der regel scheint keine consonantische ableitung ausge- schloßen, häufig stehen die liquiden (himmel-reich, don- ner-keil, boden-treppe, raben-stein) aber auch derivata mit mutis, z. b. goth. vitoda-fasteis, ahd. houpit-man, ma- gad-burt, leitid-duom, pilid-puoh mons. 319. manot-fen- gida (calendae) alts. jugud-hed etc. und mit zwei conso- nanten, z. b. goth. undaurni-mats, ahd. dionust-man, chu- ninc-reihhi, ags. ombiht-scealc, ahd. offerunc-gelstar (sa- criticium) J. 395. (zweimahl) hamalunc-stat jun. 218. Letztere sind die einzigen mir bekannten ahd. beispiele einer comp. mit -unc, -unka, mhd. weiß ich gar keins, nhd. werden sie ganz häufig (unten §. 6.). Subst. mit -iss, -niss bringt die ältere sprache auch nicht in compo- sition, wohl aber die nhd. (geheimnis-kraemerei, begraeb- nis-kosten). Im nhd. wüste ich, was sich gegen eigent- liche comp. sträubte, nur die diminutiva auf -lein, -chen zu nennen; füßlein-tritt, schwertlein-schlag, vöglein-fang, mädchen-schaft, bübchen-streich u. dgl. läßt sich kaum sagen, vielleicht weil ihr -n ursprünglich flexivisch ist (1, 631.); ohne das n componieren sie wirklich, vgl. ahd. wunscili-gerta (caduceus) nhd. wünschel-ruthe und die n. pr. entili-puoh schweiz. entli-buch, fügli-staller. Indessen sagt man auch mädchen-herz, -stimme.
4) da in unzähligen ersten wörtern ein ableitungs-el, -en, -er steht, so ist begreiflich, wie einzelne verdunkelte ein ungehöriges el, en, er annehmen und gleichsam an die stelle des verwischten compos. vocals treten laßen. Doch das -en läßt sich auch in solchen fällen lieber ge- nitivisch aus uneigentlicher comp. erklären, nur daß selbst dieses uneigentliche -en in -el überschwankt. Beispiele des -el und -er liefern hauptsächlich die eigennamen von pflanzen und örtern. Aus dem alten esci-pah entspringt neben eschen-bach die form eschel-bach, eschil-bach; aus gunda-reba gundel-rebe und gunder-rebe (gunder-mann, gunder-lunze); vermuthlich heidel-beere, heidel-berg, fichtel-berg aus heid-beri, heidan-berc *), fihtono-berc. Mhd. handschriften (schwerlich alte und gute) gewäh- ren ougel-weide (troj. 7525. Vrib. Trist. 575.) f. ougen- weide. Gehört hierher das -el in hiesal-tera, niederl. notel-tere von hiefe, not? Wer es in solchen formen
*) die form heidel-berg begegnet nicht vor dem 12. jahrh. und neben ihr findet sich heiden-berg (Dumbeck geogr. pagor. 166. 170.); mons myrtillorum (das wäre heidelberberg) kann es nicht bedeuten.
III. ſubſt. eigentl. comp. — ſubſt. mit ſubſt.
der regel ſcheint keine conſonantiſche ableitung ausge- ſchloßen, häufig ſtehen die liquiden (himmel-reich, don- ner-keil, boden-treppe, raben-ſtein) aber auch derivata mit mutis, z. b. goth. vitôda-faſteis, ahd. houpit-man, ma- gad-burt, leitid-duom, pilid-puoh monſ. 319. mânôt-fen- gida (calendae) altſ. jugud-hêd etc. und mit zwei conſo- nanten, z. b. goth. undaúrni-mats, ahd. dionuſt-man, chu- ninc-rîhhi, agſ. ombiht-ſcëalc, ahd. offerunc-gëlſtar (ſa- criticium) J. 395. (zweimahl) hamalunc-ſtat jun. 218. Letztere ſind die einzigen mir bekannten ahd. beiſpiele einer comp. mit -unc, -unka, mhd. weiß ich gar keins, nhd. werden ſie ganz häufig (unten §. 6.). Subſt. mit -iſſ, -niſſ bringt die ältere ſprache auch nicht in compo- ſition, wohl aber die nhd. (geheimnis-kræmerei, begræb- nis-koſten). Im nhd. wüſte ich, was ſich gegen eigent- liche comp. ſträubte, nur die diminutiva auf -lein, -chen zu nennen; füßlein-tritt, ſchwertlein-ſchlag, vöglein-fang, mädchen-ſchaft, bübchen-ſtreich u. dgl. läßt ſich kaum ſagen, vielleicht weil ihr -n urſprünglich flexiviſch iſt (1, 631.); ohne das n componieren ſie wirklich, vgl. ahd. wunſcili-gerta (caduceus) nhd. wünſchel-ruthe und die n. pr. entili-puoh ſchweiz. entli-buch, fügli-ſtaller. Indeſſen ſagt man auch mädchen-herz, -ſtimme.
4) da in unzähligen erſten wörtern ein ableitungs-el, -en, -er ſteht, ſo iſt begreiflich, wie einzelne verdunkelte ein ungehöriges el, en, er annehmen und gleichſam an die ſtelle des verwiſchten compoſ. vocals treten laßen. Doch das -en läßt ſich auch in ſolchen fällen lieber ge- nitiviſch aus uneigentlicher comp. erklären, nur daß ſelbſt dieſes uneigentliche -en in -el überſchwankt. Beiſpiele des -el und -er liefern hauptſächlich die eigennamen von pflanzen und örtern. Aus dem alten eſci-pah entſpringt neben eſchen-bach die form eſchel-bach, eſchil-bach; aus gunda-rëba gundel-rebe und gunder-rebe (gunder-mann, gunder-lunze); vermuthlich heidel-beere, heidel-berg, fichtel-berg aus heid-beri, heidan-bërc *), fihtôno-bërc. Mhd. handſchriften (ſchwerlich alte und gute) gewäh- ren ougel-weide (troj. 7525. Vrib. Triſt. 575.) f. ougen- weide. Gehört hierher das -el in hieſal-tera, niederl. notel-tere von hiefe, not? Wer es in ſolchen formen
*) die form heidel-bërg begegnet nicht vor dem 12. jahrh. und neben ihr findet ſich heiden-bërg (Dumbeck geogr. pagor. 166. 170.); mons myrtillorum (das wäre heidelberberg) kann es nicht bedeuten.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><divn="4"><divn="5"><divn="6"><p><pbfacs="#f0558"n="540"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">III. <hirendition="#i">ſubſt. eigentl. comp. —ſubſt. mit ſubſt.</hi></hi></fw><lb/>
der regel ſcheint keine conſonantiſche ableitung ausge-<lb/>ſchloßen, häufig ſtehen die liquiden (himmel-reich, don-<lb/>
ner-keil, boden-treppe, raben-ſtein) aber auch derivata<lb/>
mit mutis, z. b. goth. vitôda-faſteis, ahd. houpit-man, ma-<lb/>
gad-burt, leitid-duom, pilid-puoh monſ. 319. mânôt-fen-<lb/>
gida (calendae) altſ. jugud-hêd etc. und mit zwei conſo-<lb/>
nanten, z. b. goth. undaúrni-mats, ahd. dionuſt-man, chu-<lb/>
ninc-rîhhi, agſ. ombiht-ſcëalc, ahd. offerunc-gëlſtar (ſa-<lb/>
criticium) J. 395. (zweimahl) hamalunc-ſtat jun. 218.<lb/>
Letztere ſind die einzigen mir bekannten ahd. beiſpiele<lb/>
einer comp. mit -unc, -unka, mhd. weiß ich gar keins,<lb/>
nhd. werden ſie ganz häufig (unten §. 6.). Subſt. mit<lb/>
-iſſ, -niſſ bringt die ältere ſprache auch nicht in compo-<lb/>ſition, wohl aber die nhd. (geheimnis-kræmerei, begræb-<lb/>
nis-koſten). Im nhd. wüſte ich, was ſich gegen eigent-<lb/>
liche comp. ſträubte, nur die diminutiva auf -lein, -chen<lb/>
zu nennen; füßlein-tritt, ſchwertlein-ſchlag, vöglein-fang,<lb/>
mädchen-ſchaft, bübchen-ſtreich u. dgl. läßt ſich kaum<lb/>ſagen, vielleicht weil ihr -n urſprünglich flexiviſch<lb/>
iſt (1, 631.); ohne das n componieren ſie wirklich, vgl.<lb/>
ahd. wunſcili-gerta (caduceus) nhd. wünſchel-ruthe und<lb/>
die n. pr. entili-puoh ſchweiz. entli-buch, fügli-ſtaller.<lb/>
Indeſſen ſagt man auch mädchen-herz, -ſtimme.</p><lb/><p>4) da in unzähligen erſten wörtern ein ableitungs-el,<lb/>
-en, -er ſteht, ſo iſt begreiflich, wie einzelne verdunkelte<lb/>
ein <hirendition="#i">ungehöriges el</hi>, <hirendition="#i">en</hi>, <hirendition="#i">er</hi> annehmen und gleichſam an<lb/>
die ſtelle des verwiſchten compoſ. vocals treten laßen.<lb/>
Doch das -en läßt ſich auch in ſolchen fällen lieber ge-<lb/>
nitiviſch aus uneigentlicher comp. erklären, nur daß ſelbſt<lb/>
dieſes uneigentliche -en in -el überſchwankt. Beiſpiele<lb/>
des -el und -er liefern hauptſächlich die eigennamen von<lb/>
pflanzen und örtern. Aus dem alten eſci-pah entſpringt<lb/>
neben eſchen-bach die form eſchel-bach, eſchil-bach; aus<lb/>
gunda-rëba gundel-rebe und gunder-rebe (gunder-mann,<lb/>
gunder-lunze); vermuthlich heidel-beere, heidel-berg,<lb/>
fichtel-berg aus heid-beri, heidan-bërc <noteplace="foot"n="*)">die form heidel-bërg begegnet nicht vor dem 12. jahrh. und<lb/>
neben ihr findet ſich heiden-bërg (Dumbeck geogr. pagor. 166.<lb/>
170.); mons myrtillorum (das wäre heidelberberg) kann es nicht<lb/>
bedeuten.</note>, fihtôno-bërc.<lb/>
Mhd. handſchriften (ſchwerlich alte und gute) gewäh-<lb/>
ren ougel-weide (troj. 7525. Vrib. Triſt. 575.) f. ougen-<lb/>
weide. Gehört hierher das -el in hieſal-tera, niederl.<lb/>
notel-tere von hiefe, not? Wer es in ſolchen formen<lb/></p></div></div></div></div></div></div></body></text></TEI>
[540/0558]
III. ſubſt. eigentl. comp. — ſubſt. mit ſubſt.
der regel ſcheint keine conſonantiſche ableitung ausge-
ſchloßen, häufig ſtehen die liquiden (himmel-reich, don-
ner-keil, boden-treppe, raben-ſtein) aber auch derivata
mit mutis, z. b. goth. vitôda-faſteis, ahd. houpit-man, ma-
gad-burt, leitid-duom, pilid-puoh monſ. 319. mânôt-fen-
gida (calendae) altſ. jugud-hêd etc. und mit zwei conſo-
nanten, z. b. goth. undaúrni-mats, ahd. dionuſt-man, chu-
ninc-rîhhi, agſ. ombiht-ſcëalc, ahd. offerunc-gëlſtar (ſa-
criticium) J. 395. (zweimahl) hamalunc-ſtat jun. 218.
Letztere ſind die einzigen mir bekannten ahd. beiſpiele
einer comp. mit -unc, -unka, mhd. weiß ich gar keins,
nhd. werden ſie ganz häufig (unten §. 6.). Subſt. mit
-iſſ, -niſſ bringt die ältere ſprache auch nicht in compo-
ſition, wohl aber die nhd. (geheimnis-kræmerei, begræb-
nis-koſten). Im nhd. wüſte ich, was ſich gegen eigent-
liche comp. ſträubte, nur die diminutiva auf -lein, -chen
zu nennen; füßlein-tritt, ſchwertlein-ſchlag, vöglein-fang,
mädchen-ſchaft, bübchen-ſtreich u. dgl. läßt ſich kaum
ſagen, vielleicht weil ihr -n urſprünglich flexiviſch
iſt (1, 631.); ohne das n componieren ſie wirklich, vgl.
ahd. wunſcili-gerta (caduceus) nhd. wünſchel-ruthe und
die n. pr. entili-puoh ſchweiz. entli-buch, fügli-ſtaller.
Indeſſen ſagt man auch mädchen-herz, -ſtimme.
4) da in unzähligen erſten wörtern ein ableitungs-el,
-en, -er ſteht, ſo iſt begreiflich, wie einzelne verdunkelte
ein ungehöriges el, en, er annehmen und gleichſam an
die ſtelle des verwiſchten compoſ. vocals treten laßen.
Doch das -en läßt ſich auch in ſolchen fällen lieber ge-
nitiviſch aus uneigentlicher comp. erklären, nur daß ſelbſt
dieſes uneigentliche -en in -el überſchwankt. Beiſpiele
des -el und -er liefern hauptſächlich die eigennamen von
pflanzen und örtern. Aus dem alten eſci-pah entſpringt
neben eſchen-bach die form eſchel-bach, eſchil-bach; aus
gunda-rëba gundel-rebe und gunder-rebe (gunder-mann,
gunder-lunze); vermuthlich heidel-beere, heidel-berg,
fichtel-berg aus heid-beri, heidan-bërc *), fihtôno-bërc.
Mhd. handſchriften (ſchwerlich alte und gute) gewäh-
ren ougel-weide (troj. 7525. Vrib. Triſt. 575.) f. ougen-
weide. Gehört hierher das -el in hieſal-tera, niederl.
notel-tere von hiefe, not? Wer es in ſolchen formen
*) die form heidel-bërg begegnet nicht vor dem 12. jahrh. und
neben ihr findet ſich heiden-bërg (Dumbeck geogr. pagor. 166.
170.); mons myrtillorum (das wäre heidelberberg) kann es nicht
bedeuten.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Grimm, Jacob: Deutsche Grammatik. Bd. 2. Göttingen, 1826, S. 540. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_grammatik02_1826/558>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.