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Grimm, Jacob: Deutsche Grammatik. Bd. 2. Göttingen, 1826.

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III. consonantische ableitungen. R.
nicht Vriged. 1833. ein mhd. durstert zu lesen,
das freilich der bestätigung bedarf (ahd. mih durstit, sla-
fot), und enthielten nicht auch einige der angeführten
altn. verba solch ein zwischengeschoßnes -r mit factiti-
ver oder frequentativer bedeutung, z. b. haltra, latra.
Vgl. vorhin s. 119. über -l. --

g) dritter schwacher conjugation,
intransitiva, wie es scheint, bloß aus adj. gebildet; ahd.
hlaut-ar-en (liquefieri) mhd. laut-er-n Trist. 8149. (verschie-
den von liut-er-n, liquefacere, ahd. hlaut-ar-jan); ir-
munt-ar-en (excitari); ir-seig-ar-en (languescere) mons.
343; wohl auch pit-ar-en (amarescere) Vriged. 1612.
mir bittert. Späterhin verlieren und vermischen sich
diese bildungen. --


[IR] dieses bildungsprincip, wenn es anders überhaupt
statt findet, ist von ganz geringem umfang. Die goth.
sprache läßt kein ir zu, sondern statt dessen -air, aber
nirgends weder beim nomen noch verbum wird air
zur ableitung verwandt, daß ai vor dem r weggefallen
sei, läßt sich nicht annehmen. Warum sollte ein ahd.
hualira auf goth. nicht hvalaira lauten dürfen? Wir
werden auch unter den ableitungen mit zwei consonanten
hernach einem goth. -airna begegnen. Im ahd. ist kein
adj. mit -ir aufzuweisen, einige subst. und verba schei-
nen es anzusprechen. Man muß aber gegen ahd. ir in
wörtern, deren goth. parallele fehlt, vorsichtig sein, sie
könnten aus goth. is, iz entspringen und gehören dann
gar nicht hierher, z. b. das ahd. ahir (spica) mhd. eher
steht für ahis, und wird beim S abgehandelt. Möglich
also, daß unter den ahd. ir noch einige unbekannte is
stecken, z. b. daß jenes hualira goth. hvaliso lautete?
Diese schwierigkeit des cons. beiseite gesetzt, kann das
ir fehlerhaft für ar stehen (z. b. in der schreibung
flastir f. flastar, emplastrum) und iri aus ari durch assim.
entspringen. In umlautbaren wörtern der umlaut bleibt
daher fast das einzige merkmahl und selbst er beweiset
kein ir, so oft ein ableitungs-i weggefallen sein darf.
Die wörter, welche hier in betracht kommen, sind fol-
gende: das ags. bremb-er (vepres) liegt dem üblicheren
bremb-el (engl. bramble) parallel; das mhd. aeb-er (oben
s. 51. nr. 540.) Parc. 29a wäre als starkes masc. oder neu-
tr. ahd. ab-ir; für das geschlecht streitet der spätere aus-

III. conſonantiſche ableitungen. R.
nicht Vriged. 1833. ein mhd. durſtert zu leſen,
das freilich der beſtätigung bedarf (ahd. mih durſtit, ſlâ-
fôt), und enthielten nicht auch einige der angeführten
altn. verba ſolch ein zwiſchengeſchoßnes -r mit factiti-
ver oder frequentativer bedeutung, z. b. haltra, latra.
Vgl. vorhin ſ. 119. über -l. —

γ) dritter ſchwacher conjugation,
intranſitiva, wie es ſcheint, bloß aus adj. gebildet; ahd.
hlût-ar-ên (liquefieri) mhd. lût-er-n Triſt. 8149. (verſchie-
den von liut-er-n, liquefacere, ahd. hlût-ar-jan); ir-
munt-ar-ên (excitari); ir-ſeig-ar-ên (langueſcere) monſ.
343; wohl auch pit-ar-ên (amareſcere) Vriged. 1612.
mir bittert. Späterhin verlieren und vermiſchen ſich
dieſe bildungen. —


[IR] dieſes bildungsprincip, wenn es anders überhaupt
ſtatt findet, iſt von ganz geringem umfang. Die goth.
ſprache läßt kein ir zu, ſondern ſtatt deſſen -aír, aber
nirgends weder beim nomen noch verbum wird aír
zur ableitung verwandt, daß aí vor dem r weggefallen
ſei, läßt ſich nicht annehmen. Warum ſollte ein ahd.
hualira auf goth. nicht hvalaíra lauten dürfen? Wir
werden auch unter den ableitungen mit zwei conſonanten
hernach einem goth. -aírna begegnen. Im ahd. iſt kein
adj. mit -ir aufzuweiſen, einige ſubſt. und verba ſchei-
nen es anzuſprechen. Man muß aber gegen ahd. ir in
wörtern, deren goth. parallele fehlt, vorsichtig ſein, ſie
könnten aus goth. is, iz entſpringen und gehören dann
gar nicht hierher, z. b. das ahd. ahir (ſpica) mhd. eher
ſteht für ahis, und wird beim S abgehandelt. Möglich
alſo, daß unter den ahd. ir noch einige unbekannte is
ſtecken, z. b. daß jenes hualira goth. hvaliſô lautete?
Dieſe ſchwierigkeit des conſ. beiſeite geſetzt, kann das
ir fehlerhaft für ar ſtehen (z. b. in der ſchreibung
flaſtir f. flaſtar, emplaſtrum) und iri aus ari durch aſſim.
entſpringen. In umlautbaren wörtern der umlaut bleibt
daher faſt das einzige merkmahl und ſelbſt er beweiſet
kein ir, ſo oft ein ableitungs-i weggefallen ſein darf.
Die wörter, welche hier in betracht kommen, ſind fol-
gende: das agſ. bremb-er (vepres) liegt dem üblicheren
bremb-el (engl. bramble) parallel; das mhd. æb-er (oben
ſ. 51. nr. 540.) Parc. 29a wäre als ſtarkes maſc. oder neu-
tr. ahd. âb-ir; für das geſchlecht ſtreitet der ſpätere aus-

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[139/0157] III. conſonantiſche ableitungen. R. nicht Vriged. 1833. ein mhd. durſtert zu leſen, das freilich der beſtätigung bedarf (ahd. mih durſtit, ſlâ- fôt), und enthielten nicht auch einige der angeführten altn. verba ſolch ein zwiſchengeſchoßnes -r mit factiti- ver oder frequentativer bedeutung, z. b. haltra, latra. Vgl. vorhin ſ. 119. über -l. — γ) dritter ſchwacher conjugation, intranſitiva, wie es ſcheint, bloß aus adj. gebildet; ahd. hlût-ar-ên (liquefieri) mhd. lût-er-n Triſt. 8149. (verſchie- den von liut-er-n, liquefacere, ahd. hlût-ar-jan); ir- munt-ar-ên (excitari); ir-ſeig-ar-ên (langueſcere) monſ. 343; wohl auch pit-ar-ên (amareſcere) Vriged. 1612. mir bittert. Späterhin verlieren und vermiſchen ſich dieſe bildungen. — [IR] dieſes bildungsprincip, wenn es anders überhaupt ſtatt findet, iſt von ganz geringem umfang. Die goth. ſprache läßt kein ir zu, ſondern ſtatt deſſen -aír, aber nirgends weder beim nomen noch verbum wird aír zur ableitung verwandt, daß aí vor dem r weggefallen ſei, läßt ſich nicht annehmen. Warum ſollte ein ahd. hualira auf goth. nicht hvalaíra lauten dürfen? Wir werden auch unter den ableitungen mit zwei conſonanten hernach einem goth. -aírna begegnen. Im ahd. iſt kein adj. mit -ir aufzuweiſen, einige ſubſt. und verba ſchei- nen es anzuſprechen. Man muß aber gegen ahd. ir in wörtern, deren goth. parallele fehlt, vorsichtig ſein, ſie könnten aus goth. is, iz entſpringen und gehören dann gar nicht hierher, z. b. das ahd. ahir (ſpica) mhd. eher ſteht für ahis, und wird beim S abgehandelt. Möglich alſo, daß unter den ahd. ir noch einige unbekannte is ſtecken, z. b. daß jenes hualira goth. hvaliſô lautete? Dieſe ſchwierigkeit des conſ. beiſeite geſetzt, kann das ir fehlerhaft für ar ſtehen (z. b. in der ſchreibung flaſtir f. flaſtar, emplaſtrum) und iri aus ari durch aſſim. entſpringen. In umlautbaren wörtern der umlaut bleibt daher faſt das einzige merkmahl und ſelbſt er beweiſet kein ir, ſo oft ein ableitungs-i weggefallen ſein darf. Die wörter, welche hier in betracht kommen, ſind fol- gende: das agſ. bremb-er (vepres) liegt dem üblicheren bremb-el (engl. bramble) parallel; das mhd. æb-er (oben ſ. 51. nr. 540.) Parc. 29a wäre als ſtarkes maſc. oder neu- tr. ahd. âb-ir; für das geſchlecht ſtreitet der ſpätere aus-

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Zitationshilfe: Grimm, Jacob: Deutsche Grammatik. Bd. 2. Göttingen, 1826, S. 139. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_grammatik02_1826/157>, abgerufen am 21.11.2024.