irriger analo-
gie von taete] III. hate; pl. haten; conj. umlautend (nach
analogie zweiter anom.) hoete, haetest etc. bei Hartm.
(a. Heinr. 207b) Walter 101a Flecke, Stricker (Karl 3b).
b) für ind. und conj. brauchen hoete, pl. hoeten etc.
Wolfr. (a. Tit. 19.) vf. der klage, Gotfr. und Conr.
(schmiede 252. 262. schwanr. 55. 80. 93.) g) hete, heten
gleichfalls für ind. und conj. Reinb.; hete bloß für den
conj. Wolfr. (Parc. 126a); heite: entseite bei Ulr. (Trist.
2321.) bezweifle und ändere ich in hete: sete (vgl. oben
s. 947.). d) hiete, hieten für den conj. Gudr. 53a Bit. 77a.
Alle von a-d angegebnen formen sind klingend, tadel-
hafter die folgenden stumpfen: e) hete für ind. und conj.
Conr. (troj. und schwanr. 68. 74.) Frib. Lohengr. Ernst;
ohne stummes e het nur in dritter pers. (troj. 75c 95b
II. anomalien der mittelhochd. conjugation.
her unſchlüßig? und achtete er das tëte der älteren
meiſter, welches doch ſeiner mundart widerſtand? —
Die übrigen formen des praet. lauten ohne zu ſchwan-
ken II. ſg. tœte (nicht tâteſt, ſchon alth. tâti); pl.
I. tâten, II. tâtet, III. tâten; praet. conj. tœte, tœteſt,
tœte;
pl. tœten, tœtet, tœten; Veld. gibt (nach ſ. 458)
dem conj. keinen umlaut dâde (En. 6a 21a) ſt. tæte.
Tadeluswerth tët für tæte Ernſt 15a 37a, 56b altd. w. 2,
140. Part. praet. getân (tân nur Boner).
5) haben behält unverkürzte formen in der bedeutung te-
nere, nach zweiter ſchwacher, praeſ. habe, habeſt, habet;
praet. habete (Parc. 59b Mar. 62.) oder habte. Das anxi-
liare hingegen wird gewöhnlich ſyncopiert, im praet.
durchgängig. Praeſ. ind. bei den ältern duldet noch
den pl. haben, habet oder habt, habent neben hân, hât,
hânt
(Hartm. und Wolfr. meiden noch hânt im reim,
nicht aber hân und hât); der ſg. lautet überall: hân,
hâſt, hât
[nicht mehr habe oder haben, habeſt, ha-
bet, auch kein hebet, hebt analog dem alth. hebit
ſ. 880; heſt für hâſt a. Heinr. 497. Bon. 83, 45. het f.
hât Wigal. 850. 10574. gebühren den copiſten; heit f.
hât reimt nur Ulr. Triſt. 35. 127: breit, ſtreit]. Praeſ.
conj. unverkürzt: habe, habeſt, habe; haben, habet,
haben; Herborts (habeam): dâ, ja (23d 36c) iſt nn-
rein und Bon. 15, 11. hein (habeamus f. heigen? oder
habemus f. hân?): klein gehört noch weniger hier-
her. — Die zuſ. ziehung des praet. zeigt ſich ſehr ver-
ſchieden; α) beſte und älteſte form ind. I. hâte (ent-
ſprungen aus alth. hapta ſ. 880. oder contrahiertem
habete) II. hâteſt [hâtôſt Barl. 9. 46. rührt vom abſchrei-
ber; merkwürdiger hœte Karl 116a nach irriger analo-
gie von tæte] III. hâte; pl. hâten; conj. umlautend (nach
analogie zweiter anom.) hœte, hæteſt etc. bei Hartm.
(a. Heinr. 207b) Walter 101a Flecke, Stricker (Karl 3b).
β) für ind. und conj. brauchen hœte, pl. hœten etc.
Wolfr. (a. Tit. 19.) vf. der klage, Gotfr. und Conr.
(ſchmiede 252. 262. ſchwanr. 55. 80. 93.) γ) hête, hêten
gleichfalls für ind. und conj. Reinb.; hête bloß für den
conj. Wolfr. (Parc. 126a); heite: entſeite bei Ulr. (Triſt.
2321.) bezweifle und ändere ich in hête: ſête (vgl. oben
ſ. 947.). δ) hiete, hieten für den conj. Gudr. 53a Bit. 77a.
Alle von α-δ angegebnen formen ſind klingend, tadel-
hafter die folgenden ſtumpfen: ε) hëte für ind. und conj.
Conr. (troj. und ſchwanr. 68. 74.) Frib. Lohengr. Ernſt;
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[966/0992] II. anomalien der mittelhochd. conjugation. her unſchlüßig? und achtete er das tëte der älteren meiſter, welches doch ſeiner mundart widerſtand? — Die übrigen formen des praet. lauten ohne zu ſchwan- ken II. ſg. tœte (nicht tâteſt, ſchon alth. tâti); pl. I. tâten, II. tâtet, III. tâten; praet. conj. tœte, tœteſt, tœte; pl. tœten, tœtet, tœten; Veld. gibt (nach ſ. 458) dem conj. keinen umlaut dâde (En. 6a 21a) ſt. tæte. Tadeluswerth tët für tæte Ernſt 15a 37a, 56b altd. w. 2, 140. Part. praet. getân (tân nur Boner). 5) haben behält unverkürzte formen in der bedeutung te- nere, nach zweiter ſchwacher, praeſ. habe, habeſt, habet; praet. habete (Parc. 59b Mar. 62.) oder habte. Das anxi- liare hingegen wird gewöhnlich ſyncopiert, im praet. durchgängig. Praeſ. ind. bei den ältern duldet noch den pl. haben, habet oder habt, habent neben hân, hât, hânt (Hartm. und Wolfr. meiden noch hânt im reim, nicht aber hân und hât); der ſg. lautet überall: hân, hâſt, hât [nicht mehr habe oder haben, habeſt, ha- bet, auch kein hebet, hebt analog dem alth. hebit ſ. 880; heſt für hâſt a. Heinr. 497. Bon. 83, 45. het f. hât Wigal. 850. 10574. gebühren den copiſten; heit f. hât reimt nur Ulr. Triſt. 35. 127: breit, ſtreit]. Praeſ. conj. unverkürzt: habe, habeſt, habe; haben, habet, haben; Herborts hâ (habeam): dâ, ja (23d 36c) iſt nn- rein und Bon. 15, 11. hein (habeamus f. heigen? oder habemus f. hân?): klein gehört noch weniger hier- her. — Die zuſ. ziehung des praet. zeigt ſich ſehr ver- ſchieden; α) beſte und älteſte form ind. I. hâte (ent- ſprungen aus alth. hapta ſ. 880. oder contrahiertem habete) II. hâteſt [hâtôſt Barl. 9. 46. rührt vom abſchrei- ber; merkwürdiger hœte Karl 116a nach irriger analo- gie von tæte] III. hâte; pl. hâten; conj. umlautend (nach analogie zweiter anom.) hœte, hæteſt etc. bei Hartm. (a. Heinr. 207b) Walter 101a Flecke, Stricker (Karl 3b). β) für ind. und conj. brauchen hœte, pl. hœten etc. Wolfr. (a. Tit. 19.) vf. der klage, Gotfr. und Conr. (ſchmiede 252. 262. ſchwanr. 55. 80. 93.) γ) hête, hêten gleichfalls für ind. und conj. Reinb.; hête bloß für den conj. Wolfr. (Parc. 126a); heite: entſeite bei Ulr. (Triſt. 2321.) bezweifle und ändere ich in hête: ſête (vgl. oben ſ. 947.). δ) hiete, hieten für den conj. Gudr. 53a Bit. 77a. Alle von α-δ angegebnen formen ſind klingend, tadel- hafter die folgenden ſtumpfen: ε) hëte für ind. und conj. Conr. (troj. und ſchwanr. 68. 74.) Frib. Lohengr. Ernſt; ohne ſtummes e hët nur in dritter perſ. (troj. 75c 95b

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Zitationshilfe: Grimm, Jacob: Deutsche Grammatik. Bd. 1. Göttingen, 1822, S. 966. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_grammatik01_1822/992>, abgerufen am 20.05.2024.