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Grimm, Jacob: Deutsche Grammatik. Bd. 2. Göttingen, 1826.

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III. consonantische ableitungen. H.

g) zweiter schw. conj. ahd. ar-ahon (opus polymite
seu stragulatum conficere) doc. 210b 228a wo ar-ihon. --

Unter weitern ableitungen sind goth. fair-hvus *),
ful-hsni, ahd. dur-ahil, vor-ahana (truta), ags. vil-en.
vyl-en f. vil-hen (serva) und andere -h mehr zu suchen.


[IH] im goth. keine spur eines ableitenden -aihs **),
-aiha; ahd. kommen höchstens einige fem. auf scheinbares
-iha in erwägung: mer-iha (equa) mer-ha blas. 65a trev.
11b, mer-ihaun-sun (filius meretricis) mons. 326. 330, ein
in den gesetzen verpöntes schimpfwort (merchen-sun, jus
august. Schilt. 188b) wie das ähnliche zagaun-sun mons.
330. sonst zohen-sun, von zohe (canicula). Ob nun gleich
der umlaut des marah in meriha ein i fordert, d. h.
nicht aus maraha erklärt wird, so glaube ich doch, daß
die eigentliche form marahja lautete, woraus sich marihja,
merihja, meriha assimilierte; alsdann fiele es wieder zu
den ah-ableitungen, gl. cass. 854a hat mar-he (equa) ohne
umlaut und ohne i. Denn warum sollte marah mit -ah
und meriha mit -ih abgeleitet sein? Uebrigens lautet
auch das ags. myr-e (equa) um; steht es für mear-hea?
Sollte das vorhin s. 285. beim -k angeführte ful-ihha viel-
mehr ful-iha sein und wieder aus ful-ihja, ful-ahja zu
deuten? vgl. vul-hin (pultridus) trev. 11b blas. 65a; dann
stünde auch vol-o für vol-ho, vol-aho? doch ist das kaum
anzunehmen, da im goth. fula kein h ist und auch O. IV.
4, 20, 28. fulin schreibt. Das umlautende nhd. möhre
(pastinaca) reicht nicht hin, das ahd. moraha in moriha
zu verwandeln. Ar-ihon für ar-ahon; duer-ih doc. 245b
f. duer-ah; dur-ih f. dur-ah scheint tadelhaft; dur-ih-il
ist assim. aus dur-ahil.


[UH] gleichfalls selten; der vocal u muß in dem ahd.
adj. ap-uh (perversus, pravus) unbedenklich angenommen
werden und stehet geschrieben T. 75. 92. O. I. 4, 74. 21,

*) fairhvus (mundus) ahd. verahawu? ist ohne zweifel ver-
wandt mit virah (homo) verah (vita) goth. fairh?
**) wie es doch wohl und nicht -ihs heißen müste; das ver-
dächtige tharihis Matth. 9, 16. kann hier wenig beweisen, vielleicht
gehört das übergeschriebne i vor das r: thairhis? obgleich ich
dies auch nicht verstehe. Vgl. inzwischen dihs (fera) st. daihs?
III. conſonantiſche ableitungen. H.

γ) zweiter ſchw. conj. ahd. ar-ahôn (opus polymite
ſeu ſtragulatum conficere) doc. 210b 228a wo ar-ihôn. —

Unter weitern ableitungen ſind goth. fair-hvus *),
ful-hſni, ahd. dur-ahil, vor-ahana (truta), agſ. vil-en.
vyl-en f. vil-hen (ſerva) und andere -h mehr zu ſuchen.


[IH] im goth. keine ſpur eines ableitenden -aíhs **),
-aíha; ahd. kommen höchſtens einige fem. auf ſcheinbares
-iha in erwägung: mer-iha (equa) mer-ha blaſ. 65a trev.
11b, mer-ihûn-ſun (filius meretricis) monſ. 326. 330, ein
in den geſetzen verpöntes ſchimpfwort (merchen-ſun, jus
auguſt. Schilt. 188b) wie das ähnliche zâgûn-ſun monſ.
330. ſonſt zôhen-ſun, von zôhe (canicula). Ob nun gleich
der umlaut des marah in meriha ein i fordert, d. h.
nicht aus maraha erklärt wird, ſo glaube ich doch, daß
die eigentliche form marahja lautete, woraus ſich marihja,
merihja, meriha aſſimilierte; alsdann fiele es wieder zu
den ah-ableitungen, gl. caſſ. 854a hat mar-he (equa) ohne
umlaut und ohne i. Denn warum ſollte marah mit -ah
und meriha mit -ih abgeleitet ſein? Uebrigens lautet
auch das agſ. myr-e (equa) um; ſteht es für mëar-hëa?
Sollte das vorhin ſ. 285. beim -k angeführte ful-ihha viel-
mehr ful-iha ſein und wieder aus ful-ihja, ful-ahja zu
deuten? vgl. vul-hin (pultridus) trev. 11b blaſ. 65a; dann
ſtünde auch vol-o für vol-ho, vol-aho? doch iſt das kaum
anzunehmen, da im goth. fula kein h iſt und auch O. IV.
4, 20, 28. fulin ſchreibt. Das umlautende nhd. möhre
(paſtinaca) reicht nicht hin, das ahd. môraha in môriha
zu verwandeln. Ar-ihôn für ar-ahôn; duër-ih doc. 245b
f. duër-ah; dur-ih f. dur-ah ſcheint tadelhaft; dur-ih-il
iſt aſſim. aus dur-ahil.


[UH] gleichfalls ſelten; der vocal u muß in dem ahd.
adj. ap-uh (perverſus, pravus) unbedenklich angenommen
werden und ſtehet geſchrieben T. 75. 92. O. I. 4, 74. 21,

*) fáirhvus (mundus) ahd. vërahawu? iſt ohne zweifel ver-
wandt mit virah (homo) vërah (vita) goth. faírh?
**) wie es doch wohl und nicht -ihs heißen müſte; das ver-
dächtige þarihis Matth. 9, 16. kann hier wenig beweiſen, vielleicht
gehört das übergeſchriebne i vor das r: þairhis? obgleich ich
dies auch nicht verſtehe. Vgl. inzwiſchen dihs (fera) ſt. daíhs?
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[315/0333] III. conſonantiſche ableitungen. H. γ) zweiter ſchw. conj. ahd. ar-ahôn (opus polymite ſeu ſtragulatum conficere) doc. 210b 228a wo ar-ihôn. — Unter weitern ableitungen ſind goth. fair-hvus *), ful-hſni, ahd. dur-ahil, vor-ahana (truta), agſ. vil-en. vyl-en f. vil-hen (ſerva) und andere -h mehr zu ſuchen. [IH] im goth. keine ſpur eines ableitenden -aíhs **), -aíha; ahd. kommen höchſtens einige fem. auf ſcheinbares -iha in erwägung: mer-iha (equa) mer-ha blaſ. 65a trev. 11b, mer-ihûn-ſun (filius meretricis) monſ. 326. 330, ein in den geſetzen verpöntes ſchimpfwort (merchen-ſun, jus auguſt. Schilt. 188b) wie das ähnliche zâgûn-ſun monſ. 330. ſonſt zôhen-ſun, von zôhe (canicula). Ob nun gleich der umlaut des marah in meriha ein i fordert, d. h. nicht aus maraha erklärt wird, ſo glaube ich doch, daß die eigentliche form marahja lautete, woraus ſich marihja, merihja, meriha aſſimilierte; alsdann fiele es wieder zu den ah-ableitungen, gl. caſſ. 854a hat mar-he (equa) ohne umlaut und ohne i. Denn warum ſollte marah mit -ah und meriha mit -ih abgeleitet ſein? Uebrigens lautet auch das agſ. myr-e (equa) um; ſteht es für mëar-hëa? Sollte das vorhin ſ. 285. beim -k angeführte ful-ihha viel- mehr ful-iha ſein und wieder aus ful-ihja, ful-ahja zu deuten? vgl. vul-hin (pultridus) trev. 11b blaſ. 65a; dann ſtünde auch vol-o für vol-ho, vol-aho? doch iſt das kaum anzunehmen, da im goth. fula kein h iſt und auch O. IV. 4, 20, 28. fulin ſchreibt. Das umlautende nhd. möhre (paſtinaca) reicht nicht hin, das ahd. môraha in môriha zu verwandeln. Ar-ihôn für ar-ahôn; duër-ih doc. 245b f. duër-ah; dur-ih f. dur-ah ſcheint tadelhaft; dur-ih-il iſt aſſim. aus dur-ahil. [UH] gleichfalls ſelten; der vocal u muß in dem ahd. adj. ap-uh (perverſus, pravus) unbedenklich angenommen werden und ſtehet geſchrieben T. 75. 92. O. I. 4, 74. 21, *) fáirhvus (mundus) ahd. vërahawu? iſt ohne zweifel ver- wandt mit virah (homo) vërah (vita) goth. faírh? **) wie es doch wohl und nicht -ihs heißen müſte; das ver- dächtige þarihis Matth. 9, 16. kann hier wenig beweiſen, vielleicht gehört das übergeſchriebne i vor das r: þairhis? obgleich ich dies auch nicht verſtehe. Vgl. inzwiſchen dihs (fera) ſt. daíhs?

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Zitationshilfe: Grimm, Jacob: Deutsche Grammatik. Bd. 2. Göttingen, 1826, S. 315. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_grammatik02_1826/333>, abgerufen am 22.11.2024.