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Grimm, Jacob: Deutsche Grammatik. Bd. 2. Göttingen, 1826.

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III. substantivische eigentl. composition.
Marc. 2, 19. Matth. 9, 15; nahta-mats (coena) Marc. 6,
21. Luc. 14, 12. würde nach 4. nahti-mats heißen dür-
f n, stimmt aber vielleicht zur anomalen decl. von nahts
(1, 610.). Und sind die vier andern einschleichende ent-
stellungen der ältern formen veina-drugkja, guda-blostreis,
mana-leika, braudi-faths? Im ahd. werden die auslaßun-
gen des compositionsvoc. ganz häufig.

Vorher will ich nur erwähnen, daß altfränk. quellen
des 6. und 7. Jahrh. in eigennamen fast beständig o da-
für zeigen, z. b. dago-berctus, vulfo-leudus, gundo-
berctus, nordo-perctus, lando-berctus, vulfo-laecus, ra-
geno-berctus, karolo-mannus u. a. m., welches o sich
nur in wenigen fällen aus dem anlautenden v des zwei-
ten worts deuten ließe, wie in droctoaldus, ansoaldus
(vgl. oben s. 333.).

Im ahd. ist der compositionsvocal noch ziemlich im
gebrauch, doch mehr bei gewissen wörtern (meist mit
kurzer wurzelsilbe), was schon das absterbende princip
ankündigt; die auslaßung überwiegt bereits; einzelne
denkmähler haben o, die meisten a; absorption durch
ableitungsvocale wie im goth. Es scheint mir nützlich,
die beispiele genau zu sammeln.

1) a gewähren alle quellen des 7. 8. 9. jahrh. mit
ausnahme von J. Hild. und Wessobr.; seit dem 10 ten
verliert es sich und haftet höchstens in seltnen, dunkeln
wörtern.

a) composita mit starken masc. und neutr. erster decl.
asc (fraxinus): asca-pah ortsname bei Neug. nr. 91. 164; --
aß (esus); aßa-losei (inedia) mons. 347. -- hac (condi-
tio) nach dem altn. hagr?: haga-stalt (coelebs) doc.
217a haga-stolt jun. 213. hagu-stalt hrab. 9563. -- har f.
haru (linum): hierher hara-poßo (stipula) mons. 324.? --
hof (aula): hova-man (aulicus) doc. 220a francof. 119;
hova-gelt (vectigal) mons. 404; hova-stat (area) mons.
326. 331; hova-wart (canis) lex bajuv. 19, 9. -- kot
(deus): eigennamen wie cota-danch; cota-deo; cota-lint
etc. vielleicht cota-weppi (byssus) hrab. 955a 972a jun.
197. cotu-weppi jun. 237. goto-webbi T. 200, 1, 4. O.
v. 19, 91; vgl. theil 1, 148. -- kras (gramen): grasa-wurm
(eruca) zwetl. 120b; -- lid (artus): lida-weih (mollis,
tractabilis) un-lida-weih (intractabilis) hrab. 966b 967b,
ist diese deutung richtig, so muß lid entw. auch neutr.
gewesen, oder als masc. der ersten decl. (neben der vier-
ten) gefolgt sein? -- mac (puer) statt eines älteren maku:

III. ſubſtantiviſche eigentl. compoſition.
Marc. 2, 19. Matth. 9, 15; nahta-mats (coena) Marc. 6,
21. Luc. 14, 12. würde nach 4. nahti-mats heißen dür-
f n, ſtimmt aber vielleicht zur anomalen decl. von nahts
(1, 610.). Und ſind die vier andern einſchleichende ent-
ſtellungen der ältern formen veina-drugkja, guda-blôſtreis,
mana-leika, brûdi-faþs? Im ahd. werden die auslaßun-
gen des compoſitionsvoc. ganz häufig.

Vorher will ich nur erwähnen, daß altfränk. quellen
des 6. und 7. Jahrh. in eigennamen faſt beſtändig o da-
für zeigen, z. b. dago-berctus, vulfo-leudus, gundo-
berctus, nordo-perctus, lando-berctus, vulfo-laëcus, ra-
geno-berctus, karolo-mannus u. a. m., welches o ſich
nur in wenigen fällen aus dem anlautenden v des zwei-
ten worts deuten ließe, wie in droctoaldus, anſoaldus
(vgl. oben ſ. 333.).

Im ahd. iſt der compoſitionsvocal noch ziemlich im
gebrauch, doch mehr bei gewiſſen wörtern (meiſt mit
kurzer wurzelſilbe), was ſchon das abſterbende princip
ankündigt; die auslaßung überwiegt bereits; einzelne
denkmähler haben o, die meiſten a; abſorption durch
ableitungsvocale wie im goth. Es ſcheint mir nützlich,
die beiſpiele genau zu ſammeln.

1) a gewähren alle quellen des 7. 8. 9. jahrh. mit
ausnahme von J. Hild. und Weſſobr.; ſeit dem 10 ten
verliert es ſich und haftet höchſtens in ſeltnen, dunkeln
wörtern.

α) compoſita mit ſtarken maſc. und neutr. erſter decl.
aſc (fraxinus): aſca-pah ortsname bei Neug. nr. 91. 164; —
âƷ (eſus); âƷa-lôſî (inedia) monſ. 347. — hac (condi-
tio) nach dem altn. hagr?: haga-ſtalt (coelebs) doc.
217a haga-ſtolt jun. 213. hagu-ſtalt hrab. 9563. — har f.
haru (linum): hierher hara-poƷo (ſtipula) monſ. 324.? —
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hova-gelt (vectigal) monſ. 404; hova-ſtat (area) monſ.
326. 331; hova-wart (canis) lex bajuv. 19, 9. — kot
(deus): eigennamen wie cota-danch; cota-dëo; cota-lint
etc. vielleicht cota-wëppi (byſſus) hrab. 955a 972a jun.
197. cotu-wëppi jun. 237. goto-wëbbi T. 200, 1, 4. O.
v. 19, 91; vgl. theil 1, 148. — kras (gramen): graſa-wurm
(eruca) zwetl. 120b; — lid (artus): lida-weih (mollis,
tractabilis) un-lida-weih (intractabilis) hrab. 966b 967b,
iſt dieſe deutung richtig, ſo muß lid entw. auch neutr.
geweſen, oder als maſc. der erſten decl. (neben der vier-
ten) gefolgt ſein? — mac (puer) ſtatt eines älteren maku:

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[414/0432] III. ſubſtantiviſche eigentl. compoſition. Marc. 2, 19. Matth. 9, 15; nahta-mats (coena) Marc. 6, 21. Luc. 14, 12. würde nach 4. nahti-mats heißen dür- f n, ſtimmt aber vielleicht zur anomalen decl. von nahts (1, 610.). Und ſind die vier andern einſchleichende ent- ſtellungen der ältern formen veina-drugkja, guda-blôſtreis, mana-leika, brûdi-faþs? Im ahd. werden die auslaßun- gen des compoſitionsvoc. ganz häufig. Vorher will ich nur erwähnen, daß altfränk. quellen des 6. und 7. Jahrh. in eigennamen faſt beſtändig o da- für zeigen, z. b. dago-berctus, vulfo-leudus, gundo- berctus, nordo-perctus, lando-berctus, vulfo-laëcus, ra- geno-berctus, karolo-mannus u. a. m., welches o ſich nur in wenigen fällen aus dem anlautenden v des zwei- ten worts deuten ließe, wie in droctoaldus, anſoaldus (vgl. oben ſ. 333.). Im ahd. iſt der compoſitionsvocal noch ziemlich im gebrauch, doch mehr bei gewiſſen wörtern (meiſt mit kurzer wurzelſilbe), was ſchon das abſterbende princip ankündigt; die auslaßung überwiegt bereits; einzelne denkmähler haben o, die meiſten a; abſorption durch ableitungsvocale wie im goth. Es ſcheint mir nützlich, die beiſpiele genau zu ſammeln. 1) a gewähren alle quellen des 7. 8. 9. jahrh. mit ausnahme von J. Hild. und Weſſobr.; ſeit dem 10 ten verliert es ſich und haftet höchſtens in ſeltnen, dunkeln wörtern. α) compoſita mit ſtarken maſc. und neutr. erſter decl. aſc (fraxinus): aſca-pah ortsname bei Neug. nr. 91. 164; — âƷ (eſus); âƷa-lôſî (inedia) monſ. 347. — hac (condi- tio) nach dem altn. hagr?: haga-ſtalt (coelebs) doc. 217a haga-ſtolt jun. 213. hagu-ſtalt hrab. 9563. — har f. haru (linum): hierher hara-poƷo (ſtipula) monſ. 324.? — hof (aula): hova-man (aulicus) doc. 220a francof. 119; hova-gelt (vectigal) monſ. 404; hova-ſtat (area) monſ. 326. 331; hova-wart (canis) lex bajuv. 19, 9. — kot (deus): eigennamen wie cota-danch; cota-dëo; cota-lint etc. vielleicht cota-wëppi (byſſus) hrab. 955a 972a jun. 197. cotu-wëppi jun. 237. goto-wëbbi T. 200, 1, 4. O. v. 19, 91; vgl. theil 1, 148. — kras (gramen): graſa-wurm (eruca) zwetl. 120b; — lid (artus): lida-weih (mollis, tractabilis) un-lida-weih (intractabilis) hrab. 966b 967b, iſt dieſe deutung richtig, ſo muß lid entw. auch neutr. geweſen, oder als maſc. der erſten decl. (neben der vier- ten) gefolgt ſein? — mac (puer) ſtatt eines älteren maku:

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Zitationshilfe: Grimm, Jacob: Deutsche Grammatik. Bd. 2. Göttingen, 1826, S. 414. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_grammatik02_1826/432>, abgerufen am 22.11.2024.