von welchen er auch das praes. ind. ek fot-tred, hand- hef, lög-byd, lög-tek, kne-kryp ansetzt. In der edda kenne ich keine solche form und es fragt sich, ob sie nicht überhaupt die lexicographen aus dem unleugbaren inf. oder part. praet. erfunden haben? es käme auf be- lege für das praes. und praet. ind. aus guten denkmäh- lern an. Unorganisch scheinen diese composita auf jeden fall, fehlen auch gänzlich den übrigen dialecten. Gibt man sie aber als ausnahme zu, so dürfen einzelne der vorhin genannten substantivisch componierten altn. verba, denen sich kein zu grunde liegendes nomen nachweisen läßt, hierher gerechnet werden, z. b. vard-veita.
II) zusammensetzung mit dem part. praes. (st. oder schw. conj.).
In seiner adjectivischen eigenschaft kann dieses part. gleich jedem andern adj., eigentlich componiert werden; seiner verbalen natur wegen hat es aber auch mehr be- fugnis, wirkliche casus zu regieren, als irgend ein bloßes nomen, dem noch verbaler ursprung eingeprägt ist, z. b. im ahd. chint peranti ist der leibliche acc. statthafter als in chneht-pera, arunt-poro, danch-pari, welche s. 487. 557. mit recht zu den wahren comp. gerechnet worden sind. Neben chint peranti muß nun wohl chint-peranti d. i. chinta-peranti zuläßig sein; compositionsvocale wür- den uns in früheren denkmählern allen zweifel lösen. Wo sie fehlen, können nur andere gründe, hauptsäch- lich der syntax, für oder wider die zusammensetzung entscheiden. Ich bin geneigt eine solche anzunehmen, theils wenn die rection einen andern casus fordert, als den acc. (bei wesanti, vesende, existens würde sich der casus nach dem subject des satzes richten und selbst der nom. sein können) theils je mehr sich das part. durch öfteren gebrauch zu einer bloßen formel bildet. Von selbst aber versteht es sich, daß keine zus. setzung mit dem part. praes. auf andere modos und tempora zu schließen berechtigt.
Im goth. garda-valdands (oikodespotes) blotha-rinnan- dei (aimoRRoousa) Matth. 9, 20. scheint a der compositions- vocal, garda nicht oik;o, blotha nicht aimati; hingegen Joh. 15, 2. übersetzt akran bairando (neutr.) den acc. kar- pon pheron) und das eigentl. comp. würde akrana-bairando (karpophoreon) verlangen nach analogie von akrana-laus. -- Ahd. belege mit haftendem comp. vocal stehen mir nicht zu gebot, denkbar wären weka-weisonti, maka-pe-
III. ſubſt. eigentl. comp. — ſubſt. mit verb.
von welchen er auch das praeſ. ind. ëk fôt-trëd, hand- hef, lög-bŷd, lög-tek, knê-krŷp anſetzt. In der edda kenne ich keine ſolche form und es fragt ſich, ob ſie nicht überhaupt die lexicographen aus dem unleugbaren inf. oder part. praet. erfunden haben? es käme auf be- lege für das praeſ. und praet. ind. aus guten denkmäh- lern an. Unorganiſch ſcheinen dieſe compoſita auf jeden fall, fehlen auch gänzlich den übrigen dialecten. Gibt man ſie aber als ausnahme zu, ſo dürfen einzelne der vorhin genannten ſubſtantiviſch componierten altn. verba, denen ſich kein zu grunde liegendes nomen nachweiſen läßt, hierher gerechnet werden, z. b. vard-veita.
II) zuſammenſetzung mit dem part. praeſ. (ſt. oder ſchw. conj.).
In ſeiner adjectiviſchen eigenſchaft kann dieſes part. gleich jedem andern adj., eigentlich componiert werden; ſeiner verbalen natur wegen hat es aber auch mehr be- fugnis, wirkliche caſus zu regieren, als irgend ein bloßes nomen, dem noch verbaler urſprung eingeprägt iſt, z. b. im ahd. chint përanti iſt der leibliche acc. ſtatthafter als in chnëht-përa, arunt-poro, danch-pâri, welche ſ. 487. 557. mit recht zu den wahren comp. gerechnet worden ſind. Neben chint përanti muß nun wohl chint-përanti d. i. chinta-përanti zuläßig ſein; compoſitionsvocale wür- den uns in früheren denkmählern allen zweifel löſen. Wo ſie fehlen, können nur andere gründe, hauptſäch- lich der ſyntax, für oder wider die zuſammenſetzung entſcheiden. Ich bin geneigt eine ſolche anzunehmen, theils wenn die rection einen andern caſus fordert, als den acc. (bei wëſanti, vëſende, exiſtens würde ſich der caſus nach dem ſubject des ſatzes richten und ſelbſt der nom. ſein können) theils je mehr ſich das part. durch öfteren gebrauch zu einer bloßen formel bildet. Von ſelbſt aber verſteht es ſich, daß keine zuſ. ſetzung mit dem part. praeſ. auf andere modos und tempora zu ſchließen berechtigt.
Im goth. garda-valdands (οἰκοδεσπότης) blôþa-rinnan- dei (αἱμοῤῥοοῦσα) Matth. 9, 20. ſcheint a der compoſitions- vocal, garda nicht οἴκ;ῳ, blôþa nicht αἵματι; hingegen Joh. 15, 2. überſetzt akran baírandô (neutr.) den acc. καρ- πὸν φέρον) und das eigentl. comp. würde akrana-baírandô (καρποφορέον) verlangen nach analogie von akrana-láus. — Ahd. belege mit haftendem comp. vocal ſtehen mir nicht zu gebot, denkbar wären wëka-wîſônti, maka-pë-
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><divn="4"><divn="5"><p><pbfacs="#f0606"n="588"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">III. <hirendition="#i">ſubſt. eigentl. comp. —ſubſt. mit verb.</hi></hi></fw><lb/>
von welchen er auch das praeſ. ind. ëk fôt-trëd, hand-<lb/>
hef, lög-bŷd, lög-tek, knê-krŷp anſetzt. In der edda<lb/>
kenne ich keine ſolche form und es fragt ſich, ob ſie<lb/>
nicht überhaupt die lexicographen aus dem unleugbaren<lb/>
inf. oder part. praet. erfunden haben? es käme auf be-<lb/>
lege für das praeſ. und praet. ind. aus guten denkmäh-<lb/>
lern an. Unorganiſch ſcheinen dieſe compoſita auf jeden<lb/>
fall, fehlen auch gänzlich den übrigen dialecten. Gibt<lb/>
man ſie aber als ausnahme zu, ſo dürfen einzelne der<lb/>
vorhin genannten ſubſtantiviſch componierten altn. verba,<lb/>
denen ſich kein zu grunde liegendes nomen nachweiſen<lb/>
läßt, hierher gerechnet werden, z. b. vard-veita.</p><lb/><p>II) <hirendition="#i">zuſammenſetzung mit dem part. praeſ.</hi> (ſt. oder<lb/>ſchw. conj.).</p><lb/><p>In ſeiner adjectiviſchen eigenſchaft kann dieſes part.<lb/>
gleich jedem andern adj., eigentlich componiert werden;<lb/>ſeiner verbalen natur wegen hat es aber auch mehr be-<lb/>
fugnis, wirkliche caſus zu regieren, als irgend ein bloßes<lb/>
nomen, dem noch verbaler urſprung eingeprägt iſt, z. b.<lb/>
im ahd. chint përanti iſt der leibliche acc. ſtatthafter als<lb/>
in chnëht-përa, arunt-poro, danch-pâri, welche ſ. 487.<lb/>
557. mit recht zu den wahren comp. gerechnet worden<lb/>ſind. Neben chint përanti muß nun wohl chint-përanti<lb/>
d. i. chinta-përanti zuläßig ſein; compoſitionsvocale wür-<lb/>
den uns in früheren denkmählern allen zweifel löſen.<lb/>
Wo ſie fehlen, können nur andere gründe, hauptſäch-<lb/>
lich der ſyntax, für oder wider die zuſammenſetzung<lb/>
entſcheiden. Ich bin geneigt eine ſolche anzunehmen,<lb/>
theils wenn die rection einen andern caſus fordert, als<lb/>
den acc. (bei wëſanti, vëſende, exiſtens würde ſich der<lb/>
caſus nach dem ſubject des ſatzes richten und ſelbſt der<lb/>
nom. ſein können) theils je mehr ſich das part. durch<lb/>
öfteren gebrauch zu einer bloßen formel bildet. Von<lb/>ſelbſt aber verſteht es ſich, daß keine zuſ. ſetzung mit<lb/>
dem part. praeſ. auf andere modos und tempora zu<lb/>ſchließen berechtigt.</p><lb/><p>Im goth. garda-valdands (<hirendition="#i">οἰκοδεσπότης</hi>) blôþa-rinnan-<lb/>
dei (<hirendition="#i">αἱμοῤῥοοῦσα</hi>) Matth. 9, 20. ſcheint a der compoſitions-<lb/>
vocal, garda nicht <hirendition="#i">οἴκ;ῳ</hi>, blôþa nicht <hirendition="#i">αἵματι</hi>; hingegen<lb/>
Joh. 15, 2. überſetzt akran baírandô (neutr.) den acc. <hirendition="#i">καρ-<lb/>πὸνφέρον</hi>) und das eigentl. comp. würde akrana-baírandô<lb/>
(<hirendition="#i">καρποφορέον</hi>) verlangen nach analogie von akrana-láus.<lb/>— Ahd. belege mit haftendem comp. vocal ſtehen mir<lb/>
nicht zu gebot, denkbar wären wëka-wîſônti, maka-pë-<lb/></p></div></div></div></div></div></body></text></TEI>
[588/0606]
III. ſubſt. eigentl. comp. — ſubſt. mit verb.
von welchen er auch das praeſ. ind. ëk fôt-trëd, hand-
hef, lög-bŷd, lög-tek, knê-krŷp anſetzt. In der edda
kenne ich keine ſolche form und es fragt ſich, ob ſie
nicht überhaupt die lexicographen aus dem unleugbaren
inf. oder part. praet. erfunden haben? es käme auf be-
lege für das praeſ. und praet. ind. aus guten denkmäh-
lern an. Unorganiſch ſcheinen dieſe compoſita auf jeden
fall, fehlen auch gänzlich den übrigen dialecten. Gibt
man ſie aber als ausnahme zu, ſo dürfen einzelne der
vorhin genannten ſubſtantiviſch componierten altn. verba,
denen ſich kein zu grunde liegendes nomen nachweiſen
läßt, hierher gerechnet werden, z. b. vard-veita.
II) zuſammenſetzung mit dem part. praeſ. (ſt. oder
ſchw. conj.).
In ſeiner adjectiviſchen eigenſchaft kann dieſes part.
gleich jedem andern adj., eigentlich componiert werden;
ſeiner verbalen natur wegen hat es aber auch mehr be-
fugnis, wirkliche caſus zu regieren, als irgend ein bloßes
nomen, dem noch verbaler urſprung eingeprägt iſt, z. b.
im ahd. chint përanti iſt der leibliche acc. ſtatthafter als
in chnëht-përa, arunt-poro, danch-pâri, welche ſ. 487.
557. mit recht zu den wahren comp. gerechnet worden
ſind. Neben chint përanti muß nun wohl chint-përanti
d. i. chinta-përanti zuläßig ſein; compoſitionsvocale wür-
den uns in früheren denkmählern allen zweifel löſen.
Wo ſie fehlen, können nur andere gründe, hauptſäch-
lich der ſyntax, für oder wider die zuſammenſetzung
entſcheiden. Ich bin geneigt eine ſolche anzunehmen,
theils wenn die rection einen andern caſus fordert, als
den acc. (bei wëſanti, vëſende, exiſtens würde ſich der
caſus nach dem ſubject des ſatzes richten und ſelbſt der
nom. ſein können) theils je mehr ſich das part. durch
öfteren gebrauch zu einer bloßen formel bildet. Von
ſelbſt aber verſteht es ſich, daß keine zuſ. ſetzung mit
dem part. praeſ. auf andere modos und tempora zu
ſchließen berechtigt.
Im goth. garda-valdands (οἰκοδεσπότης) blôþa-rinnan-
dei (αἱμοῤῥοοῦσα) Matth. 9, 20. ſcheint a der compoſitions-
vocal, garda nicht οἴκ;ῳ, blôþa nicht αἵματι; hingegen
Joh. 15, 2. überſetzt akran baírandô (neutr.) den acc. καρ-
πὸν φέρον) und das eigentl. comp. würde akrana-baírandô
(καρποφορέον) verlangen nach analogie von akrana-láus.
— Ahd. belege mit haftendem comp. vocal ſtehen mir
nicht zu gebot, denkbar wären wëka-wîſônti, maka-pë-
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Grimm, Jacob: Deutsche Grammatik. Bd. 2. Göttingen, 1826, S. 588. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_grammatik02_1826/606>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.