weniger verba stark flectieren. Gleichwie demnach in den neueren vieles fehlt, was die älteren beseßen haben, so muß in noch höher hinaufreichender zeit die starke con- jugation wiederum beträchtlicher gewesen sein, als sie in allen quellen erscheeint, die uns zugänglich geblie- ben sind. Die vermuthung ist kräftig, sobald in den verglichenen wörtern laut und ablaut nebeneinander vor- liegen. Ein a und o weisen nothwendig auf die siebente conjugation; die achte, neunte, zehnte, zwölste lautet zweimahl ab, die eilfte sogar dreimahl, in diesen fällen scheint es hinreichend, daß neben dem laut wenigstens ein ablaut oder ohne den laut zwei ablaute nachgewiesen werden, obgleich durch das dasein auch der übrigen das verhältnis noch sicherer begründet steht. Bei den doppelt vorhandenen formeln (s. 6.) hebt die zweideutigkeit jedes- mahl der hinzugefundene laut oder ablaut. Der sinn des verlornen verbums ist beinahe nur zu rathen. Ich laße die nummern fortlaufen.
[al, ol] nr. 463. dalan, dol (deprimi)? goth. dals, alth. tal (vallis); alth. tuola (vallicula gl. mons. 322.) schweizerisch tuele (vertiefung) altn. doell (vallestris) doela (locus depressus) -- nr. 464. stalan, stol (jacere, collo- cari)? die gemination im alth. stal, -lles (locus, sedes) alt. stallr scheint unorganisch aus stallan, stellan f. staljan (collocare) eingedrungen (vgl. doch unten nr. 560.), auch stehet gl. jun. 192 stalo-piot (statua?) vgl. litth. stalas (mensa); goth. stols, alth. stuol (thronus, sedes) -- nr. 465. halan, hol (trahere, schleisen)? alth. halon, holon (her- schleppen) altn. hali (cauda) hala (vulpium more se eri- gere caudis); altn. hoel, ags. hel (calx) ags. hol (calumnia) holinga (frustra, vane) alth. huoljan (frustrari J. 396) goth. holon (fraudare) altn. hol (jactantia) hoela (jactari) vgl. nhd. wedeln, schwänzeln, fuchsschwänzen f. schmei- cheln, heucheln und gl. edd. tom. 1. v. hali. --
[am, om] nr. 466. daman, dom? alth. sirdamnon, nhd. verdammen (condemnare) engl. damn (maledicere); goth. doms, altn. domr, ags. dom, alth. tuom (judicium, potestas) goth. domjan (judicare) ags. deman, alth. artuom- jan (condemnare); warum aber schreiben alth. quellen, neben tuom, damnon und nicht tamnon? (O. damnon und duam) stammte damnon aus lat. damnare, engl. damn aus franz. damner? -- nr. 467. laman, lom (remittere, recedere)? alth. lam, ags. lama, altn. lami, lama (fractus, debilis) alth. lemjan, altn. lama (debilitare) lemja (percu- tere); alth. luom (mollis, mitis, frequens) ags. gelome
III. laut u. ablaut. verlorne ſtarke verba.
weniger verba ſtark flectieren. Gleichwie demnach in den neueren vieles fehlt, was die älteren beſeßen haben, ſo muß in noch höher hinaufreichender zeit die ſtarke con- jugation wiederum beträchtlicher geweſen ſein, als ſie in allen quellen erſcheînt, die uns zugänglich geblie- ben ſind. Die vermuthung iſt kräftig, ſobald in den verglichenen wörtern laut und ablaut nebeneinander vor- liegen. Ein a und ô weiſen nothwendig auf die ſiebente conjugation; die achte, neunte, zehnte, zwölſte lautet zweimahl ab, die eilfte ſogar dreimahl, in dieſen fällen ſcheint es hinreichend, daß neben dem laut wenigſtens ein ablaut oder ohne den laut zwei ablaute nachgewieſen werden, obgleich durch das daſein auch der übrigen das verhältnis noch ſicherer begründet ſteht. Bei den doppelt vorhandenen formeln (ſ. 6.) hebt die zweideutigkeit jedes- mahl der hinzugefundene laut oder ablaut. Der ſinn des verlornen verbums iſt beinahe nur zu rathen. Ich laße die nummern fortlaufen.
[al, ôl] nr. 463. dalan, dôl (deprimi)? goth. dals, alth. tal (vallis); alth. tuola (vallicula gl. monſ. 322.) ſchweizeriſch tuele (vertiefung) altn. dœll (valleſtris) dœla (locus depreſſus) — nr. 464. ſtalan, ſtôl (jacere, collo- cari)? die gemination im alth. ſtal, -lles (locus, ſedes) alt. ſtallr ſcheint unorganiſch aus ſtallan, ſtellan f. ſtaljan (collocare) eingedrungen (vgl. doch unten nr. 560.), auch ſtehet gl. jun. 192 ſtalo-piot (ſtatua?) vgl. litth. ſtalas (menſa); goth. ſtôls, alth. ſtuol (thronus, ſedes) — nr. 465. halan, hôl (trahere, ſchleiſen)? alth. halôn, holôn (her- ſchleppen) altn. hali (cauda) hala (vulpium more ſe eri- gere caudis); altn. hœl, agſ. hêl (calx) agſ. hôl (calumnia) hôlinga (fruſtra, vane) alth. huoljan (fruſtrari J. 396) goth. hôlôn (fraudare) altn. hôl (jactantia) hœla (jactari) vgl. nhd. wedeln, ſchwänzeln, fuchsſchwänzen f. ſchmei- cheln, heucheln und gl. edd. tom. 1. v. hali. —
[am, ôm] nr. 466. daman, dôm? alth. ſirdamnôn, nhd. verdammen (condemnare) engl. damn (maledicere); goth. dôms, altn. dômr, agſ. dôm, alth. tuom (judicium, poteſtas) goth. dômjan (judicare) agſ. dêman, alth. artuom- jan (condemnare); warum aber ſchreiben alth. quellen, neben tuom, damnôn und nicht tamnôn? (O. damnôn und duam) ſtammte damnôn aus lat. damnare, engl. damn aus franz. damner? — nr. 467. laman, lôm (remittere, recedere)? alth. lam, agſ. lama, altn. lami, lama (fractus, debilis) alth. lemjan, altn. lama (debilitare) lemja (percu- tere); alth. luom (mollis, mitis, frequens) agſ. gelôme
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0059"n="41"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">III. <hirendition="#i">laut u. ablaut. verlorne ſtarke verba.</hi></hi></fw><lb/>
weniger verba ſtark flectieren. Gleichwie demnach in den<lb/>
neueren vieles fehlt, was die älteren beſeßen haben, ſo<lb/>
muß in noch höher hinaufreichender zeit die ſtarke con-<lb/>
jugation wiederum beträchtlicher geweſen ſein, als ſie<lb/>
in allen quellen erſcheînt, die uns zugänglich geblie-<lb/>
ben ſind. Die vermuthung iſt kräftig, ſobald in den<lb/>
verglichenen wörtern laut und ablaut nebeneinander vor-<lb/>
liegen. Ein a und ô weiſen nothwendig auf die ſiebente<lb/>
conjugation; die achte, neunte, zehnte, zwölſte lautet<lb/>
zweimahl ab, die eilfte ſogar dreimahl, in dieſen fällen<lb/>ſcheint es hinreichend, daß neben dem laut wenigſtens<lb/><hirendition="#i">ein</hi> ablaut oder ohne den laut zwei ablaute nachgewieſen<lb/>
werden, obgleich durch das daſein auch der übrigen das<lb/>
verhältnis noch ſicherer begründet ſteht. Bei den doppelt<lb/>
vorhandenen formeln (ſ. 6.) hebt die zweideutigkeit jedes-<lb/>
mahl der hinzugefundene laut oder ablaut. Der ſinn<lb/>
des verlornen verbums iſt beinahe nur zu rathen. Ich<lb/>
laße die nummern fortlaufen.</p><lb/><p>[<hirendition="#i">al</hi>, <hirendition="#i">ôl</hi>] nr. 463. dalan, dôl (deprimi)? goth. dals,<lb/>
alth. tal (vallis); alth. tuola (vallicula gl. monſ. 322.)<lb/>ſchweizeriſch tuele (vertiefung) altn. dœll (valleſtris) dœla<lb/>
(locus depreſſus) — nr. 464. ſtalan, ſtôl (jacere, collo-<lb/>
cari)? die gemination im alth. ſtal, -lles (locus, ſedes)<lb/>
alt. ſtallr ſcheint unorganiſch aus ſtallan, ſtellan f. ſtaljan<lb/>
(collocare) eingedrungen (vgl. doch unten nr. 560.), auch<lb/>ſtehet gl. jun. 192 ſtalo-piot (ſtatua?) vgl. litth. ſtalas<lb/>
(menſa); goth. ſtôls, alth. ſtuol (thronus, ſedes) — nr. 465.<lb/>
halan, hôl (trahere, ſchleiſen)? alth. halôn, holôn (her-<lb/>ſchleppen) altn. hali (cauda) hala (vulpium more ſe eri-<lb/>
gere caudis); altn. hœl, agſ. hêl (calx) agſ. hôl (calumnia)<lb/>
hôlinga (fruſtra, vane) alth. huoljan (fruſtrari J. 396)<lb/>
goth. hôlôn (fraudare) altn. hôl (jactantia) hœla (jactari)<lb/>
vgl. nhd. wedeln, ſchwänzeln, fuchsſchwänzen f. ſchmei-<lb/>
cheln, heucheln und gl. edd. tom. 1. v. hali. —</p><lb/><p>[<hirendition="#i">am</hi>, <hirendition="#i">ôm</hi>] nr. 466. daman, dôm? alth. ſirdamnôn,<lb/>
nhd. verdammen (condemnare) engl. damn (maledicere);<lb/>
goth. dôms, altn. dômr, agſ. dôm, alth. tuom (judicium,<lb/>
poteſtas) goth. dômjan (judicare) agſ. dêman, alth. artuom-<lb/>
jan (condemnare); warum aber ſchreiben alth. quellen,<lb/>
neben tuom, damnôn und nicht tamnôn? (O. damnôn<lb/>
und duam) ſtammte damnôn aus lat. damnare, engl. damn<lb/>
aus franz. damner? — nr. 467. laman, lôm (remittere,<lb/>
recedere)? alth. lam, agſ. lama, altn. lami, lama (fractus,<lb/>
debilis) alth. lemjan, altn. lama (debilitare) lemja (percu-<lb/>
tere); alth. luom (mollis, mitis, frequens) agſ. gelôme<lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[41/0059]
III. laut u. ablaut. verlorne ſtarke verba.
weniger verba ſtark flectieren. Gleichwie demnach in den
neueren vieles fehlt, was die älteren beſeßen haben, ſo
muß in noch höher hinaufreichender zeit die ſtarke con-
jugation wiederum beträchtlicher geweſen ſein, als ſie
in allen quellen erſcheînt, die uns zugänglich geblie-
ben ſind. Die vermuthung iſt kräftig, ſobald in den
verglichenen wörtern laut und ablaut nebeneinander vor-
liegen. Ein a und ô weiſen nothwendig auf die ſiebente
conjugation; die achte, neunte, zehnte, zwölſte lautet
zweimahl ab, die eilfte ſogar dreimahl, in dieſen fällen
ſcheint es hinreichend, daß neben dem laut wenigſtens
ein ablaut oder ohne den laut zwei ablaute nachgewieſen
werden, obgleich durch das daſein auch der übrigen das
verhältnis noch ſicherer begründet ſteht. Bei den doppelt
vorhandenen formeln (ſ. 6.) hebt die zweideutigkeit jedes-
mahl der hinzugefundene laut oder ablaut. Der ſinn
des verlornen verbums iſt beinahe nur zu rathen. Ich
laße die nummern fortlaufen.
[al, ôl] nr. 463. dalan, dôl (deprimi)? goth. dals,
alth. tal (vallis); alth. tuola (vallicula gl. monſ. 322.)
ſchweizeriſch tuele (vertiefung) altn. dœll (valleſtris) dœla
(locus depreſſus) — nr. 464. ſtalan, ſtôl (jacere, collo-
cari)? die gemination im alth. ſtal, -lles (locus, ſedes)
alt. ſtallr ſcheint unorganiſch aus ſtallan, ſtellan f. ſtaljan
(collocare) eingedrungen (vgl. doch unten nr. 560.), auch
ſtehet gl. jun. 192 ſtalo-piot (ſtatua?) vgl. litth. ſtalas
(menſa); goth. ſtôls, alth. ſtuol (thronus, ſedes) — nr. 465.
halan, hôl (trahere, ſchleiſen)? alth. halôn, holôn (her-
ſchleppen) altn. hali (cauda) hala (vulpium more ſe eri-
gere caudis); altn. hœl, agſ. hêl (calx) agſ. hôl (calumnia)
hôlinga (fruſtra, vane) alth. huoljan (fruſtrari J. 396)
goth. hôlôn (fraudare) altn. hôl (jactantia) hœla (jactari)
vgl. nhd. wedeln, ſchwänzeln, fuchsſchwänzen f. ſchmei-
cheln, heucheln und gl. edd. tom. 1. v. hali. —
[am, ôm] nr. 466. daman, dôm? alth. ſirdamnôn,
nhd. verdammen (condemnare) engl. damn (maledicere);
goth. dôms, altn. dômr, agſ. dôm, alth. tuom (judicium,
poteſtas) goth. dômjan (judicare) agſ. dêman, alth. artuom-
jan (condemnare); warum aber ſchreiben alth. quellen,
neben tuom, damnôn und nicht tamnôn? (O. damnôn
und duam) ſtammte damnôn aus lat. damnare, engl. damn
aus franz. damner? — nr. 467. laman, lôm (remittere,
recedere)? alth. lam, agſ. lama, altn. lami, lama (fractus,
debilis) alth. lemjan, altn. lama (debilitare) lemja (percu-
tere); alth. luom (mollis, mitis, frequens) agſ. gelôme
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Grimm, Jacob: Deutsche Grammatik. Bd. 2. Göttingen, 1826, S. 41. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_grammatik02_1826/59>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.