Grimm, Jacob: Deutsche Grammatik. Bd. 1. Göttingen, 1822.II. anomalien der mittelhochd. conjugation. günde. -- e) erban (invideo) geht wie das vorige. --th) kan (possum) desgleichen. -- i) beginnen (incipere) geht regelmäßig stark, praet. began (Nib. 216.) be- günne (nicht beganst) began; von der anomalie ist nur das praet. begunde, begonde vorhanden, conj. be- gunde oder begünde (M. S. 1, 30a). -- k) tar, tarst (Flore 29a) tar; pl. türren (Wilh. 2, 175b torren); praet. torste; conj. praes. türre, praet. törste (türste, vgl. oben s. 338. note). -- l) darf, darft (a. Tit. 61. troj. 2303.) darf; pl. dürfen; praet. dorfte; conj. praes. dürfe, praet. dörfte. -- Anmerkungen zur zweiten anomalie: a) infinitive dieser anomala sind aus syn- tactischen gründen selten, lauten aber: mueßen, wiß- ßen (M. S. 2, 218b) tügen, mügen (oder megen) süln, günnen, erbünnen, künnen (M. S. 2, 218b) türren, dürfen. b) misbräuchlichen umlaut zeigen inf. und pl. praes. ind. wodurch letzterer mit dem pl. conj. zus. trifft; oder läßt sich ein ind. muoßen, tugen, mu- gen, suln, gunnen, kunnen, turren, durfen verschie- den vom conj. mueßen etc. darthun? für turren sprä- che etwa das beigebrachte torren, weniger für muo- ßen der reim auf muoßen (meisterg. 43b) in einem gedicht, das sich rat: rat erlaubt. Zwar gunnen und kunnen, seltner mugen, tugen sind unleugbar, aber darum vorhanden, weil sie oft den umlaut nicht an- nehmen (s. 337.) d. h. alsdann gebührt auch dem conj. unumlautendes u. -- c) praet. conj., sonst in schwa- cher form keines umlauts fähig (s. 952.) besitzt ihn hier gerade, [weil ihn hier gar kein ableitungsvoc. und kein nachgefühl desselben stört? es heißt schamte (erubesceret) brante (combureret) nicht schemte, brente, wie es goth. skamaidedi, brannidedi hieß; hingegen mueste schon goth. maustedi f. mautidedi] doch schwankt er bei den o -formen, nämlich weder von gonde, konde läßt sich ein conj. gönde, könde, noch von solte ein sölte nachweisen, ja neben den nachweislichen conj. möhte, töhte, törste, dörfte scheint bisweilen mohte etc. richtig. -- 3) wellen (Trist. 943. 9826.) I. wil (Nib. 3795. 8053. troj. 15c) II. wil (Nib. 2801. 4622. Wigal. 375. M. S. 1, 107c) wilt (Parc. 73b Wilh. 2, 88a) III. wil (Nib. 9182. Trist. 71c troj. 11c 75c); daneben I. welle, II. wellest, III. welle; pl. I. wellen, II. wellet (troj. 25b) III. wellent (Parc. 1970. troj. 51c) wellen (Parc. 171c) seltner I. weln II. welt (Nib. 5082. 9035. Wilh. 2, 24b fragm. 17b) II. anomalien der mittelhochd. conjugation. günde. — η) erban (invideo) geht wie das vorige. —θ) kan (poſſum) desgleichen. — ι) beginnen (incipere) geht regelmäßig ſtark, praet. began (Nib. 216.) be- günne (nicht beganſt) began; von der anomalie iſt nur das praet. begunde, begonde vorhanden, conj. be- gunde oder begünde (M. S. 1, 30a). — κ) tar, tarſt (Flore 29a) tar; pl. türren (Wilh. 2, 175b torren); praet. torſte; conj. praeſ. türre, praet. törſte (türſte, vgl. oben ſ. 338. note). — λ) darf, darft (a. Tit. 61. troj. 2303.) darf; pl. dürfen; praet. dorfte; conj. praeſ. dürfe, praet. dörfte. — Anmerkungen zur zweiten anomalie: a) infinitive dieſer anomala ſind aus ſyn- tactiſchen gründen ſelten, lauten aber: mueƷen, wiƷ- Ʒen (M. S. 2, 218b) tügen, mügen (oder megen) ſüln, günnen, erbünnen, künnen (M. S. 2, 218b) türren, dürfen. b) misbräuchlichen umlaut zeigen inf. und pl. praeſ. ind. wodurch letzterer mit dem pl. conj. zuſ. trifft; oder läßt ſich ein ind. muoƷen, tugen, mu- gen, ſuln, gunnen, kunnen, turren, durfen verſchie- den vom conj. mueƷen etc. darthun? für turren ſprä- che etwa das beigebrachte torren, weniger für muo- Ʒen der reim auf muoƷen (meiſterg. 43b) in einem gedicht, das ſich rat: rât erlaubt. Zwar gunnen und kunnen, ſeltner mugen, tugen ſind unleugbar, aber darum vorhanden, weil ſie oft den umlaut nicht an- nehmen (ſ. 337.) d. h. alsdann gebührt auch dem conj. unumlautendes u. — c) praet. conj., ſonſt in ſchwa- cher form keines umlauts fähig (ſ. 952.) beſitzt ihn hier gerade, [weil ihn hier gar kein ableitungsvoc. und kein nachgefühl deſſelben ſtört? es heißt ſchamte (erubeſceret) brante (combureret) nicht ſchemte, brente, wie es goth. ſkamáidêdi, brannidêdi hieß; hingegen mueſte ſchon goth. mûſtêdi f. mûtidêdi] doch ſchwankt er bei den o -formen, nämlich weder von gonde, konde läßt ſich ein conj. gönde, könde, noch von ſolte ein ſölte nachweiſen, ja neben den nachweiſlichen conj. möhte, töhte, törſte, dörfte ſcheint bisweilen mohte etc. richtig. — 3) wellen (Triſt. 943. 9826.) I. wil (Nib. 3795. 8053. troj. 15c) II. wil (Nib. 2801. 4622. Wigal. 375. M. S. 1, 107c) wilt (Parc. 73b Wilh. 2, 88a) III. wil (Nib. 9182. Triſt. 71c troj. 11c 75c); daneben I. welle, II. welleſt, III. welle; pl. I. wellen, II. wellet (troj. 25b) III. wellent (Parc. 1970. troj. 51c) wellen (Parc. 171c) ſeltner I. weln II. welt (Nib. 5082. 9035. Wilh. 2, 24b fragm. 17b) <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <list> <item><pb facs="#f0990" n="964"/><fw place="top" type="header">II. <hi rendition="#i">anomalien der mittelhochd. conjugation.</hi></fw><lb/> günde. — <hi rendition="#i">η</hi>) <hi rendition="#i">erban</hi> (invideo) geht wie das vorige. —<lb/><hi rendition="#i">θ</hi>) <hi rendition="#i">kan</hi> (poſſum) desgleichen. — <hi rendition="#i">ι</hi>) beginnen (incipere)<lb/> geht regelmäßig ſtark, praet. began (Nib. 216.) be-<lb/> günne (nicht beganſt) began; von der anomalie iſt<lb/> nur das praet. <hi rendition="#i">begunde</hi>, begonde vorhanden, conj. be-<lb/> gunde oder begünde (M. 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II. anomalien der mittelhochd. conjugation.
günde. — η) erban (invideo) geht wie das vorige. —
θ) kan (poſſum) desgleichen. — ι) beginnen (incipere)
geht regelmäßig ſtark, praet. began (Nib. 216.) be-
günne (nicht beganſt) began; von der anomalie iſt
nur das praet. begunde, begonde vorhanden, conj. be-
gunde oder begünde (M. S. 1, 30a). — κ) tar, tarſt
(Flore 29a) tar; pl. türren (Wilh. 2, 175b torren); praet.
torſte; conj. praeſ. türre, praet. törſte (türſte, vgl.
oben ſ. 338. note). — λ) darf, darft (a. Tit. 61. troj.
2303.) darf; pl. dürfen; praet. dorfte; conj. praeſ.
dürfe, praet. dörfte. — Anmerkungen zur zweiten
anomalie: a) infinitive dieſer anomala ſind aus ſyn-
tactiſchen gründen ſelten, lauten aber: mueƷen, wiƷ-
Ʒen (M. S. 2, 218b) tügen, mügen (oder megen) ſüln,
günnen, erbünnen, künnen (M. S. 2, 218b) türren,
dürfen. b) misbräuchlichen umlaut zeigen inf. und
pl. praeſ. ind. wodurch letzterer mit dem pl. conj.
zuſ. trifft; oder läßt ſich ein ind. muoƷen, tugen, mu-
gen, ſuln, gunnen, kunnen, turren, durfen verſchie-
den vom conj. mueƷen etc. darthun? für turren ſprä-
che etwa das beigebrachte torren, weniger für muo-
Ʒen der reim auf muoƷen (meiſterg. 43b) in einem
gedicht, das ſich rat: rât erlaubt. Zwar gunnen und
kunnen, ſeltner mugen, tugen ſind unleugbar, aber
darum vorhanden, weil ſie oft den umlaut nicht an-
nehmen (ſ. 337.) d. h. alsdann gebührt auch dem conj.
unumlautendes u. — c) praet. conj., ſonſt in ſchwa-
cher form keines umlauts fähig (ſ. 952.) beſitzt ihn
hier gerade, [weil ihn hier gar kein ableitungsvoc.
und kein nachgefühl deſſelben ſtört? es heißt ſchamte
(erubeſceret) brante (combureret) nicht ſchemte, brente,
wie es goth. ſkamáidêdi, brannidêdi hieß; hingegen
mueſte ſchon goth. mûſtêdi f. mûtidêdi] doch ſchwankt
er bei den o -formen, nämlich weder von gonde, konde
läßt ſich ein conj. gönde, könde, noch von ſolte ein
ſölte nachweiſen, ja neben den nachweiſlichen conj.
möhte, töhte, törſte, dörfte ſcheint bisweilen mohte etc.
richtig. —
3) wellen (Triſt. 943. 9826.) I. wil (Nib. 3795. 8053. troj.
15c) II. wil (Nib. 2801. 4622. Wigal. 375. M. S. 1, 107c)
wilt (Parc. 73b Wilh. 2, 88a) III. wil (Nib. 9182. Triſt.
71c troj. 11c 75c); daneben I. welle, II. welleſt, III.
welle; pl. I. wellen, II. wellet (troj. 25b) III. wellent
(Parc. 1970. troj. 51c) wellen (Parc. 171c) ſeltner I. weln
II. welt (Nib. 5082. 9035. Wilh. 2, 24b fragm. 17b)
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