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Grimm, Jacob: Deutsche Grammatik. Bd. 2. Göttingen, 1826.

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III. laut u. ablaut. verlorne starke verba.
weniger verba stark flectieren. Gleichwie demnach in den
neueren vieles fehlt, was die älteren beseßen haben, so
muß in noch höher hinaufreichender zeit die starke con-
jugation wiederum beträchtlicher gewesen sein, als sie
in allen quellen erscheeint, die uns zugänglich geblie-
ben sind. Die vermuthung ist kräftig, sobald in den
verglichenen wörtern laut und ablaut nebeneinander vor-
liegen. Ein a und o weisen nothwendig auf die siebente
conjugation; die achte, neunte, zehnte, zwölste lautet
zweimahl ab, die eilfte sogar dreimahl, in diesen fällen
scheint es hinreichend, daß neben dem laut wenigstens
ein ablaut oder ohne den laut zwei ablaute nachgewiesen
werden, obgleich durch das dasein auch der übrigen das
verhältnis noch sicherer begründet steht. Bei den doppelt
vorhandenen formeln (s. 6.) hebt die zweideutigkeit jedes-
mahl der hinzugefundene laut oder ablaut. Der sinn
des verlornen verbums ist beinahe nur zu rathen. Ich
laße die nummern fortlaufen.

[al, ol] nr. 463. dalan, dol (deprimi)? goth. dals,
alth. tal (vallis); alth. tuola (vallicula gl. mons. 322.)
schweizerisch tuele (vertiefung) altn. doell (vallestris) doela
(locus depressus) -- nr. 464. stalan, stol (jacere, collo-
cari)? die gemination im alth. stal, -lles (locus, sedes)
alt. stallr scheint unorganisch aus stallan, stellan f. staljan
(collocare) eingedrungen (vgl. doch unten nr. 560.), auch
stehet gl. jun. 192 stalo-piot (statua?) vgl. litth. stalas
(mensa); goth. stols, alth. stuol (thronus, sedes) -- nr. 465.
halan, hol (trahere, schleisen)? alth. halon, holon (her-
schleppen) altn. hali (cauda) hala (vulpium more se eri-
gere caudis); altn. hoel, ags. hel (calx) ags. hol (calumnia)
holinga (frustra, vane) alth. huoljan (frustrari J. 396)
goth. holon (fraudare) altn. hol (jactantia) hoela (jactari)
vgl. nhd. wedeln, schwänzeln, fuchsschwänzen f. schmei-
cheln, heucheln und gl. edd. tom. 1. v. hali. --

[am, om] nr. 466. daman, dom? alth. sirdamnon,
nhd. verdammen (condemnare) engl. damn (maledicere);
goth. doms, altn. domr, ags. dom, alth. tuom (judicium,
potestas) goth. domjan (judicare) ags. deman, alth. artuom-
jan (condemnare); warum aber schreiben alth. quellen,
neben tuom, damnon und nicht tamnon? (O. damnon
und duam) stammte damnon aus lat. damnare, engl. damn
aus franz. damner? -- nr. 467. laman, lom (remittere,
recedere)? alth. lam, ags. lama, altn. lami, lama (fractus,
debilis) alth. lemjan, altn. lama (debilitare) lemja (percu-
tere); alth. luom (mollis, mitis, frequens) ags. gelome

III. laut u. ablaut. verlorne ſtarke verba.
weniger verba ſtark flectieren. Gleichwie demnach in den
neueren vieles fehlt, was die älteren beſeßen haben, ſo
muß in noch höher hinaufreichender zeit die ſtarke con-
jugation wiederum beträchtlicher geweſen ſein, als ſie
in allen quellen erſcheînt, die uns zugänglich geblie-
ben ſind. Die vermuthung iſt kräftig, ſobald in den
verglichenen wörtern laut und ablaut nebeneinander vor-
liegen. Ein a und ô weiſen nothwendig auf die ſiebente
conjugation; die achte, neunte, zehnte, zwölſte lautet
zweimahl ab, die eilfte ſogar dreimahl, in dieſen fällen
ſcheint es hinreichend, daß neben dem laut wenigſtens
ein ablaut oder ohne den laut zwei ablaute nachgewieſen
werden, obgleich durch das daſein auch der übrigen das
verhältnis noch ſicherer begründet ſteht. Bei den doppelt
vorhandenen formeln (ſ. 6.) hebt die zweideutigkeit jedes-
mahl der hinzugefundene laut oder ablaut. Der ſinn
des verlornen verbums iſt beinahe nur zu rathen. Ich
laße die nummern fortlaufen.

[al, ôl] nr. 463. dalan, dôl (deprimi)? goth. dals,
alth. tal (vallis); alth. tuola (vallicula gl. monſ. 322.)
ſchweizeriſch tuele (vertiefung) altn. dœll (valleſtris) dœla
(locus depreſſus) — nr. 464. ſtalan, ſtôl (jacere, collo-
cari)? die gemination im alth. ſtal, -lles (locus, ſedes)
alt. ſtallr ſcheint unorganiſch aus ſtallan, ſtellan f. ſtaljan
(collocare) eingedrungen (vgl. doch unten nr. 560.), auch
ſtehet gl. jun. 192 ſtalo-piot (ſtatua?) vgl. litth. ſtalas
(menſa); goth. ſtôls, alth. ſtuol (thronus, ſedes) — nr. 465.
halan, hôl (trahere, ſchleiſen)? alth. halôn, holôn (her-
ſchleppen) altn. hali (cauda) hala (vulpium more ſe eri-
gere caudis); altn. hœl, agſ. hêl (calx) agſ. hôl (calumnia)
hôlinga (fruſtra, vane) alth. huoljan (fruſtrari J. 396)
goth. hôlôn (fraudare) altn. hôl (jactantia) hœla (jactari)
vgl. nhd. wedeln, ſchwänzeln, fuchsſchwänzen f. ſchmei-
cheln, heucheln und gl. edd. tom. 1. v. hali. —

[am, ôm] nr. 466. daman, dôm? alth. ſirdamnôn,
nhd. verdammen (condemnare) engl. damn (maledicere);
goth. dôms, altn. dômr, agſ. dôm, alth. tuom (judicium,
poteſtas) goth. dômjan (judicare) agſ. dêman, alth. artuom-
jan (condemnare); warum aber ſchreiben alth. quellen,
neben tuom, damnôn und nicht tamnôn? (O. damnôn
und duam) ſtammte damnôn aus lat. damnare, engl. damn
aus franz. damner? — nr. 467. laman, lôm (remittere,
recedere)? alth. lam, agſ. lama, altn. lami, lama (fractus,
debilis) alth. lemjan, altn. lama (debilitare) lemja (percu-
tere); alth. luom (mollis, mitis, frequens) agſ. gelôme

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[41/0059] III. laut u. ablaut. verlorne ſtarke verba. weniger verba ſtark flectieren. Gleichwie demnach in den neueren vieles fehlt, was die älteren beſeßen haben, ſo muß in noch höher hinaufreichender zeit die ſtarke con- jugation wiederum beträchtlicher geweſen ſein, als ſie in allen quellen erſcheînt, die uns zugänglich geblie- ben ſind. Die vermuthung iſt kräftig, ſobald in den verglichenen wörtern laut und ablaut nebeneinander vor- liegen. Ein a und ô weiſen nothwendig auf die ſiebente conjugation; die achte, neunte, zehnte, zwölſte lautet zweimahl ab, die eilfte ſogar dreimahl, in dieſen fällen ſcheint es hinreichend, daß neben dem laut wenigſtens ein ablaut oder ohne den laut zwei ablaute nachgewieſen werden, obgleich durch das daſein auch der übrigen das verhältnis noch ſicherer begründet ſteht. Bei den doppelt vorhandenen formeln (ſ. 6.) hebt die zweideutigkeit jedes- mahl der hinzugefundene laut oder ablaut. Der ſinn des verlornen verbums iſt beinahe nur zu rathen. Ich laße die nummern fortlaufen. [al, ôl] nr. 463. dalan, dôl (deprimi)? goth. dals, alth. tal (vallis); alth. tuola (vallicula gl. monſ. 322.) ſchweizeriſch tuele (vertiefung) altn. dœll (valleſtris) dœla (locus depreſſus) — nr. 464. ſtalan, ſtôl (jacere, collo- cari)? die gemination im alth. ſtal, -lles (locus, ſedes) alt. ſtallr ſcheint unorganiſch aus ſtallan, ſtellan f. ſtaljan (collocare) eingedrungen (vgl. doch unten nr. 560.), auch ſtehet gl. jun. 192 ſtalo-piot (ſtatua?) vgl. litth. ſtalas (menſa); goth. ſtôls, alth. ſtuol (thronus, ſedes) — nr. 465. halan, hôl (trahere, ſchleiſen)? alth. halôn, holôn (her- ſchleppen) altn. hali (cauda) hala (vulpium more ſe eri- gere caudis); altn. hœl, agſ. hêl (calx) agſ. hôl (calumnia) hôlinga (fruſtra, vane) alth. huoljan (fruſtrari J. 396) goth. hôlôn (fraudare) altn. hôl (jactantia) hœla (jactari) vgl. nhd. wedeln, ſchwänzeln, fuchsſchwänzen f. ſchmei- cheln, heucheln und gl. edd. tom. 1. v. hali. — [am, ôm] nr. 466. daman, dôm? alth. ſirdamnôn, nhd. verdammen (condemnare) engl. damn (maledicere); goth. dôms, altn. dômr, agſ. dôm, alth. tuom (judicium, poteſtas) goth. dômjan (judicare) agſ. dêman, alth. artuom- jan (condemnare); warum aber ſchreiben alth. quellen, neben tuom, damnôn und nicht tamnôn? (O. damnôn und duam) ſtammte damnôn aus lat. damnare, engl. damn aus franz. damner? — nr. 467. laman, lôm (remittere, recedere)? alth. lam, agſ. lama, altn. lami, lama (fractus, debilis) alth. lemjan, altn. lama (debilitare) lemja (percu- tere); alth. luom (mollis, mitis, frequens) agſ. gelôme

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Zitationshilfe: Grimm, Jacob: Deutsche Grammatik. Bd. 2. Göttingen, 1826, S. 41. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_grammatik02_1826/59>, abgerufen am 21.11.2024.