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Grimm, Jacob: Deutsche Grammatik. Bd. 2. Göttingen, 1826.

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III. consonantische ableitungen. L.
ahd. sela d. i. so-l, se-la, goth. sau-il, saiv-ala; ferner ahd.
plauil, nhd. bläul, bläuel; ahd. nuol, nuoil f. plauw-il,
nuoh-il; mhd. strol, stroel Vrib. 5454. f. strouw-el; mhd.
knielen, Eracl. 3403. mnl. knielen (genuflectere) Maerl.
1,462. 2,248 f. kniew-elen, engl. kneel. Mnd. nalen
(appropinquare) Zeno 837. 1099. könnte aus nah-elen,
oder aus na-liken (ahd. nah-leihhon, na-leihhon T.) altn.
nalgaz, schwed. nalkas erklärt werden, vgl. cap. III.
die comp. mit -leik. --

b) einigemahl, nach verschiedenheit der mundart, fehlt
die ableitung, ohne daß anscheinend die bedeutung sehr
verändert wäre; vgl. altn. fem. grind (clathrum) mit
grind-il; ags. fem. studu (postis) mit stod-al; mhd. siz (se-
des) mit sit-ls, seß-el. --

c) wechsel mit andern ableitungsconsonanten. Nur zu-
weilen mit r. Statt des ahd. suanh-al (exilis) tunh-al
(obscurus) stehet ags. svanc-or (gracilis) alts. dunk-ar, mnl.
donk-er, umgekehrt vergleicht sich das ahd. kank-ar (am-
bulans) kank-ar-arei (peregrinus) dem altn. göng-ull,
gang-l-eri. Neben ahd. er-ila (alnus) blas. 52a mit zu-
gleich getauschtem wurzelcons. el-ira mons. 414., wie
noch nhd. erle und eller beide gelten, Für das ahd.
mart-olon, mhd. mart-eln sagen wir heute mart-ern,
aber schon mhd. gebrauchten einige mart-elaere, andere
marter-aere. So wechseln mhd. had-el, had-er; pfell-el,
pfell-er; was O. I. 4, 39. zins-er (thuribulum, aus mit-
tellat. incensorium) nennt, heißt gl. jun. 295. zins-el;
mhd. tent-ereie, dörp-ereie lautet nhd. tänd-elei, tölp-elei.
Die bedeutung, zumahl in den fremden wörtern, bleibt
die nämliche und die abweichung ist bloßes kennzeichen
der mundart. Wo aber in einer mundart l und r an
denselben wurzeln vorkommen, wird ein unterschied der
bedeutung fühlbar sein; das nhd. wand-eln (ambulare)
fas-eln (sobolescere) läch-eln (paulum ridere) ist etwas an-
ders als wand-ern (peregrinari) fas-ern (filatim distrahi)
läch-ern (ad risum moveri). Und was die neuere sprache
vermischt, z. b. feß-el (catena und fascia) schied die äl-
tere: ahd. veß-il (balteus) ags. fet-el, altn. fet-ill, aber
ahd. veß-ar, veß-ur (compages) altn. siöt-ur, ags. fet-or,
vgl. altn. fat-la (impedire) fiöt-ra (vincire) *). In solchen
fällen sind daher beide consonanten eigentlich unverwech-

*) verwandt sind sich veßil und veßur freilich, wie ich oben
s. 71. nachweise [s. 43, 26. berichtige man den druckfehler veßal
in veßil].

III. conſonantiſche ableitungen. L.
ahd. ſêla d. i. ſô-l, ſê-la, goth. ſau-ïl, ſáiv-ala; ferner ahd.
plûil, nhd. bläul, bläuel; ahd. nuol, nuoil f. plûw-il,
nuoh-il; mhd. ſtrôl, ſtrôel Vrib. 5454. f. ſtrouw-el; mhd.
knielen, Eracl. 3403. mnl. knielen (genuflectere) Maerl.
1,462. 2,248 f. kniew-elen, engl. kneel. Mnd. nâlen
(appropinquare) Zeno 837. 1099. könnte aus nâh-elen,
oder aus nâ-liken (ahd. nâh-lîhhôn, nâ-lîhhôn T.) altn.
nâlgaz, ſchwed. nalkas erklärt werden, vgl. cap. III.
die comp. mit -leik. —

b) einigemahl, nach verſchiedenheit der mundart, fehlt
die ableitung, ohne daß anſcheinend die bedeutung ſehr
verändert wäre; vgl. altn. fem. grind (clathrum) mit
grind-il; agſ. fem. ſtudu (postis) mit ſtod-al; mhd. ſiz (ſe-
des) mit ſit-ls, ſëƷƷ-el. —

c) wechſel mit andern ableitungsconſonanten. Nur zu-
weilen mit r. Statt des ahd. ſuanh-al (exilis) tunh-al
(obſcurus) ſtehet agſ. ſvanc-or (gracilis) altſ. dunk-ar, mnl.
donk-er, umgekehrt vergleicht ſich das ahd. kank-ar (am-
bulans) kank-ar-arî (peregrinus) dem altn. göng-ull,
gâng-l-eri. Neben ahd. er-ila (alnus) blaſ. 52a mit zu-
gleich getauſchtem wurzelconſ. el-ira monſ. 414., wie
noch nhd. erle und eller beide gelten, Für das ahd.
mart-olôn, mhd. mart-eln ſagen wir heute mart-ern,
aber ſchon mhd. gebrauchten einige mart-elære, andere
marter-ære. So wechſeln mhd. had-el, had-er; pfell-el,
pfell-er; was O. I. 4, 39. zinſ-er (thuribulum, aus mit-
tellat. incenſorium) nennt, heißt gl. jun. 295. zinſ-el;
mhd. tent-erîe, dörp-erîe lautet nhd. tänd-elei, tölp-elei.
Die bedeutung, zumahl in den fremden wörtern, bleibt
die nämliche und die abweichung iſt bloßes kennzeichen
der mundart. Wo aber in einer mundart l und r an
denſelben wurzeln vorkommen, wird ein unterſchied der
bedeutung fühlbar ſein; das nhd. wand-eln (ambulare)
fâſ-eln (ſoboleſcere) läch-eln (paulum ridere) iſt etwas an-
ders als wand-ern (peregrinari) faſ-ern (filatim diſtrahi)
läch-ern (ad riſum moveri). Und was die neuere ſprache
vermiſcht, z. b. feß-el (catena und faſcia) ſchied die äl-
tere: ahd. veƷ-il (balteus) agſ. fet-el, altn. fet-ill, aber
ahd. vëƷ-ar, vëƷ-ur (compages) altn. ſiöt-ur, agſ. fët-or,
vgl. altn. fat-la (impedire) fiöt-ra (vincire) *). In ſolchen
fällen ſind daher beide conſonanten eigentlich unverwech-

*) verwandt ſind ſich veƷil und vëƷur freilich, wie ich oben
ſ. 71. nachweise [ſ. 43, 26. berichtige man den druckfehler veƷal
in veƷil].
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[119/0137] III. conſonantiſche ableitungen. L. ahd. ſêla d. i. ſô-l, ſê-la, goth. ſau-ïl, ſáiv-ala; ferner ahd. plûil, nhd. bläul, bläuel; ahd. nuol, nuoil f. plûw-il, nuoh-il; mhd. ſtrôl, ſtrôel Vrib. 5454. f. ſtrouw-el; mhd. knielen, Eracl. 3403. mnl. knielen (genuflectere) Maerl. 1,462. 2,248 f. kniew-elen, engl. kneel. Mnd. nâlen (appropinquare) Zeno 837. 1099. könnte aus nâh-elen, oder aus nâ-liken (ahd. nâh-lîhhôn, nâ-lîhhôn T.) altn. nâlgaz, ſchwed. nalkas erklärt werden, vgl. cap. III. die comp. mit -leik. — b) einigemahl, nach verſchiedenheit der mundart, fehlt die ableitung, ohne daß anſcheinend die bedeutung ſehr verändert wäre; vgl. altn. fem. grind (clathrum) mit grind-il; agſ. fem. ſtudu (postis) mit ſtod-al; mhd. ſiz (ſe- des) mit ſit-ls, ſëƷƷ-el. — c) wechſel mit andern ableitungsconſonanten. Nur zu- weilen mit r. Statt des ahd. ſuanh-al (exilis) tunh-al (obſcurus) ſtehet agſ. ſvanc-or (gracilis) altſ. dunk-ar, mnl. donk-er, umgekehrt vergleicht ſich das ahd. kank-ar (am- bulans) kank-ar-arî (peregrinus) dem altn. göng-ull, gâng-l-eri. Neben ahd. er-ila (alnus) blaſ. 52a mit zu- gleich getauſchtem wurzelconſ. el-ira monſ. 414., wie noch nhd. erle und eller beide gelten, Für das ahd. mart-olôn, mhd. mart-eln ſagen wir heute mart-ern, aber ſchon mhd. gebrauchten einige mart-elære, andere marter-ære. So wechſeln mhd. had-el, had-er; pfell-el, pfell-er; was O. I. 4, 39. zinſ-er (thuribulum, aus mit- tellat. incenſorium) nennt, heißt gl. jun. 295. zinſ-el; mhd. tent-erîe, dörp-erîe lautet nhd. tänd-elei, tölp-elei. Die bedeutung, zumahl in den fremden wörtern, bleibt die nämliche und die abweichung iſt bloßes kennzeichen der mundart. Wo aber in einer mundart l und r an denſelben wurzeln vorkommen, wird ein unterſchied der bedeutung fühlbar ſein; das nhd. wand-eln (ambulare) fâſ-eln (ſoboleſcere) läch-eln (paulum ridere) iſt etwas an- ders als wand-ern (peregrinari) faſ-ern (filatim diſtrahi) läch-ern (ad riſum moveri). Und was die neuere ſprache vermiſcht, z. b. feß-el (catena und faſcia) ſchied die äl- tere: ahd. veƷ-il (balteus) agſ. fet-el, altn. fet-ill, aber ahd. vëƷ-ar, vëƷ-ur (compages) altn. ſiöt-ur, agſ. fët-or, vgl. altn. fat-la (impedire) fiöt-ra (vincire) *). In ſolchen fällen ſind daher beide conſonanten eigentlich unverwech- *) verwandt ſind ſich veƷil und vëƷur freilich, wie ich oben ſ. 71. nachweise [ſ. 43, 26. berichtige man den druckfehler veƷal in veƷil].

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Zitationshilfe: Grimm, Jacob: Deutsche Grammatik. Bd. 2. Göttingen, 1826, S. 119. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_grammatik02_1826/137>, abgerufen am 21.11.2024.