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Grimm, Jacob: Deutsche Grammatik. Bd. 2. Göttingen, 1826.

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III. consonantische ableitungen. M.
ableitungen mit M.

es finden nur am und um statt, kein im.

[AM] der vocal im goth. altn. ags. überall wegge-
laßen; im ahd. und alts. (vgl. das mnl. 1, 467. 489.) nur
noch nach r geduldet, bald auch unterdrückt. In den
meisten m-ableitungen, zumahl bei vorausgehendem l, r
und langem vocal fügt sich das m so nahe an die wur-
zel, daß es selbst neue ablautsformeln zeugt (nr. 516.
517. 611.). Die am- ableitungen liegen daher oft ver-
steckt, im gegensatz zu den l und r-ableitungen. Ich
wage es in den formen aum, aim, -om ableitendes -m
nachzuweisen, d. h. sie auf wurzeln iuhan, iuvan; eihan,
eivan etc. zu beziehen. Erst dadurch kommen die ablei-
tungen mit -m in ihr gleichgewicht; sie würden ohne
das an zahl und einfluß unerklärlich hinter denen mit
l und r zuruckbleiben.

1) substantiva

a) starke masculina,
goth. ar-ms (brachium, wurzel etwa nr. 571b?); bag-ms (ar-
bor) für bavms, bauvms? *); bar-ms (gremium, wurzel nr.
325.); maith-ms (donum, wurzel nr. 166?); vaur-ms (ver-
mis, wurzel vielleicht nr. 572., neuen ablaut zeugend
nr. 611.) --

ahd. ar-am (brachium); dar-am (ile); dou-m (vapor)
thaum jun. 191. toum doc. 239a vgl. serb. tama (nebula);
hal-m (festuca, calamus, culmus, wurzel nr. 314.); har-
am (luctus) vgl. har-ac (lugubris); hel-m (galea, wurzel
nr. 314.): hei-m (domus), der acc. heim dauert adver-
bialisch fort **) kal-m (sonitus) K. 43a galm O. V. 19,
50. (wurzel nr. 67.); mel-m (pulvis) T. 44, 7. (wurzel
nr. 560.); par-am (sinus) alts. bar-am (wurzel nr. 365.);
po-um (arbor) aus paum, pagam?; qual-m (nex, wurzel
nr. 315.); sou-m (sarcina und ora mons. 321.)***); scer-m

*) wurzel vielleicht biuvan (aedificare) da man mit bäumen,
balken baut?
**) wurzel scheint ein verlornes heivan, haiv oder heihan,
haih (498c 515b) fovere, domi esse? vgl. goth. heivafrauja oiko-
despotes
) ahd. heiha (sponsa) ka-hei (cauma) altn. hei (mansio se-
cura domus) mhd. heien (nubere) ahd. heileih (connubium) u. a. m.,
haim also für haihm, heim f. heiham, heiwam?
***) wurzel ein verlornes starkes siuvan, siuhan (suere) soum
f. soham? die doppelte bedeutung sutura und onus erklärt das lat.
sarcina (last, bündel) von sarcio (ich nähe, binde) wie last von lisan
nr. 290. colligere; vgl. auch mit saum das gr. sagma.
K
III. conſonantiſche ableitungen. M.
ableitungen mit M.

es finden nur am und um ſtatt, kein im.

[AM] der vocal im goth. altn. agſ. überall wegge-
laßen; im ahd. und altſ. (vgl. das mnl. 1, 467. 489.) nur
noch nach r geduldet, bald auch unterdrückt. In den
meiſten m-ableitungen, zumahl bei vorausgehendem l, r
und langem vocal fügt ſich das m ſo nahe an die wur-
zel, daß es ſelbſt neue ablautsformeln zeugt (nr. 516.
517. 611.). Die am- ableitungen liegen daher oft ver-
ſteckt, im gegenſatz zu den l und r-ableitungen. Ich
wage es in den formen áum, áim, -ôm ableitendes -m
nachzuweiſen, d. h. ſie auf wurzeln iuhan, iuvan; eihan,
eivan etc. zu beziehen. Erſt dadurch kommen die ablei-
tungen mit -m in ihr gleichgewicht; ſie würden ohne
das an zahl und einfluß unerklärlich hinter denen mit
l und r zuruckbleiben.

1) ſubſtantiva

α) ſtarke maſculina,
goth. ar-ms (brachium, wurzel etwa nr. 571b?); bag-ms (ar-
bor) für bavms, bauvms? *); bar-ms (gremium, wurzel nr.
325.); máiþ-ms (donum, wurzel nr. 166?); vaúr-ms (ver-
mis, wurzel vielleicht nr. 572., neuen ablaut zeugend
nr. 611.) —

ahd. ar-am (brachium); dar-am (ile); dou-m (vapor)
thaum jun. 191. toum doc. 239a vgl. ſerb. tama (nebula);
hal-m (feſtuca, calamus, culmus, wurzel nr. 314.); har-
am (luctus) vgl. har-ac (lugubris); hël-m (galea, wurzel
nr. 314.): hei-m (domus), der acc. heim dauert adver-
bialiſch fort **) kal-m (ſonitus) K. 43a galm O. V. 19,
50. (wurzel nr. 67.); mël-m (pulvis) T. 44, 7. (wurzel
nr. 560.); par-am (ſinus) altſ. bar-am (wurzel nr. 365.);
po-um (arbor) aus paum, pagam?; qual-m (nex, wurzel
nr. 315.); ſou-m (ſarcina und ora monſ. 321.)***); ſcër-m

*) wurzel vielleicht biuvan (aedificare) da man mit bäumen,
balken baut?
**) wurzel ſcheint ein verlornes heivan, háiv oder heihan,
háih (498c 515b) fovere, domi eſſe? vgl. goth. heivafráuja οἰκο-
δεσπότης
) ahd. hîha (ſponſa) ka-hei (cauma) altn. hî (manſio ſe-
cura domus) mhd. hîen (nubere) ahd. hîleih (connubium) u. a. m.,
háim alſo für háihm, heim f. heiham, heiwam?
***) wurzel ein verlornes ſtarkes ſiuvan, ſiuhan (ſuere) ſoum
f. ſôham? die doppelte bedeutung ſutura und onus erklärt das lat.
ſarcina (laſt, bündel) von ſarcio (ich nähe, binde) wie laſt von liſan
nr. 290. colligere; vgl. auch mit ſaum das gr. σάγμα.
K
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[145/0163] III. conſonantiſche ableitungen. M. ableitungen mit M. es finden nur am und um ſtatt, kein im. [AM] der vocal im goth. altn. agſ. überall wegge- laßen; im ahd. und altſ. (vgl. das mnl. 1, 467. 489.) nur noch nach r geduldet, bald auch unterdrückt. In den meiſten m-ableitungen, zumahl bei vorausgehendem l, r und langem vocal fügt ſich das m ſo nahe an die wur- zel, daß es ſelbſt neue ablautsformeln zeugt (nr. 516. 517. 611.). Die am- ableitungen liegen daher oft ver- ſteckt, im gegenſatz zu den l und r-ableitungen. Ich wage es in den formen áum, áim, -ôm ableitendes -m nachzuweiſen, d. h. ſie auf wurzeln iuhan, iuvan; eihan, eivan etc. zu beziehen. Erſt dadurch kommen die ablei- tungen mit -m in ihr gleichgewicht; ſie würden ohne das an zahl und einfluß unerklärlich hinter denen mit l und r zuruckbleiben. 1) ſubſtantiva α) ſtarke maſculina, goth. ar-ms (brachium, wurzel etwa nr. 571b?); bag-ms (ar- bor) für bavms, bauvms? *); bar-ms (gremium, wurzel nr. 325.); máiþ-ms (donum, wurzel nr. 166?); vaúr-ms (ver- mis, wurzel vielleicht nr. 572., neuen ablaut zeugend nr. 611.) — ahd. ar-am (brachium); dar-am (ile); dou-m (vapor) thaum jun. 191. toum doc. 239a vgl. ſerb. tama (nebula); hal-m (feſtuca, calamus, culmus, wurzel nr. 314.); har- am (luctus) vgl. har-ac (lugubris); hël-m (galea, wurzel nr. 314.): hei-m (domus), der acc. heim dauert adver- bialiſch fort **) kal-m (ſonitus) K. 43a galm O. V. 19, 50. (wurzel nr. 67.); mël-m (pulvis) T. 44, 7. (wurzel nr. 560.); par-am (ſinus) altſ. bar-am (wurzel nr. 365.); po-um (arbor) aus paum, pagam?; qual-m (nex, wurzel nr. 315.); ſou-m (ſarcina und ora monſ. 321.) ***); ſcër-m *) wurzel vielleicht biuvan (aedificare) da man mit bäumen, balken baut? **) wurzel ſcheint ein verlornes heivan, háiv oder heihan, háih (498c 515b) fovere, domi eſſe? vgl. goth. heivafráuja οἰκο- δεσπότης) ahd. hîha (ſponſa) ka-hei (cauma) altn. hî (manſio ſe- cura domus) mhd. hîen (nubere) ahd. hîleih (connubium) u. a. m., háim alſo für háihm, heim f. heiham, heiwam? ***) wurzel ein verlornes ſtarkes ſiuvan, ſiuhan (ſuere) ſoum f. ſôham? die doppelte bedeutung ſutura und onus erklärt das lat. ſarcina (laſt, bündel) von ſarcio (ich nähe, binde) wie laſt von liſan nr. 290. colligere; vgl. auch mit ſaum das gr. σάγμα. K

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Zitationshilfe: Grimm, Jacob: Deutsche Grammatik. Bd. 2. Göttingen, 1826, S. 145. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_grammatik02_1826/163>, abgerufen am 21.11.2024.