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Grimm, Jacob: Deutsche Grammatik. Bd. 1. Göttingen, 1822.

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II. anomalien der mittelhochd. conjugation.
III. weln (Barl. 166, 36.); imp. welle (Trist. 9826.)
Das unorg. e statt e beweisen die reime geselle Parc.
174a Wilh. 2, 153b vellest Parc. 64a gevellet Parc. 92b
155c gesellen 171c helt, verselt; nur Ernst 24a richti-
ger wellen:snellen. Nirgends wollen, wollet, wol-
lent im reim, noch in reinmittelh. quellen außer
reim. Dagegen das praet. überall wolte (nie welte,
welte) conj. wolte (nicht wölte, warum nicht?) lautet. --
Indicative formen sind lediglich II. sg. wilt (vielleicht
auch II. wil, alth. wili) und III. pl. wellent; alle übri-
gen conjunctivisch, namentlich I. wil III. wil aus
dem alth. wili, wili zu leiten. --
4) tuon; praes. ind. I. tuon II. tuost III. tuot (auffallend
deit: steit, leit Morolf 52b 55b vgl, geit, steit oben
s. 944.); pl. I. tuon II. tuot III. tuont; conj. tuo, tuost,
tuo;
pl. tuon, tuot, tuon, nicht tue, tuest etc., umlaut
wird in der erweiterten form tuege, tuegest oder tueje,
tuejest möglich, (Amur 1061. 1424. 2293. 2495. M. S.
2, 107b 197a) im reim Flore 15b Ulr. Trist. 469. 1644. --
Im praet. sg. ist I, zumahl III. höchst schwankend
und vor allem merkwürdig, daß Wolfr. (im Parc. und
Wilh. 2.) die Nibel., Walter und Reinmar d. a. sich
beider so nahe liegender personen gänzlich für den
reim enthalten. Auch I. stehet selten gereimt, lautet
aber tete, Iw. 23c 35b Trist. 35b Barl. 333. desgl. M. S.
1, 162a 2, 21a Wigal. 14. 179. 200.; nirgends tet, tete,
auch bei solchen nicht, die sich letztere formen in
III. erlauben. Häufiger reimt III. und lautet 1) tete
bei Hartm. Flore, dede bei Veld. 2) bald tete, bald
tet bei Rud. Wirnt, Stricker. 3) tete bei Reinb. und
Conr. v. W. 4) meistens tete, seltner tete bei Gotfr.,
auch Wirnt läßt 200 tete : stete (doch 67. bete:stete)
zu. Ächte, dem alth. teta gemäße form war unstrei-
tig tete für I. und III, welche [analog dem wesse,
weste st. wesse, weste] die aussprache in tete ver-
derbte. Das nach dem t bleibende oder wegfallende
stumme e in tete, tet ist nach einzelnen dichtern zu
bestimmen, tet für tete niemahls anzunehmen. Wie
muß außer dem reim bei Wolfr., in den Nib. etc. ge-
schrieben werden? wahrscheinlich tet, apocope des e
scheint diesen dichtern geläufig, sie wagten sie aber
noch nicht gegen Veld. und Hartm. autorität in den
reim aufzunehmen; auffallend meidet auch Conr. in
der schmiede sein tete zu reimen, das er im troj. kr.
und dem schwanr. mehrmahls anbringt; war er frü-
II. anomalien der mittelhochd. conjugation.
III. weln (Barl. 166, 36.); imp. welle (Triſt. 9826.)
Das unorg. e ſtatt ë beweiſen die reime geſelle Parc.
174a Wilh. 2, 153b velleſt Parc. 64a gevellet Parc. 92b
155c geſellen 171c helt, verſelt; nur Ernſt 24a richti-
ger wëllen:ſnëllen. Nirgends wollen, wollet, wol-
lent im reim, noch in reinmittelh. quellen außer
reim. Dagegen das praet. überall wolte (nie wëlte,
welte) conj. wolte (nicht wölte, warum nicht?) lautet. —
Indicative formen ſind lediglich II. ſg. wilt (vielleicht
auch II. wil, alth. wili) und III. pl. wellent; alle übri-
gen conjunctiviſch, namentlich I. wil III. wil aus
dem alth. wili, wili zu leiten. —
4) tuon; praeſ. ind. I. tuon II. tuoſt III. tuot (auffallend
deit: ſteit, leit Morolf 52b 55b vgl, geit, ſteit oben
ſ. 944.); pl. I. tuon II. tuot III. tuont; conj. tuo, tuoſt,
tuo;
pl. tuon, tuot, tuon, nicht tue, tueſt etc., umlaut
wird in der erweiterten form tuege, tuegeſt oder tueje,
tuejeſt möglich, (Amur 1061. 1424. 2293. 2495. M. S.
2, 107b 197a) im reim Flore 15b Ulr. Triſt. 469. 1644. —
Im praet. ſg. iſt I, zumahl III. höchſt ſchwankend
und vor allem merkwürdig, daß Wolfr. (im Parc. und
Wilh. 2.) die Nibel., Walter und Reinmar d. a. ſich
beider ſo nahe liegender perſonen gänzlich für den
reim enthalten. Auch I. ſtehet ſelten gereimt, lautet
aber tëte, Iw. 23c 35b Triſt. 35b Barl. 333. desgl. M. S.
1, 162a 2, 21a Wigal. 14. 179. 200.; nirgends tët, tete,
auch bei ſolchen nicht, die ſich letztere formen in
III. erlauben. Häufiger reimt III. und lautet 1) tëte
bei Hartm. Flore, dëde bei Veld. 2) bald tëte, bald
tët bei Rud. Wirnt, Stricker. 3) tete bei Reinb. und
Conr. v. W. 4) meiſtens tete, ſeltner tëte bei Gotfr.,
auch Wirnt läßt 200 tete : ſtete (doch 67. bëte:ſtete)
zu. Ächte, dem alth. tëta gemäße form war unſtrei-
tig tëte für I. und III, welche [analog dem weſſe,
weſte ſt. wëſſe, wëſte] die ausſprache in tete ver-
derbte. Das nach dem t bleibende oder wegfallende
ſtumme e in tëte, tët iſt nach einzelnen dichtern zu
beſtimmen, tet für tete niemahls anzunehmen. Wie
muß außer dem reim bei Wolfr., in den Nib. etc. ge-
ſchrieben werden? wahrſcheinlich tët, apocope des e
ſcheint dieſen dichtern geläufig, ſie wagten ſie aber
noch nicht gegen Veld. und Hartm. autorität in den
reim aufzunehmen; auffallend meidet auch Conr. in
der ſchmiede ſein tete zu reimen, das er im troj. kr.
und dem ſchwanr. mehrmahls anbringt; war er frü-
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[965/0991] II. anomalien der mittelhochd. conjugation. III. weln (Barl. 166, 36.); imp. welle (Triſt. 9826.) Das unorg. e ſtatt ë beweiſen die reime geſelle Parc. 174a Wilh. 2, 153b velleſt Parc. 64a gevellet Parc. 92b 155c geſellen 171c helt, verſelt; nur Ernſt 24a richti- ger wëllen:ſnëllen. Nirgends wollen, wollet, wol- lent im reim, noch in reinmittelh. quellen außer reim. Dagegen das praet. überall wolte (nie wëlte, welte) conj. wolte (nicht wölte, warum nicht?) lautet. — Indicative formen ſind lediglich II. ſg. wilt (vielleicht auch II. wil, alth. wili) und III. pl. wellent; alle übri- gen conjunctiviſch, namentlich I. wil III. wil aus dem alth. wili, wili zu leiten. — 4) tuon; praeſ. ind. I. tuon II. tuoſt III. tuot (auffallend deit: ſteit, leit Morolf 52b 55b vgl, geit, ſteit oben ſ. 944.); pl. I. tuon II. tuot III. tuont; conj. tuo, tuoſt, tuo; pl. tuon, tuot, tuon, nicht tue, tueſt etc., umlaut wird in der erweiterten form tuege, tuegeſt oder tueje, tuejeſt möglich, (Amur 1061. 1424. 2293. 2495. M. S. 2, 107b 197a) im reim Flore 15b Ulr. Triſt. 469. 1644. — Im praet. ſg. iſt I, zumahl III. höchſt ſchwankend und vor allem merkwürdig, daß Wolfr. (im Parc. und Wilh. 2.) die Nibel., Walter und Reinmar d. a. ſich beider ſo nahe liegender perſonen gänzlich für den reim enthalten. Auch I. ſtehet ſelten gereimt, lautet aber tëte, Iw. 23c 35b Triſt. 35b Barl. 333. desgl. M. S. 1, 162a 2, 21a Wigal. 14. 179. 200.; nirgends tët, tete, auch bei ſolchen nicht, die ſich letztere formen in III. erlauben. Häufiger reimt III. und lautet 1) tëte bei Hartm. Flore, dëde bei Veld. 2) bald tëte, bald tët bei Rud. Wirnt, Stricker. 3) tete bei Reinb. und Conr. v. W. 4) meiſtens tete, ſeltner tëte bei Gotfr., auch Wirnt läßt 200 tete : ſtete (doch 67. bëte:ſtete) zu. Ächte, dem alth. tëta gemäße form war unſtrei- tig tëte für I. und III, welche [analog dem weſſe, weſte ſt. wëſſe, wëſte] die ausſprache in tete ver- derbte. Das nach dem t bleibende oder wegfallende ſtumme e in tëte, tët iſt nach einzelnen dichtern zu beſtimmen, tet für tete niemahls anzunehmen. Wie muß außer dem reim bei Wolfr., in den Nib. etc. ge- ſchrieben werden? wahrſcheinlich tët, apocope des e ſcheint dieſen dichtern geläufig, ſie wagten ſie aber noch nicht gegen Veld. und Hartm. autorität in den reim aufzunehmen; auffallend meidet auch Conr. in der ſchmiede ſein tete zu reimen, das er im troj. kr. und dem ſchwanr. mehrmahls anbringt; war er frü-

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Zitationshilfe: Grimm, Jacob: Deutsche Grammatik. Bd. 1. Göttingen, 1822, S. 965. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_grammatik01_1822/991>, abgerufen am 22.11.2024.